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Dresdner gehen wieder mehr aus

Die Pegida-Demonstrationen bringen vielen Händlern und Gastwirten in der Innenstadt Verluste. Die Aktion „Dresden geht aus“ soll gegensteuern.

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© Anja Schneider

Von Tobias Wolf

Richard Fordhams Problem läuft mal wieder direkt an der Haustür vorbei. Es ist Montagabend, Anhänger von Pegida schieben sich durch die Wilsdruffer Straße. Fahnen werden geschwenkt, laute Sprechchöre flammen auf und verstummen wieder – ein gewohntes Bild für Fordham, der den Zug durch die Fenster seines Restaurants El Rodizio beobachtet. Der Reservierungscomputer zeigt 21 Namen. 99 Plätze werden an diesem Abend bis Mitternacht frei bleiben. Daran ändert auch die vergangene Woche gestartete Montagsaktion „Dresden geht aus“ nichts – noch nicht. Der gebürtige Südafrikaner kann sich an bessere Zeiten erinnern, als er Gäste wegschicken musste, weil es keinen freien Tisch gab.

Noch schlägt sich der Ausgehmontag nicht in der Bilanz nieder. Richard Fordham hofft trotzdem auf mehr Montagsgäste im El Rodizio.
Noch schlägt sich der Ausgehmontag nicht in der Bilanz nieder. Richard Fordham hofft trotzdem auf mehr Montagsgäste im El Rodizio. © Anja Schneider

Heute könnte der 42-Jährige montags ganze Reisegruppen bekochen. Doch wie die Dresdner sind auch Touristenbusse am Montagabend in der Innenstadt Mangelware. Wegen Pegida. Seitdem die Rechtspopulisten durch die Innenstadt marschieren, gehen die Geschäfte der Händler, Gastronomen und Gewerbetreibenden im Zentrum immer schlechter. Immer weniger Dresdner trauen sich montags in die City, entweder, weil sie glauben, es ist alles abgeriegelt, oder weil Bahnen und Busse nicht fahren. Manch Gastronom verdient deshalb seit über einem Jahr fast die Hälfte weniger als vorher, viele Einzelhändler müssen 20 Prozent und mehr Umsatzrückgang hinnehmen. Während im El Rodizio noch viele Tische leer bleiben, gibt es andernorts erste Hoffnungsschimmer, dass sich das montägliche Geschäft trotz Pegida wieder bessern könnte.

Der Handel sei sehr zufrieden mit dem zweiten Ausgehmontag, auch wenn die Resonanz gegenüber vergangener Woche etwas abgenommen habe, berichtet City-Manager Jürgen Wolf. Unter seiner Federführung ist die Kampagne „Dresden geht aus“ entstanden. Die Großen im Zentrum, wie Altmarkt-Galerie und Centrum-Galerie, sowie kleinere Händler bieten ihren Kunden Rabatte und Gutscheine, wenn sie Montagabend einkaufen. „Es lief ganz gut, die Einkaufszentren waren mit der Resonanz der Kunden zufrieden“, sagt der 54-Jährige. „Genaue Zahlen wollen die Händler aber nicht nennen.“

Erstmals dabei waren auch die Staatlichen Kunstsammlungen, die am Montagabend zwischen 18 und 20 Uhr extra das Historische Grüne Gewölbe öffneten, damit Dresdner die barocke Schatzkammer zum halben Preis erleben konnten. „Die Erwartungen haben sich auch hier erfüllt“, sagt der City-Manager. Nächste Woche öffnet von 17 bis 20 Uhr das Verkehrsmuseum für eine Happy-Hour. Der Eintritt kostet drei statt neun Euro. Eine Sonderführung ist inklusive. Für alle, die es etwas bedächtiger lieben, gibt es in der Kreuzkirche ein ökumenisches Friedensgebet. Außerdem werden am Ausgehmontag in der Zeit von 18 bis 20 Uhr Stadtrundfahrten zum halben Preis angeboten.

In der Pastamanufaktur an der Dreikönigskirche im Barockviertel wird ein Tischkickerturnier ausgetragen. Stargäste sind Beatrice „Micky” Dömeland, Katherina Schwabe und Mareike Hindriksen vom Volleyball-Bundesligisten Dresdner SC. Das Aufwärmen beginnt um 17 Uhr, das Turnier startet gegen 20 Uhr.

Es sind viele kleine Aktionen, die das Klima in der Stadt verbessern sollen, während Pegida durchs Zentrum spaziert. Ab kommenden Montag ist auch das Restaurant William des Sternekochs Stefan Hermann im Schauspielhaus dabei – mit einem Spezialmenü, das der iranischstämmige Schauspieler Ahmad Mesgarha zusammengestellt hat.

Wie das El Rodizio liegt auch das Restaurant Tapas Barcelona an der Demo-Route Pegidas. „Dort hatten wir einen spürbar besseren Umsatz gegenüber den schlechten Montagen zuvor“, sagt Geschäftsführerin Tanja Widmann, die an der Ausgehaktion teilnimmt. „Wir machen auf jeden Fall weiter mit, wir halten durch, aber es braucht Geduld.“

Richard Fordham ist noch nicht sicher, dass sein El Rodizio bald vom Ausgehmontag profitiert. Pegida hat seine Montagsumsätze derart strapaziert, dass er bis zum Jahresanfang bereits sieben Angestellte entlassen hat. Weitere fünf Pauschalkräfte könnten bis Ende des Monats ihren Job verlieren. Sein Spezialangebot hat er nun auf Donnerstag verlegt. Ergebnis: über 100 Reservierungen. Montags will er in den nächsten Wochen trotzdem bei der Aktion des City-Managements mitmachen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.