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Dresdner Hofkirche zeigt „Kreuzmenschen“

Wie verhält sich der Mensch gegenüber dem Leid? Diese Frage stellt die Installation „Kreuzmenschen“ von Wolff-U. Weder. Zur Fastenzeit sollen sie Dresdner nachdenken lassen.

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Luise Binder

Dresden. Dass das Kreuz wie das Amen zur Kirche gehört, ist nicht neu. Doch in den Seitengängen der Dresdner Kathedrale stehen, liegen oder hängen seit Aschermittwoch Kreuze, deren übliche Form minimal abgewandelt ist. Sie nehmen verschiedene Haltungen ein - die Ähnlichkeit des menschlichen Körpers mit der Kreuzform macht das möglich. „Diese Doppeldeutigkeit, Kreuzformen als Haltungen, finde ich genial“, sagt Dompfarrer Norbert Büchner.

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Als er im letzten Sommer nach Dresden kam, sei der Schöpfer der „Kreuzmenschen“ einer seiner ersten Kontakte gewesen, berichtet Büchner. Wolff-U. Weder habe ihm Bilder von seiner Arbeit gezeigt. Von der Schlichtheit der Figuren war Büchner angetan. Jetzt stehen sie in der Hofkirche und fragen Dresdner und Touristen während der Fastenzeit, welche Haltung sie einnehmen: gehen, rufen, abwarten, verschließen, stürzen, entscheiden, helfen, schweigen oder leiden?

Die Grundaussage der Installation sei ursprünglich gar nicht kirchlich gemeint gewesen, gesteht Weder. Als der Künstler die Figuren 1989 erstmals bei einer DDR-Bezirkskunstausstellung zeigte, erntete er Blicke der Stasi. Damals habe er die „Kreuzmenschen“ anders präsentiert. Die Figur „leiden“ hing oben, daneben standen die Figuren „gehen“ und „abwarten“. Gehen - damit machte Weder eine brisante Aussage. „In der DDR sind die Leute entweder gegangen oder geblieben“, sagt der heute 74-Jährige.

Leid hat nicht nur mit Jesu zu tun

Der gebürtige Dresdner hat an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig studiert. Seit 1962 ist Weder freischaffender Grafiker, Designer, Plakat- und Buchgestalter. Er ist Mitglied der Produktionsgenossenschaft Bildender Künstler „Kunst am Bau“ und hatte bis 2007 die Professur für Gestaltungslehre an der Technischen Universität Dresden.

„Das Leid hat nicht nur mit Jesus zu tun. Es ist in der ganzen Welt“, sagt Weder und hat dabei all jene im Blick, die derzeit Krieg, Hunger und anderen Qualen erleben. Das Leiden soll sich auch im Schaffungsprozess der Objekte widerspiegeln. Weder benutzte einfaches Bauholz, das er spaltete, nagelte und teerte. Er überzog das Holz mit Weißkalk und kratze ihn wieder ab. So sei eine Art Haut sichtbar geworden, die die körperliche Empfindsamkeit und Sensibilität nachahmt und die Haltungen untermauere, schildert der Künstler.

Die Haltungen der Kreuzmenschen haben Pfarrer Büchner fasziniert. Eigentlich gehören die Skulpturen in die Brandenburgische Kunstsammlung. Büchner wollte sie unbedingt für die Fastenzeit nach Dresden holen. Als die Kunstsammlungen wegen der kurzfristigen Anfrage keine Möglichkeit sahen, die Exponate zu verpacken und per Versand auf die Reise zu schicken, nahm Büchner die Sache selbst in die Hand. Er fuhr mit einem Transporter nach Cottbus. „Ich bin für Schnellschüsse“, sagt der Gottesmann und kam so noch rechtzeitig an die „Kreuzmenschen“. (dpa)