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Drogenverkauf aus dem Auto

Eine junge Frau steht seit Mittwoch vor dem Dresdner Landgericht. Sie soll mit Rauschgift gehandelt haben.

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© Steffen Füssel

Von Jürgen Müller

Meißen. Einen Beruf hat sie nicht, einen Job auch nicht. „Handelsvertreterin“ hatte die junge Frau aus der Gemeinde Käbschütztal angegeben. „Das ist schon lange vorbei“, sagt sie vor der 14. Großen Strafkammer des Landgerichtes Dresden. Dort muss sich die 25-Jährige seit Mittwoch wegen Drogenhandels in großem Stil verantworten. In Sachen Drogen soll sie laut Anklage auch eine Art „Handelsvertreterin“ gewesen sein. Sie habe gemeinsam mit ihrem damaligen Freund Haschisch und Crystal vor allem in Meißen und Bischofswerda verkauft, wirft ihr die Anklagebehörde vor. Bei einer Durchsuchung der Wohnung ihres Freundes fand die Polizei unter anderem 114,7 Gramm Cannabis und 48,8 Gramm Crystal. Gefunden wurden auch ein Schlagring, Cliptüten mit Crystal und weitere Drogen. Zuvor war die Frau in Meißen mit einem BMW von der Polizei gestellt worden. Es stellte sich nicht nur heraus, dass sie gar keine Fahrerlaubnis besitzt, sondern in ihrer Handtasche fand sich Cannabis. Im Auto fanden die Beamten nicht nur ein Springmesser mit verstellbarer Klinge, sondern auch 25 Gramm Crystal und über 100 Cliptütchen verschiedener Größen, in denen üblicherweise Rauschgift verpackt wird, sowie eine Feinwaage. Die Drogen wurden offenbar gleich aus dem Auto heraus verkauft. Ihr damaliger Freund ist bereits verurteilt, sitzt eine Gefängnisstrafe ab. Das Verfahren gegen die wasserstoffblonde Frau wurde abgetrennt, weil sie zunächst eine Drogentherapie machen sollte. Die trat sie zwar an, flog aber aus disziplinarischen Gründen raus.

Sie ist abhängig

Seit ihrem 14. Lebensjahr nimmt die junge Frau Drogen. Der Gutachter Dr. Jörg Kühne spricht von einer „psychischen Abhängigkeit“. Sie habe Drogen in Stresssituationen genommen, um sich zu beruhigen. In „Spitzenzeiten“ konsumierte sie drei bis vier Gramm Cannabis pro Tag, später auch Crystal. Diese Droge nahm sie sogar bis zum fünften Schwangerschaftsmonat. Sie erlitt eine Fehlgeburt. „Seit dieser Schwangerschaft bin ich clean“, behauptet sie.

Ihre Drogensucht hat sie schon ihren Sohn gekostet. Der lebt jetzt beim Vater. Inzwischen will die Frau mit dem Milieu abgeschlossen haben, hat auch einen neuen Freund. Nach ihrem Rausschmiss aus der Entzugsklinik geht sie regelmäßig zur Suchtberatung, will erneut eine Therapie in Angriff nehmen, obwohl sie behauptet, seit Oktober vorigen Jahres „clean“ zu sein.

Der damalige Freund der Angeklagten, der aus dem Gefängnis vorgeführt wird, will die Frau schützen, nimmt alle Schuld auf sich. Die Drogen seien in seiner Wohnung gefunden worden, seine Freundin habe nichts damit zu tun, sie sei beim Ankauf nicht dabei gewesen. Die Drogen seien für den Eigenbedarf gewesen.

Es sollte lange reichen

Die große Menge erklärt er so: „Es sollte für längere Zeit reichen.“ Das Geld dafür will er an Glücksspielautomaten gewonnen haben. Und die Cliptütchen habe er nur vorsichtshalber eingesteckt „falls jemand kommt und etwas haben will“. Auch der Schlagring und das Messer gehörten ihm, seine Freundin habe davon nichts gewusst. Letzteres habe er im Auto mitgeführt, um bei einer Bekannten einen Kuchen anzuschneiden. Die vorsitzende Richterin Michaela Kessler glaubt ihm nicht. Es ist die gleiche Richterin, die ihn damals verurteilt hat. In seiner Verhandlung hatte der Mann etwas anderes behauptet. Damals hatte er gesagt, dass er und seine Freundin Drogen verkauft hätten, um ihren Konsum zu finanzieren.

Sechs Monate saß die Angeklagte schon in Untersuchungshaft. Ihr droht eine lange Haftstrafe. Die will ihr Verteidiger Michael Sturm auf jeden Fall verhindern. Er möchte erreichen, dass seine Mandantin Hilfe statt Strafe erhält. Statt ins Gefängnis soll sie eine stationäre Therapie antreten. Die würde ebenso wie die Untersuchungshaft auf die Strafe angerechnet, die Reststrafe könnte zur Bewährung ausgesetzt werden. Das Gericht lässt erkennen, dass es bereit ist, einen solchen Weg mitzugehen und eine Strafe zu verhängen, die das ermöglicht. Das wären nicht mehr als zwei Jahre. Dazu ist aber ein umfassendes Geständnis der Angeklagten nötig. Das soll es am Fortsetzungstermin am Donnerstag nächster Woche geben.