Merken

Dresdens Unterwelt wird saniert

Der alte Fernwärmekanal unter der Brühlschen Terrasse ist schon 116 Jahre in Betrieb. Künftig bleiben die Türen nicht mehr verschlossen.

Teilen
Folgen
© René Meinig

Von Peter Hilbert

Stolz steht Bernd Lehmann unter der Brühlschen Terrasse. In sechs Metern Höhe überspannen gewaltige Sandsteingewölbe seine traditionsreichste Anlage. Als Abteilungsleiter ist der 61-Jährige für den Betrieb von Dresdens Fernwärmenetz zuständig. Und hier waren die Anfänge dieses Systems. Schließlich wollte Sachsenkönig Albert vom technischen Fortschritt profitieren und Hofkirche, Schloss, Semperoper und andere Gebäude im Zentrum auf moderne Weise beheizen lassen. So ging am 15. Dezember 1900 das Fernheiz- und Elektrizitätswerk an der damaligen Packhofstraße hinter der Semperoper in Betrieb. Angeschlossen war der sogenannte Staatliche Kanal. Durch den verliefen nicht nur die Heißdampfleitungen für die Fernwärme, sondern auch noch Elektroleitungen.

Mittlerweile ist das 300 Meter lange Bauwerk unter der Brühlschen Terrasse bis zum Schloss in Jahre gekommen. Das Kulturdenkmal gehört teilweise dem Freistaat, teilweise der Drewag. In den 1970er-Jahren sind die alten Heißdampfleitungen ersetzt worden. Heute fließt 120 Grad heißes Wasser durch 50 Zentimeter dicke Stahlrohre, erläutert Lehmann. Die gesamte Innenstadt im 26er-Ring wird durch diese Hauptleitung mit Fernwärme versorgt.

Der Kanal ist zwar noch weitgehend in solidem Zustand. Aber nicht nur der Putz bröckelt von der Decke. Schließlich war das alte Bauwerk bei der Jahrhundertflut 2002 teilweise überschwemmt worden. Das ist auch neben dem Hauptzugang in der Unterführung der Brühlschen Gasse zum Terrassenufer sichtbar. Eine Hochwassermarke erinnert dort an den Höchststand der Elbe im August 2002.

An vielen Stellen muss jetzt etwas getan werden. Seit Jahren wird der Kanal saniert. Schließlich sollen künftig wieder Besuchergruppen dieses wichtigste Denkmal von Dresdens Fernwärme-Geschichte besichtigen können. Unter fachkundiger Führung von erfahrenen Drewag-Mitarbeitern war dies bereits zwischen 2000 und 2012 möglich. Bis zu 2 500 Besucher jährlich erkundeten auf diese Weise den traditionsreichen Kanal. Doch wegen der Bauschäden ist das nicht mehr möglich.

Drewag-Sprecherin Gerlind Ostmann stellt in Aussicht, dass Besucher das Denkmal ab nächstem Jahr wieder besichtigen können. Zur Museumsnacht am 15. September werden erstmals wieder Gruppen die alte Anlage unter der Brühlschen Terrasse besichtigen können. Bis dahin hat Tony Kriegel aber noch viel zu tun. Er ist Projektleiter der Drewag Netz für den alten Kanal, der teils aus solidem Ziegelmauerwerk, teils aus Sandsteinen besteht. So müssen Bauhandwerker unter anderem losen Putz beseitigen und Fugen erneuern.

Eine Großaktion konnte jetzt beendet werden. Direkt am Schloss wurde ein neuer Ausgang mit einer großen stählernen Türplatte auf dem Boden gebaut. Die wird von Hydraulikzylindern angehoben und kann künftig Besuchergruppen den Weg nach einer erlebnisreichen Führung freigeben. Direkt neben der Tür wurden vier hohle Sandsteinsäulen gebaut, durch die Frischluft in den Kanal strömt. Die Tür hat rund 160 000 Euro gekostet, berichtet Projektleiter Kriegel, die Sandsteinsäulen weitere 30 000 Euro. Insgesamt werden Drewag und Freistaat weit über eine Million Euro für die Sanierung investieren.