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Dresdens Luft wird sauberer

Die Qualität hat sich verbessert, ist aber längst noch nicht perfekt. Das Konzept der Stadt ist bislang nur zum Teil umgesetzt.

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© imago

Von Sandro Rahrisch

Von sauberer Stadtluft zu sprechen, wäre übertrieben. An der Bergstraße sind auch im vergangenen Jahr wieder zu viele Stickoxide gemessen worden. Sie reizen die Schleimhäute von Augen, Nase, Rachen und Lunge. Husten und Atemprobleme, aber auch Kopfschmerzen und Herz-Kreislauf-Probleme können die Folge sein. Allerdings hat die Verschmutzung an den anderen Dresdner Messstationen weiter abgenommen.

Am Neustädter Bahnhof und am Hauptbahnhof sind die niedrigsten Stickstoffdioxid-Jahresmittel seit fünf Jahren gemessen worden. Dasselbe gilt für den Feinstaub. Die Partikel sind so klein und leicht, dass sie durch die Luft schweben, eingeatmet werden und tief in die Lunge gelangen, wo sie die Schleimhaut reizen. Beide Schadstoffe werden von Autos ausgestoßen. Wie viele Bürger von zu hohen Werten betroffen sind, kann durch Berechnungen nur geschätzt werden. Das Landesumweltamt geht derzeit von gut 1 000 Dresdnern aus, die wegen ihres Wohnorts zu hohen Feinstaub-Konzentrationen ausgesetzt sind. Bei Stickoxiden sind es fast 3 000.

Dieselautos sorgen für dicke Luft

Die immerhin leichte Verbesserung reicht Dresdens Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) nicht. „Trotz großer Anstrengungen hat die Luftqualität nicht die angestrebte Güte erreicht“, sagt sie. Die Hauptursache sei die technisch unzureichende Ausfilterung von Stickstoffdioxid bei Dieselfahrzeugen, entgegen den Angaben in den Euro-Normen. Durch den VW-Skandal werde diese erhebliche Diskrepanz nun auch öffentlich diskutiert. Der Autoindustrie seien seitens der EU Zugeständnisse gemacht worden, sodass mit einer wirklichen Verbesserung der Luftqualität erst nach 2020 zu rechnen sei.

Gegen die Abgase hatte die Stadt 2011 einen Luftreinhalteplan auf den Weg gebracht – auch um eine Bannzone für weniger umweltfreundliche Autos in der City zu verhindern. Seit fast fünf Jahren dürfen dicke Brummis nicht mehr durch die Innenstadt fahren, vorausgesetzt das Zentrum ist nicht ihr Ziel. Auf der holprigen Königsbrücker Straße wurde außerdem das erlaubte Tempo auf 30 km/h gedrosselt. Die Busflotte der DVB ist erst Anfang dieses Jahres mit 40 neuen, schadstoffärmeren Diesel-Gelenkbussen modernisiert worden. Und die Zahl der Jobtickets, mit denen die Dresdner per Arbeitgeberzuschuss günstiger mit Bus und Bahn zur Arbeit fahren können, hat sich auf 14 700 erhöht – im Reinhalteplan sind 16 000 avisiert. Des Weiteren sind auch die letzten, kostenlosen Parkplätze im 26er-Ring weggefallen. Die Parkgebühren sollen Autofahrer auch dazu bewegen, auf die öffentlichen Verkehrsmittel umzusteigen. Über 8 000 Stellplätze sind inzwischen kostenpflichtig. Es sei gelungen, dass der Autoverkehr nicht weiter gewachsen ist – trotz steigender Einwohnerzahl, so Jähnigen. „Die bisher beschlossenen Maßnahmen sind bei Weitem nicht ausreichend, um die gesetzlich geforderte Qualität der Luft zu erreichen“, schätzt Jähnigen allerdings ein. Nachholbedarf habe Dresden zum Beispiel am Körner- und Schillerplatz, wo die Stickstoffdioxidbelastung besonders hoch sei und es für Fahrradfahrer und Fußgänger bisher keine befriedigende Lösung gebe. Und die Einführung von
Tempo 100 auf den stadtnahen Autobahnen werde vom Land leider abgelehnt.

Für die blaue Cargo-Tram der Gläsernen Manufaktur bieten sich nach einer Prüfung keine neuen Einsatzmöglichkeiten, wie gedacht. Im Gegenteil: Derzeit stehen die beiden Straßenbahnen im Depot, da die Produktion am Straßburger Platz vorübergehend eingestellt wurde. Der Bau der neuen Stadtbahnstrecke zwischen Löbtau und Strehlen dauert voraussichtlich bis 2021. Von Pförtnerampeln, die den Autoverkehr in die Innenstadt hinein dosieren, ist die Stadt wieder abgerückt. Auf der Leipziger Straße sei das nicht möglich. Auf Radeburger und Hansastraße würde dagegen die grüne Welle reichen, um Staus in Richtung Zentrum zu verhindern. Auf der Nürnberger Straße soll die neue Stadtbahn Entspannung bringen.

Radfahrer bekommen Schutzstreifen

Ein Radwegekonzept hat Dresden bis heute nicht. Dabei werden 17 Prozent aller Wege mit dem Fahrrad erledigt, rechnet die Stadt vor. Das wäre dreimal so viel wie Anfang der 90er-Jahre. Im Herbst soll erst einmal der Radweg am Käthe-Kollwitz-Ufer zwischen Goetheallee und Fetscherstraße ausgebaut werden. Die Hamburger, Bremer, Magdeburger und Parkstraße erhalten dieses Jahr zumindest Schutzstreifen.

„Insgesamt sollte bei der Suche nach geeigneten Maßnahmen auch das Park-and-Ride-Konzept fortgeschrieben werden“, sagt Eva Jähnigen. Darin sollten auch Bike+Ride-Plätze eine Rolle spielen. Besonderen Bedarf sieht die Umweltbürgermeisterin beispielsweise an der Königsbrücker Straße und aus Richtung Weißig.

2016 ist der Feinstaub-Tagesgrenzwert an der Bergstraße schon sechsmal überschritten worden, am Hauptbahnhof zweimal und am Neustädter Bahnhof viermal. Görlitz kommt dagegen auf zwölf, der Leipziger Westen auf 15 Überschreitungen. Die EU gibt vor, dass die Grenze an höchstens 35 Tagen im Jahr gebrochen werden darf.