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Dresdens Parkplatz-Familie

Seit zehn Jahren betreiben Volmers das Parkhaus Mitte. Dessen Geschichte ist ein Krimi.

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© René Meinig

Von Nora Domschke

Wer kennt es nicht: Das Auto steht im Parkhaus, doch erst am Automaten wird klar, dass das Kleingeld fehlt, um das Ticket zu bezahlen. Was tun, wenn kein Geschäft zum Wechseln von Scheinen in der Nähe ist? Die Betreiberfamilie des Parkhauses Mitte hat dieses Problem – wie einige andere in den vergangenen zehn Jahren – jetzt gelöst. Mit einer Chipkarte, deren Daten bei der Ein- und Ausfahrt automatisch erfasst werden, fällt das Bezahlen am Automaten künftig weg. Die Parkgebühren werden vom Konto abgebucht.

Als der Junior-Parkhauschef Jonas Volmer von diesem Konzept erfuhr, war er sofort begeistert. Der 22-Jährige ist der junge und kreative Kopf des Familiebetriebes, wagt auch mal Neues. Erst vor Kurzem übernahm er die Verwaltung des Parkhauses mit 480 Stellplätzen von seinem Vater Anton Volmer, kümmert sich auch um andere Dresdner Parkplätze, etwa in der Alaunstraße. Volmer Senior hat das markante Parkhaus am Bahnhof Mitte vor zehn Jahren selbst entworfen und gebaut.

Die Geschichte des Gebäudes liest sich wie ein Krimi. Verwaltet wurden die Stellflächen in den ersten Jahren von einem externen Unternehmen – allerdings genießt die Parker Louis GbR in Dresden nicht den besten Ruf. 2007 wurde die Firma wegen rüder Methoden beim Geldeintreiben zu einer Geldstrafe verdonnert. „Da hatte ich Angst um meinen guten Ruf und sucht mir einen neuen Verwalter“, berichtet Anton Volmer. Außerdem sei der Service bei Parker Louis recht teuer gewesen. Viel billiger kommt Volmer aber auch bei dessen Nachfolger nicht. Das zeigte sich allerdings erst später – als herauskam, dass in der Zeit von 2009 bis 2012 ein erheblicher Teil der Einnahmen in der Tasche des Verwalters verschwand. Nach drei Jahren wurde die Familie zum ersten Mal stutzig, denn es kam immer weniger Geld in die Kasse. „Der Verwalter schob es auf die Technik und aufgebrochene Automaten. 2012 flog der Schwindel schließlich auf. „Das war ein herber Schlag für uns“, erinnert sich Anton Volmer. Er schätzt, dass etwa 70 000 Euro veruntreut wurden. „Die genaue Summe kenne ich nicht, weil nicht ermittelt werden konnte, wie hoch die Einnahmen tatsächlich waren.“

Benzinklau mit heißen Folgen

Nach dem ersten Schock und einem nervenzehrenden Gerichtsprozess gegen den Betrüger übernahm Volmer die Verwaltung seines Dresdner Parkhauses selbst. Das gestohlene Geld wird er nicht wiederbekommen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Er hätte den Verwalter besser kontrollieren müssen. „Ich habe mittlerweile damit abgeschlossen und blicke wieder nach vorn“, sagt der 65-Jährige.

In den vergangenen vier Jahren arbeitete sich sein Sohn Jonas in den Familienbetrieb ein. Heute führt der junge Mann das Geschäft neben seinem Studium zum Bauingenieur fast allein. Mutter Christina Volmer kümmert sich um Buchhaltung und Kundenbetreuung. Allerdings vor allem von Warburg aus, der Heimat des Ehepaars Volmer in Nordrhein-Westfalen. Bei Besuchen in Dresden wohnen beide in einer kleinen Wohnung in der Friedrichstadt. Sohn Jonas hat sich indes vor drei Jahren komplett für die sächsische Landeshauptstadt entschieden. „Das ist praktisch, denn der Notruf von der Schranke geht direkt an mich. Auch mitten in der Nacht.“ Es ist ein 24-Stunden-Job. Anton Volmer erinnert sich an eine Nacht, als die Feuerwehr bei ihm anrief und ihm mitteilte, dass sein Parkhaus brennt. Das Ende der Geschichte: Volmer blieb auf dem Schaden sitzen, denn ein Benzindieb hatte beim Abzapfen seine Zigarette fallenlassen. „Das gilt als Betriebsunfall und wurde nicht als Brandstiftung geahndet.“ Doch Diebe haben es oft auch auf Bargeld abgesehen. Immer wieder wurden die Automaten aufgebrochen, Hunderte Euros geklaut. „Jetzt ist es schon längere Zeit ruhig“, sagt Jonas Volmer. Seitdem die Parkhauskunden das Evopark-System mit dem Chip nutzen, ist für die Langfinger kaum noch Münzgeld zu holen.

Obwohl sich Anton Volmer heute aus dem Parkhausgeschäft zurückzieht, hat er mit dem Gebäude noch Großes vor: Er will es um einige Etagen aufstocken, dort weitere Stellflächen, aber auch Wohnungen bauen. Von der Stadt hat Volmer auf seine Bauvoranfrage bereits das Signal bekommen, dass eine Gebäudehöhe wie bei dem benachbarten Hotel möglich wäre.

Hoffnung gibt es auch für das riesige Relief, das am Kühlhaus hing. Das wurde 2005 für den Neubau des Parkhauses abgerissen. Die Rettung des 40-Tonnen-Kolosses wird die Familie rund 10 000 Euro kosten.