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Dresdens neues Doppel-Geländer

Der Irrsinn geht weiter: Nun hat auch die Treppe im Leubener Rathaus eine zweite Absperrung erhalten. Das sorgt für Kritik.

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© Sven Ellger

Von Sarah Grundmann

Der Trend geht in Dresden zum Zweitgeländer. Nachdem im vergangenen Jahr das berühmte Doppel-Geländer auf der Albertbrücke für Furore sorgte, geht der Irrsinn weiter. Derzeit sind Bauleute mit der Montage eines Doppelgeländers an der Treppe im Rathaus Leuben auf der Hertzstraße 23 beschäftigt. Das sorgt für Kritik. Landtagsabgeordneter Christian Piwarz (CDU) hatte das Doppelgeländer am Montag entdeckt und postete ein Foto bei Facebook. Dazu schrieb der Politiker: Nach Albertbrücke und Rathaus nun auch im Ortsamt Leuben: Das legendäre Dresdner Zweitgeländer. „Ich habe mich gewundert, warum das plötzlich nötig ist – schließlich ist dort 100 Jahre lang nichts passiert“, sagt er gegenüber der SZ.

Bereits im vergangenen Jahr hatte das Doppel-Geländer auf der Albertbrücke für Furore gesorgt. Das Denkmalschutzamt hatte einen originalgetreuen Nachbau gefordert. Doch der war nach neuesten Sicherheitsnormen zu niedrig.
Bereits im vergangenen Jahr hatte das Doppel-Geländer auf der Albertbrücke für Furore gesorgt. Das Denkmalschutzamt hatte einen originalgetreuen Nachbau gefordert. Doch der war nach neuesten Sicherheitsnormen zu niedrig. © SZ/Peter Hilbert

Wie Doris Oser, Referentin des Baubürgermeisters Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne), mitteilt, war das Geländer im Ortsamt Leuben nach neusten Sicherheitsvorschriften zu niedrig. „Dies wurde im Rahmen einer Gebäudeinspektion beanstandet“, so Oser. Die Stadt musste handeln: „Wenn es sich – wie im Fall des Ortsamtes Leuben – um ein Kulturdenkmal handelt, wird mit der Denkmalschutzbehörde nach einer Lösung gesucht, die in den Bestand möglichst wenig eingreift.“ Der Kompromiss: Ein modernes Zweitgeländer sorgt für die nötige Höhe. Nach SZ-Informationen wurde auch über die Anhebung des historischen Laufs nachgedacht. Dann hätte das Ortsamt aber tagelang geschlossen werden müssen.

Für die Dresdner ist es ein Déjà-vu: Auch bei der Sanierung der Albertbrücke hatte es ein ähnliches Problem gegeben. Die Original-Geländer konnten zwar nicht auf das denkmalgeschützte Bauwerk montiert werden, dafür wurde es detailgetreu nachgebaut. Einen Meter hoch waren die Kopien – nach neuesten Normen müssen Geländer neben einem Geh- und Radweg allerdings 30 Zentimeter höher sein. Also montierten die Bauleute hinter den originalgetreuen Nachbau ein weiteres, deutlich schlichteres Geländer. Durch diese Entscheidung war Dresden deutschlandweit in aller Munde. Denn die Satire-Show „Extra 3“ erwähnte den baulichen Kompromiss in ihrer Rubrik „Realer Irrsinn“ – nicht zum ersten Mal. Kaum eine Stadt liefert so viel davon wie Dresden. Ganze siebenmal haben ARD-Reporter die Landeshauptstadt bereits deshalb besucht. Neben dem Geländer an der Albertbrücke hat es unter anderem Regine Töberich in die Sendung geschafft, weil sie ein Stück des Elberadwegs wegbaggern ließ. Auch die nicht zu öffnenden Fenster im Jüdenhof am Neumarkt sowie die nun abgebaute Ampel am Güntzplatz, die seit 1987 permanent Rot zeigte, gehörten zum realen Irrsinn. In Ostdeutschland toppt das nur Berlin.

Auch in Sachen Doppel-Geländer macht der Rest der Republik Dresden nicht so schnell etwas vor. Denn nicht nur im Ortsamt Leuben und an der Albertbrücke wird doppelt geschützt. Beim Umbau des Dresdner Rathauses waren es zu breite Abstände zwischen den Stäben, die zu einem unschönen Kompromiss führten: Hinter dem Geländer vor dem Plenarsaal wurde ein Netz gespannt. Auf diese Lösung griff die Stadt auch an der 49. Grundschule zurück. Im Kulturpalast wurde hingegen eine Glasfront hinter die historischen Geländer gesetzt. Bleibt abzuwarten, wie viele Zweitgeländer in Dresden noch montiert werden und ob die ARD-Reporter des Satire-Magazins auch im Ortsamt Leuben noch einmal zu Besuch kommen.