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Dubiose Typen bleiben draußen

Maximilian Ehrhardt betreibt Mixed Martial Arts als Ausgleich zum Studium und kämpft mit Worten gegen Klischees.

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© Ronald Bonß

Von Maik Schwert

Er sieht ein bisschen lädiert aus. Maximilian Ehrhardt trägt einen Cut an der Nase. Die Blessur hat er sich beim Training zugezogen. Der 24-Jährige bereitet sich auf sein zweites Duell im Mixed Martial Arts (MMA) vor. Da geht es intensiver zur Sache als im Alltag. „Ich bin anfällig für das eine oder andere blaue Auge“, betont er. Schrammen gehören dazu. Der gebürtige Hallenser zählt zu den einheimischen Fightern bei We love MMA am Sonnabend in der Messe. Er startet für das MMA-Team Dresden und nimmt das Motto der Veranstaltung wörtlich. Ehrhardt liebt die gemischten Kampfkünste tatsächlich.

Als Zehnjähriger begann er mit Karate. Mit 19 Jahren wechselte der Amateur zum Kickboxen. Anschließend war der Weg zum MMA nicht mehr so weit. „Das muss doch nicht sein“, sagten seine Eltern bereits, als der Sohn mit Kampfsport anfing. „Für mich war es genau das Richtige“, erklärt er. „Mit Bällen kann ich bis heute nichts anfangen.“ Deutlich mehr bringt ihm der Kampfkunstmix. Er hat für ihn im wahrsten Sinn des Wortes Hand und Fuß.

Dabei kann das Leichtgewicht sich in der Kategorie bis 70 Kilogramm auspowern: „Da geht es ans Eingemachte.“ Besonders in der unmittelbaren Vorbereitung auf den Wettkampf „trainieren wir nicht zwei- bis dreimal wie ansonsten in der Woche, sondern doppelt so häufig“. Dabei arbeitet er mit seinem Coach Uwe Korn bloß noch an Details: „Er legt mich immer noch sehr gut auf die Matte.“ Der 47-Jährige kommt vom Judo.

Sein Debüt feierte Ehrhardt am 30. Juli in Stuttgart. An das Ergebnis erinnert er sich gern, an den Kampf nicht so sehr. „Ich habe das Duell zwar gewonnen, aber mein Gegner hat sich gleich bei der ersten Aktion verletzt, einen Riss am Auge zugezogen und der Ringrichter den Fight dadurch vorzeitig abgebrochen.“ Es sei ein Erfolg gewesen, den Ehrhardt so nicht wollte. Er hätte gern einen Kampf über die volle Distanz gemacht und seine Grenzen erlebt. Aus diesem Grund betreibt Ehrhardt MMA.

Es ist für ihn der perfekte Ausgleich zu seiner Hauptbeschäftigung. Er studiert Raumfahrttechnik an der Technischen Universität in Dresden und schreibt derzeit seine Diplomarbeit. „Das Adrenalin, das ich bei einem Duell merke, lässt sich mit nichts vergleichen.“ Das Fighten prägt ihn – egal, ob es Auftreten, Körpergefühl oder Selbstbewusstsein angeht. „Ich wäre ein anderer Mensch, wenn ich das nicht machen würde.“ Außerdem öffnete es ihm Türen. Ganz gleich, ob beim Erasmus-Semester in Schweden oder als Praktikant in Bremen und München – dank MMA fand er schnell Anschluss.

Vom Dresdner Team nehmen nur wenige Kämpfer an Wettbewerben teil. Beim Heimspiel am Sonnabend startet ein Trio – außer Ehrhardt noch Marcel Gubisch in der Mittelgewichtsklasse bis 84 Kilo gegen Tomasz Lisowski aus Polen und Mike Lehmann im Schwergewichtslimit bis 120 Kilo gegen Andreas Grzywa aus Göttingen.

Für Ehrhardt ist das zweite Duell in seiner Karriere auch das letzte 2017. „In allen steckt dieser Drang – das Verlangen, sich mit anderen zu messen.“ Er bekommt es im Achteck mit Fabian Weiss aus Hannover zu tun. Es wird ein außergewöhnlicher Fight. „Der Auftritt vor heimischem Publikum ist noch mal etwas anderes. Da muss ich aufpassen, dass ich nicht übermotiviert anfange.“ Bei den beiden bisherigen We-love-MMA-Auflagen war die Halle eins mit beinahe 2 000 Zuschauern fast ausverkauft.

Wenn ihn so viele Fans anfeuern, darunter auch Bekannte und Freunde, dann stachelt ihn das besonders an. Ehrhardt kennt die Klischees und weiß, dass er einen harten Sport betreibt, bei dem ihn keiner in Watte packt. Dennoch benötigt Ehrhardt neben Händen und Füßen für Schlag- und Tritttechniken auch den Kopf – für die Strategie. „Alle Duelle beginnen zwar im Stand, aber die meisten enden am Boden und häufig vorzeitig.“ Durch Abbruch wie bei seiner Premiere oder Knockout. „Wenn ich das vermeiden möchte, dann benötige ich eine entsprechende Taktik.“ Beim Punkten beziehen Kampfrichter die Aktivität sowie Qualität der Festhaltegriffe, angesetzten Hebel, Würfe sowie Treffer in ihr Urteil ein.

Er kämpft auch mit Worten gegen Vorurteile: „Brutale Schläger kommen bei uns nicht vor. Dubiose Typen bleiben draußen. Der Veranstalter checkt die Fighter vor den Duellen – auch vom Niveau her, damit sie zueinander passen und einen spannenden Kampf abliefern, also weder Aufbaugegner noch Fallobst sind.“ Auch Blessuren sind eher selten, meint Ehrhardt trotz seiner Verletzung. „Da geht es im Fußball intensiver zur Sache.“ Zudem beaufsichtigt ein Käfigarzt die Duelle. Das Regelwerk legt Grenzen fest. Es macht MMA gesellschaftstauglich und zum schönen Sport, sagt Ehrhardt.

Einlass: 17.30 Uhr (ab 18 Jahre). Beginn: 19 Uhr.