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Dresdens neue Silbertürme

Das Fernwärmesystem wird effektiver. Dafür baut die Drewag weitere Speicher im Innovationskraftwerk Reick.

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© SZ/Peter Hilbert

Von Peter Hilbert

Dresden. Hoch empor ragen die silbernen Türme im Innovationskraftwerk Reick an der Liebstädter Straße. In denen geht es heiß zu. Denn die Drewag speichert in den 1985 errichteten Behältern bis zu 6 600 Kubikmeter heißes Wasser, damit das Fernwärmenetz und die Kraftwerke optimal betrieben werden können. Doch für die Drewag geht es viel höher hinaus. Denn die Stadtwerke wollen ihre Speicherkapazität mehr als verdoppeln. Drewag-Projektleiter Thomas Dautert steht jetzt noch vor einer großen Baugrube. Der 41-jährige Diplom-Ingenieur für Energietechnik betreut bei der Drewag solche Großprojekte. Bereits im Oktober sollen hier 20 weitere Wärmespeicher stehen. Sie werden mit knapp 30 Metern Höhe die alten Türme weit überragen und zudem mit 7 800 Kubikmetern viel mehr heißes Wasser speichern können.

Ende Februar hatte der Bau mit dem Aushub der Grube begonnen, die immerhin stattliche 800 Quadratmeter misst. Allerdings gab es ein Problem im Untergrund, berichtet Dautert. Der Lehmboden der einstigen Flusslandschaft ist nicht tragfähig. Deshalb musste er durch ein Kiesgemisch ersetzt werden. Das und eine Füllbetonschicht sind jetzt aufgebracht. Meister Steffen Reiche ist mit seinen Männern vom TS-Bau Riesa bei Dauterts Vor-Ort-Inspektion gerade dabei, eine große Folie zu verkleben, sodass ein sauberes Fundament gebaut werden kann. Nun kommen die Eisenflechter zum Zuge. Anfang Mai werden binnen zwei Tagen 1 100 Kubikmeter Beton in die Stahlbewehrung gepumpt, nennt der Projektleiter den nächsten Schritt.

Die Zeit drängt. Schließlich sollen bereits Mitte Juli die ersten acht Behälter anrollen. Sie werden von einer Spezialfirma in Steinhagen bei Bielefeld hergestellt. In der Nähe liegt der Mittellandkanal. Die 100 Tonnen schweren Türme kommen von dort per Schiff zum Alberthafen – acht Stück im ersten Transport. Nachts geht‘s dann auf dem Tieflader zur Reicker Baustelle, wo sie ein 500-Tonnen-Kran am folgenden Tag emporheben wird. Im Sechs-Wochen-Rhythmus folgen dann die nächsten Transporte, sodass Anfang Oktober alle Behälter 30 Meter auf dem Kraftwerksgelände emporragen werden. „Die Rohrleistungsbauer werden bereits im Juli beginnen, die Anschlüsse herzustellen“, erläutert Dautert. Bis Jahresende soll alles komplett montiert sein. „Der Bau der Anlage ist nicht kompliziert für uns“, sagt der Projektleiter. Die Größe sei die Herausforderung. Die besondere Aufgabe sei, dass alles gut zusammenläuft.

Die neuen Speicher sind dringend nötig. „Die Anforderungen im Energiebereich wachsen. Wir müssen flexibler werden“, erläutert der Energietechnik-Spezialist.

Über 90 Prozent der Fernwärme kommt aus den acht Dresdner Kraftwerken, die nach dem effizienten Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten. Dabei treibt eine Gasturbine einen Generator an, der Strom erzeugt. Die Abwärme wird zur Erzeugung von Fernwärme eingesetzt. Mit den neuen Behältern kann viel mehr überschüssiges Heißwasser während Zeiten gespeichert werden, in denen es nicht benötigt wird. Drehen die Dresdner dann die Heizungen oder Wasserhähne wieder verstärkt auf, wird es weitergeleitet, so das Prinzip. „Unsere Anlagen werden damit viel besser ausgelastet.“ So könne auch in Warmwasser umgewandelte grüne Energie aus Quellen wie Solar- oder Windkraftanlagen besser zwischengespeichert werden. „Je mehr erneuerbare Energien wir erzeugen, umso flexibler müssen unsere Erzeugungsanlagen arbeiten“, sagt der 41-Jährige. Genau deshalb würden die zusätzlichen Wärmespeicher dringend benötigt.

Dafür investiert die Drewag rund
acht Millionen Euro. Gefördert wird das Projekt vom Bund mit Zuschüssen nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz. So wird viel für eine saubere Luft getan. Würden die Stadtwerke noch auf alte Weise Strom und Wärme getrennt erzeugen, würden 812 000 Tonnen Kohlendioxid mehr in die Luft über Dresden geblasen werden, verweist Drewag-Projektleiter Thomas Dautert auf den Grund.