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Dröhnende Vögel überm Elbtal

Nach Kritik an Tiefflügen stellt sich die Luftwaffe den Fragen von Naturschützern und Bürgern. Die bleiben weiter skeptisch.

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© Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz

Von Franz Werfel

Hans-Joachim Gülle bilanziert nach dem 90-minütigen Eingangsreferat dreier Luftwaffen-Offiziere: „Das war ja alles sehr interessant, hat aber mit unseren Problemen hier im Elbtal nichts zu tun.“ Gülle betreibt mit seiner Frau eine Pension im Kurort Gohrisch und ist – wie viele andere in der Region – verärgert über jegliche Übungsflüge der Luftwaffe.

Um mit den Verantwortlichen der Bundeswehr ins Gespräch zu kommen, hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus Brähmig zu einem offenen Austausch eingeladen. Auch in seiner Funktion als Vorsitzender des Tourismusverbandes Sächsische Schweiz. Anwohner, Naturschützer und Touristiker sorgen sich um den Naturschutz in der Region – und um Touristen.

Oberst Joachim Vergin stellte denn auch gleich zu Beginn seines Referates klar, dass die Bundeswehr die Aufgabe habe, die deutsche Bevölkerung zu schützen. Dafür müsse die Luftwaffen-Besatzung – neben zahlreichen Trainingsstunden im Simulator – manchmal eben auch in der freien Wildbahn trainieren. „Wir wollen unsere Männer auf alle denkbaren Einsätze vorbereiten.“ Dies geschehe auf heimischem Boden. Wer das nicht verstehe, praktiziere den blanken Egoismus, so der Oberst.

Klare Vorgaben dafür, was die Luftwaffe darf und was nicht, liefert das Luftverkehrsgesetz. So kann nur zwischen 7 und 24 Uhr trainiert werden. Militärische Tiefflüge, also solche bis maximal 600 Meter über dem Boden, sind nur montags bis freitags von 7 bis 17 Uhr zulässig. Nach Sonnenuntergang sogar nur auf zuvor definierten Übungsstrecken. Bis maximal 300 Meter über dem Boden dürfen Jets abgesenkt werden, in Ausnahmefällen bis zu 150 Meter. Wohlgemerkt, über dem Boden. Das Höhengefälle des Umgebungsterrains ist dabei nicht entscheidend. Die Jets jagen dann mit 780 km/h durch das Elbtal.

Vergin wies zudem darauf hin, dass die Bundeswehr die Zahl der Trainingsflüge seit den 1980er-Jahren erheblich verringert hat: „Damals haben wir allein im Gebiet der alten Bundesländer 40 000 Flugstunden im Jahr absolviert. Heute sind es in der vereinigten BRD nur noch 2 000 Flugstunden pro Jahr.“

Attraktives Trainingsgelände

Dennoch sei die Sächsische Schweiz ein teils attraktives, teils notwendiges Trainingsgelände. Attraktiv wegen ihrer Geografie – das schmale Elbtal, die vielen kleinen, oftmals jäh aufragenden Felsen. Und notwendig, da sich über dem Dresdner Flughafen und dem Flugplatz Bautzen die gesicherten Luftkorridore in einer Höhe von mehreren Kilometern beinahe überlappen. Will nun die Luftwaffe von Nordbayern kommend Truppenübungsplätze in der Oberlausitz erreichen, bleibe ihr nur ein schmaler Korridor über Königstein offen. Den müsse man dann nutzen. Im Übrigen seien andere Regionen in Deutschland viel stärker von Trainingsflügen betroffen, darunter auch viele Naturschutzgebiete. Belegt würde das durch die relativ wenigen Beschwerden, die die hiesige Bevölkerung an die Luftwaffe heranträgt.

Bei der Nationalparkverwaltung stößt die Argumentation auf Unverständnis. Dietrich Butter, Leiter des Nationalparks, sagt: „Wir leiten in Brutzeiten etwa das Uhus oder des Schwarzstorchs sogar Wanderer um.“ Beide Tierarten seien besonders bedroht und bei Tiefflügen gefährdet. Seine Aufgabe sei es, Einheimischen und Besuchern ein naturverträgliches Naturerlebnis zu ermöglichen. Jeder Flug über dem Nationalpark sei eine massive Störung. Und das müsse ja nicht sein. Dietrich Butters klares Fazit: „Augenscheinlich hält sich die Luftwaffe an die geltenden Gesetze. Also müssen unsere Politiker die ändern.“

Weitere Informationen unter www.luftwaffe.de oder www.milais.org
Kostenloses Beschwerdetelefon: 0800 8620730