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Dröhnender Schleichverkehr

Die Anwohner des Preußischen Viertels kämpfen seit Monaten gegen steigende Autozahlen. Nun gibt es einen ersten Erfolg.

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© Norbert Millauer

Von Ulrike Kirsten

Ohne Ohrstöpsel kann Frauke Donnevert längst nicht mehr zu Bett gehen. „An Schlaf ist kaum mehr zu denken“, sagt die Neustädterin, die an der Ecke Marienallee/Jägerstraße wohnt. Seit der Öffnung der Waldschlößchenbrücke im Sommer 2013 rollen immer mehr Autos durch das Wohngebiet. Davon betroffen sind vor allem Marienallee, Jäger- und Forststraße. Dabei scheinen Autofahrer von der Stauffenbergallee aus abkürzen und Ampeln vermeiden zu wollen.

Haben die Stadtmitarbeiter im April 2013 an der Kreuzung Forst-/Nordstraße noch 1 540 Fahrzeuge in 24 Stunden gezählt, waren es im September mit 3 065 fast doppelt so viele. Zwar gilt etwa auf der Marienallee Tempo 30, doch viele würden sich daran nicht halten, sagt Frauke Donnevert. Das trifft laut Daten der Stadtverwaltung auf rund 45 Prozent aller Fahrzeuge zu. „Mit dem alten Pflaster erreichen wir hier Dezibelschwellen, bei denen keiner mehr Ruhe findet“, klagt die Anwohnerin. Zwar hat es schon im November ein Treffen zwischen dem Straßen- und Tiefbauamt und der extra gegründeten Bürgerinitiative „Preußisches Viertel – lärmfrei“ gegeben. Im Kampf gegen den Schleichverkehr haben die Anwohner ihren Forderungen aber nochmals mit einer Petition Nachdruck verliehen. „Wir sind von Haustür zu Haustür gezogen“, sagt Frauke Donnevert. Fast 800 Unterschriften kamen zusammen.

Vor wenigen Tagen wurden sie nun im Petitionsausschuss angehört – mit einem ersten Teilerfolg. Dort sicherte Reinhard Koettnitz zu, den Wendepunkt auf der Bautzner Straße zu ermöglichen. So würde der Verkehr nicht mehr durchs Preußische Viertel kommen. Diese Lösung zu prüfen, hatte der Straßen- und Tiefbauamtschef bei dem Treffen im November vorgeschlagen. Dabei können Autofahrer, die von der Waldschlößchenbrücke auf die Bautzner Straße Richtung Bühlau biegen, eigentlich aber Richtung Neustadt wollen, künftig an der Einmündung Fischhausstraße um 180 Grad drehen. Das bisherige Verbotsschild soll nun abgebaut werden. Zu weiteren möglichen Lösungen hält sich die Stadt auf SZ-Anfrage aber zurück. „Zurzeit laufen noch Prüfungen zu Veränderungsvorschlägen“, teilt Koettnitz mit. „Es ist vereinbart, die nächsten Gespräche mit der Bürgerinitiative zu führen, nachdem die Albertbrücke wieder für den Verkehr vom Süden nach Norden freigegeben ist.“ Denn das Straßenamt geht davon aus, dass der gestiegene Verkehr mit der Sperrung der Albertbrücke zu tun hat. Die Bürgerinitiative bezweifelt das jedoch.

Sie sieht unter anderem das Verkehrskonzept der Waldschlößchenbrücke als Ursache für den Schleichverkehr. Das sieht zwar vor, den Verkehr vom Süden in die Neustadt über den Nebentunnel an der östlichen Ausfahrt auf die Bautzner Straße und die Blockumfahrung Fischhaus-, Heidepark-, Charlotten- und Radeberger Straße zu führen. Eine entsprechende Ausschilderung gebe es aber nicht. Zusätzlich weisen verschiedene Routenplaner den Weg durch das Wohngebiet als kürzeste Strecke aus. „Somit nutzen nicht nur Dresdner und Anwohner die Straßen durch das Preußische Viertel, sondern auch Touristen und Ortsfremde“, sagt Frauke Donnevert. Trotz der Ankündigung der Stadt, den Wendepunkt auf der Bautzner Straße zu erlauben, müsse die Attraktivität der Route über den östlichen Tunnel noch erhöht werden.

Die Bürgerinitiative schlägt zudem eine Einbahnstraßenregelung vor. „Das ist die schnellste und einfachste Lösung“, sagt die Neustädterin. Außerdem würde den lärmgeplagten Anwohnern helfen, wenn auf der Marienallee und Forststraße rechts vor links gelten würde. Autofahrer wären gezwungen, umsichtiger zu fahren. Derzeit haben sie hier noch durchgehend Vorfahrt. Denn die beiden Straßen sind als Sammelstraße deklariert. Das bedeutet, dass sie den Verkehr in einem Wohngebiet bündeln und zur nächstgrößeren Straße leiten sollen. Dieser Status müsste geändert werden, um rechts vor links einzuführen. „Eine Sammelstraße muss aber nicht zwingend eine Hauptstraße sein“, so Frauke Donnevert. Die Bürgerinitiative will weiter hartnäckig bleiben und auf Änderungen drängen. Dass Ausdauer wichtig ist, zeigt ein Beispiel aus der direkten Nachbarschaft. Auch Anwohner der Böhmert- und Angelikastraße kämpften in der Vergangenheit gegen Schleichverkehr. Ihre Ausdauer zahlte sich aus: Nach eineinhalb Jahren lenkte die Stadt ein und platzierte Schilder, Poller und Markierungen.