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Droht Steinschlag in Königstein?

Eine Holzwand sichert den Hang an der Bundesstraße. Das Provisorium ist kaputt – und trotzdem Dauerlösung.

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© Norbert Millauer

Von Carina Brestrich und Christian Eissner

Königstein. Sie fühlen sich von der Behörde ignoriert und gehen nun einen ungewöhnlichen Weg: Königsteins Stadträte beschlossen am Dienstagabend eine öffentliche Petition an den Präsidenten des Sächsischen Landesamtes für Straßenbau und Verkehr (Lasuv). Die Räte sind in Sorge um die Verkehrssicherheit in der Festungsstadt. Konkret geht es um die Bundesstraße 172 vom Kreisverkehr in Richtung Bad Schandau.

Steinschläge sind in der Sächsischen Schweiz nicht selten. Einen der spektakulärsten gab es 2014 im Kirnitzschtal, als ein 50-Tonnen-Brocken auf die Straße kullerte.
Steinschläge sind in der Sächsischen Schweiz nicht selten. Einen der spektakulärsten gab es 2014 im Kirnitzschtal, als ein 50-Tonnen-Brocken auf die Straße kullerte. © Marko Förster

Dort hatte die Stadt 2007 einige in den Fels gebaute Häuser abreißen lassen, um eine gefährliche Engstelle zu entschärfen und der Straße mehr Raum zu geben. Die Straße sollte umgebaut, der Hang gesichert werden. Sollte. Denn bisher passierte nicht viel, außer dass das Straßenbauamt 2008 einen Fußweg anlegen und eine provisorische Spundwand errichten ließ, die spätestens 2012 einer dauerhaften Hangsicherung und Neugestaltung weichen sollte. Seit vier Jahren ist die Frist nun abgelaufen, das Provisorium entwickelte sich zur Dauerlösung. Die Königsteiner fürchten, das Holz sei inzwischen zu morsch, um vor einem Steinschlag zu schützen. „Wenn hier ein Felsbrocken runterkommt, dann landet er auf dem Fußweg oder auf der Straße“, sagt Stadtrat Andreas Müller (CDU). „Die Wand hat keinerlei Schutzwirkung mehr, hier ist Gefahr im Verzug.“

Bürgermeister Tobias Kummer (CDU) hat sich nach eigenen Angaben im Februar per Brief ans Straßenbauamt gewandt und Aufklärung gefordert. Vor allem wollte er wissen, wie weit die Planungen zum weiteren Ausbau der Straße sind und wann mit einem Baubeginn zu rechnen sei. „Das Schreiben blieb bis heute unbeantwortet“, sagte Kummer auf der Ratssitzung am Dienstag.

„Unzumutbarer Schandfleck“

Der Stadtrat will mit der Petition an Straßenbau-Chef Rainer Förster in Leipzig nun den Druck erhöhen. „Wir wollen damit unseren Forderungen Nachdruck verleihen“, begründet Tobias Kummer die Aktion. Denn wenn sich die Kommune nicht in Erinnerung rufe, werde beim Landesamt so schnell nichts passieren. „Wir können aber nicht noch mehr Zeit vergehen lassen.“ Schließlich seien die Spundwände nicht nur eine Gefahr, sondern auch ein hässlicher Anblick. Da helfen auch die bunten Bemalungen nicht. In Königstein kommen viele Gäste mit dem Zug an, die Holzwand ist eines der ersten Dinge, die sie von der Stadt sehen. „Wenn die Wände endlich wegkommen, wäre das auch eine Aufwertung für die Anwohner gegenüber dieser Stelle“, so der Bürgermeister.

Die Wortwahl im Schreiben hat es durchaus in sich. Von einem unzumutbaren Schandfleck ist die Rede, einer unhaltbaren Situation und einem Anblick, der für Königstein nicht länger tragbar sei. Die Stadträte und der Bürgermeister fordern den Landesamts-Präsidenten auf, Abhilfe zu schaffen.

Bei der zuständigen Meißner Niederlassung des Landesamtes für Straßenbau ist der Ärger der Königsteiner bekannt. Dort möchte man den Ball aber eher flach halten. Es sei „glücklicherweise keine Ausnahme, dass Bürgermeister auf uns zukommen, um Straßenbauvorhaben in ihrer Gemeinde zu besprechen“, schreibt das Landesamt auf SZ-Anfrage. Und: „Wenn Lasuv und Stadtverwaltung sich über die Planungen grundsätzlich verständigt haben, können wir sicher mehr dazu sagen.“

Nachdem der Bürgermeister und der Meißner Lasuv-Niederlassungsleiter Holger Wohsmann am Mittwochnachmittag noch einmal telefonierten, scheint nun schneller als erwartet Bewegung in die Sache zu kommen. Hundertprozentig im Sinne der Königsteiner dürfte die Auskunft aus dem Landesamt aber wohl nicht sein. Die Spundwand werde noch dieses Jahr erneuert, kündigt Wohsmann an. Bis zur geplanten Neugestaltung des Hanges und des Straßenabschnitts werde es aber noch Jahre dauern. Sorgen um die Sicherheit der Wand seien indes völlig unbegründet. Sie sei so dimensioniert, dass sie einen Steinschlag vom Hang auch in ihrem jetzigen Zustand jederzeit aufhalten könne.