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Dürfen Lämmer auf den Weihnachtsmarkt?

Die Große Kreisstadt Dippoldiswalde wagt etwas Neues – und eckt bei manchen Besuchern an. Was die Schaf-Versteher dazu sagen.

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© Archivfoto: Egbert Kamprath

Von Mandy Schaks

Dippoldiswalde. Was des einen Freud, ist des anderen Leid. Diese Redewendung könnte die Dippser Adventsgeschichte nicht treffender beschreiben. Die Schäferei Drutschmann aus Reichstädt wollte den Dippser Weihnachtsmarkt ein bisschen beleben, was dem ganzen Ambiente nur guttun kann. Deshalb dürften die Veranstalter froh gewesen sein, dass die Drutschmanns nicht nur am dritten und vierten Adventswochenende den Markt mit ihren regionalen Produkten rund ums Schaf – von Wolle bis Seife – bereichern werden. Erstmals wollten sie dabei auch ein paar Schafe mitbringen.

Die Idee kam im Vorfeld gut an, passend zur christlichen Weihnachtsgeschichte. Und es war die Frage, ob vielleicht noch mehr möglich ist. „Es ist schon blöd, wenn sonst unsere Bude an den anderen Tagen leer steht“, ist sich Karin Drutschmann im Klaren. Doch mit Schäferei, Hofladen und den vielen Veranstaltungen gerade in der Weihnachtszeit sind Drutschmanns ausgebucht. Ob dann der Wunsch der Vater des Gedankens war, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Auf jeden Fall schaffte es die Meldung sogar in die Sächsische Zeitung, dass Drutschmanns zum Weihnachtsmarkt ihre Schafe jeden Tag und nicht nur an den Wochenenden in einem kleinen Stall zeigen.

Davon waren die Tierhalter zunächst ein wenig überrascht, wie sie der SZ erzählten, haben sich dann aber doch kurzfristig dazu entschlossen. Denn für die Tiere gibt es einen festen Unterstand, der Schwager stellte noch einen stabilen Zaun auf, und die Familie kann es sich auch einrichten, mehrmals am Tag nach den Schafen zu schauen. „Vorher hatten wir das auch beim Veterinäramt angezeigt“, sagt Frau
Drutschmann.

Seit dem 3. Dezember stehen nun drei Schafe in ihrem Ställchen auf dem Dippser Weihnachtsmarkt, beobachten die Glühweintrinker und Bratwurstesser. Und die großen und vor allem kleinen Besucher werfen hin und wieder einen neugierigen Blick zu den ungewöhnlichen Marktgästen. Doch diese Freude teilen nicht alle. So erreichte auch die Redaktion die Frage: „Muss das sein?“ Es gibt die Befürchtung, dass die Tiere unter den Bedingungen leiden könnten. Doch diese Sorgen sind unberechtigt, ergaben SZ-Recherchen. Sowohl Veranstalter als auch Aufsichts- und Genehmigungsbehörden können jedwede Bedenken zerstreuen, obgleich beim Landratsamt sogar eine Tierschutzanzeige deshalb einging. Demnach sollen die Schafe mit Stroh und Heu beworfen worden sein. Das Veterinäramt hat den Sachverhalt geprüft und eine Erklärung dafür. Amtstierärztin Benita Plischke : „Kinder machen so etwas gerne, da sie wollen, dass das Tier zu ihnen kommt und aus der Hand frisst.“

Bedenken habe es außerdem wegen der Lautstärke gegeben. „Nach Rücksprache mit der Stadt Dippoldiswalde ist eine Schädigung von Mensch und Tier nicht zu erwarten“, so Frau Plischke weiter. Die Beschallung, das bestätigte auf SZ-Nachfrage das Dippser Rathaus, sei dezent. „Nach unserer Einschätzung gibt es keine tierschutzrechtlichen Bedenken“, fasst Benita Plischke zusammen. „Die Ausstellung wurde uns von der Schäferei vor Beginn angezeigt und durch uns genehmigt.“ Die Behörde musste auch keine Auflagen erteilen. „Herr und Frau Drutschmann sind uns seit vielen Jahren als zuverlässige, sachkundige Schäfer bekannt“, sagt die Amtstierärztin. „Die Tierhalter würden kein Risiko für Gesundheit und Wohlbefinden ihrer Schafe eingehen.“ Die Stadtverwaltung teilt diese Meinung, nahm aber die Kritik zum Anlass, um erneut nach dem Rechten zu sehen. „Wir haben die Tierschau auch nochmals persönlich in Augenschein genommen und festgestellt, dass die Tiere sehr entspannt sind“, teilte Marko Hermersdörfer vom Büro des Dippser Oberbürgermeisters mit. „Im Übrigen verzeichnen wir eher positive Reaktionen auf die Anwesenheit der drei Schafe auf dem Weihnachtsmarkt.“

Das freut Karin Drutschmann. Sie will jetzt am Wochenende, wenn sie ihren Verkaufsstand öffnet und selbst ständig mit vor Ort ist, die Schaf-Stube noch ein bisschen vergrößern. Die Tiere frieren auch nicht, erläutert sie. Denn die Schafe sind Lämmer, die im Frühjahr geboren wurden und in voller Wolle stehen. Zudem seien sie den Kontakt mit den Menschen gewohnt. „Zu uns kommen immer auch Schulklassen.“