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Drogendealern auf der Spur

Die Polizei jagt Kriminelle am Wiener Platz. Nun sind auch Sozialarbeiter der Treberhilfe mit vor Ort.

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© Roland Halkasch

Von Julia Vollmer

Dresden. Ein Tablet mit einem Übersetzungsprogramm und jede Menge Feingefühl. Damit im Gepäck sind die beiden Sozialarbeiterinnen Daniela Böhme und Sophie Menzel mit ihrem Kollegen Michael Janowitz in der Gegend um den Hauptbahnhof unterwegs. Bei ihren täglichen Runden erkunden die Streetworker der Treberhilfe Treffpunkte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Immer zu zweit sind sie unterwegs. Sicherheit geht vor, vor allem in den Abendstunden. Immer wieder fällt auf: Es gibt zu wenige Nischen, kaum Rückzugsorte in der Innenstadt, an denen sich Jugendgruppen aufhalten können. Egal, ob Asylsuchende oder Deutsche – sie alle sind auf der Suche nach Orten, von denen sie nicht vertrieben werden, erzählt Daniela Böhme. Händler und Polizei verscheuchen die Teenager oft, die auf den Bänken auf der Prager Straße sitzen und herumblödeln.

© privat

Die rund 100 Migranten, die sich regelmäßig am Wiener Platz treffen, sind nicht alle Drogendealer, stellen die Sozialarbeiter gleich klar. Vielleicht eine Handvoll der Männer verkaufen Drogen, meist Cannabis. Die Käufer sind vorwiegend Deutsche, das bestätigt auch die Polizei. „Ein Problem ist, dass die Flüchtlinge teilweise in die Illegalität getrieben werden. Sie haben keine Arbeitserlaubnis, also versuchen einige ihr Geld mit verbotenen Geschäften zu verdienen“, beschreibt Dieter Wolfer, Geschäftsführer der Treberhilfe, seine Erfahrung nach Gesprächen mit den Betroffenen. Unkomplizierte Hilfe will das Team der Treberhilfe leisten. Suchen Flüchtlinge, Obdachlose oder Jugendliche in schwierigen Lebenslagen den schnellsten Weg zu einer Apotheke oder einem Nachtcafé, helfen sie ebenso wie bei Fragen zu Anträgen bei Ämtern. „Bei Liebeskummer oder Streit mit der Familie ist Zuhören der beste Weg“, erzählt Sophie Menzel mit einem Lächeln. Treffen sie dabei auf Ausländer, die kein Deutsch sprechen, nutzen die drei ein Tablet mit einem Übersetzungsprogramm. So können schnell unklare Worte nachgeschlagen oder Fragen von den Flüchtlingen selbst eingetippt werden.

Wünschen würden sich Wolfer und seine Kollegen mehr Sozialpädagogen in der Innenstadt. „Es fehlt an Angeboten für Jugendliche. Wir könnten uns beispielsweise ein Café als Anlaufstelle gut vorstellen“, sagt Daniela Böhme. Neben einem festen Treffpunkt, an dem die Teenager sich im Winter auch mal aufwärmen können, schlagen die Streetworker vor, mehr Flächen zum Graffiti-Sprühen und Fahrradfahren zu schaffen. „Gemeinsame Aktivitäten erleichtern immer auch die Integration, hat ein Syrer in seiner Heimat schon Graffiti gesprayt oder ist BMX gefahren, stärkt es das Gemeinschaftsgefühl, wenn ihm hier diese Möglichkeit wieder gegeben wird“, so Dieter Wolfer. Finanziert werden die zwei Sozialarbeiterstellen, die sich die drei Treberhilfe-Kollegen teilen, vom Jugendamt. Ob die Förderung fortgesetzt wird, wird von Jahr zu Jahr entschieden.

Prävention in Schulen

Auch die Stadt hat erkannt, dass sich etwas ändern muss. „Am Wiener Platz wird öffentlich sichtbar gedealt und konsumiert“, gibt die Suchtbeauftragte Kristin Ferse zu. In der Arbeitsgruppe Sucht der Stadt werde die Situation regelmäßig besprochen und die Entwicklung verfolgt. Mehr Polizeipräsenz und mehr Prävention – das ist die Strategie der Stadt, heißt es wage aus dem Rathaus. Ferse verweist auf das „Strategiepapier zur Suchtprävention“, das bis 2025 umgesetzt werden soll. Darin sind Maßnahmen zur Drogenprävention festgelegt, die den Konsum in der Stadt verringern sollen. Grundsätzlich sei es sinnvoll, mehr Fachkräfte für die Suchtprävention im Rahmen der Jugendhilfe einzustellen. Doch das soll ausdrücklich im Rahmen schulischer Prävention und Multiplikatorenschulungen geschehen, so Ferse. Denkbar sei auch der Einsatz von noch mehr Streetworkern in der Innenstadt. Sicher ist sich Kristin Ferse, dass „Liberalisierungs- und Legalisierungsdebatten zur Reduzierung des Konsums nicht hilfreich sind.“

Für Peter Müller-Merkel, Suchtberater bei der Caritas, ist die Sache klar. „Es gibt nur einen wirklich effektiven Weg, die Menschen vom Drogenmissbrauch abzuhalten: Der Stoff muss unbezahlbar teuer werden oder nicht mehr zu bekommen sein.“ Bei allem Pragmatismus sieht er natürlich auch in der Prävention und der Beratung wichtige Hilfen. „Kommt ein Süchtiger zu uns, reden wir intensiv mit ihm und überweisen ihn dann zur Therapie in eine Suchtklinik. Während am Wiener Platz vorrangig mit Cannabis gedealt wird, beobachtet Müller-Merkel eher einen Anstieg beim Missbrauch von Crystal.

Die Polizei führt seit dem vergangenen Jahr regelmäßig Razzien durch. Fast immer werden Drogen gefunden. Meist Cannabis, in Einzelfällen auch geringe Mengen Crystal. Auch die vielen Ladendiebstähle bereiten den Polizisten Kopfzerbrechen. Sie haben ihre Präsenz vor Ort massiv verstärkt.