Merken

Dresdens Kitas leeren sich

Erst wurde für die Jüngsten gebaut und gebaut. Jetzt zeichnet sich ein Ende des Kinderbooms ab.

Teilen
Folgen
© dpa

Von Sandro Rahrisch

Einen Kitaplatz für sein Kind zu finden, ist eines der wichtigsten Anliegen junger Eltern. Kaum sind Sohn oder Tochter geboren, beginnt für viele schon die Suche. Dass in den letzten Jahren trotz Babybooms niemand abgewiesen werden musste, ist den 11 600 Plätzen zu verdanken, die seit 2008 von der Stadt zusätzlich geschaffen wurden. Genau diese könnten aber schon bald ungenutzt bleiben. Die Statistiker rechnen damit, dass die Zahl der Kinder ab 2020 deutlich zurückgehen wird.

„Die wilden Jahre sind vorbei“, sagte Dresdens Bildungsbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU) am Donnerstag. Er geht davon aus, dass in drei Jahren 200 und in sechs Jahren rund 1 200 Plätze nicht mehr gebraucht werden. Tendenz sinkend. In Dresdens Kreißsälen werde zwar weiterhin Hochbetrieb herrschen. Klar sei aber auch, dass es viele junge Familien ins Umland zieht. Weitaus stärker als in den letzten Jahren. „Die Baupreise für Eigenheime in Dresden sind gestiegen“, sagt Kita-Eigenbetriebsleiterin Sabine Bibas. Da seien die Nachbarlandkreise mit günstigeren Bodenpreisen durchaus verlockend.

Ein weiterer Grund für die sinkende Nachfrage: In ihrer letzten Prognose rechnete die Stadt noch fest damit, dass der Flüchtlingsstrom anhalten wird und damit auch Hunderte Kinder zusätzlich betreut werden müssen. „Das hat sich so nicht bewahrheitet“, sagt Bibas. Für die Stadt bedeutet die Trendwende eine gewisse Entspannung. Die neuen Kitas mussten schnell gebaut werden. Wäre der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz nicht erfüllt worden, hätte Dresden vermutlich eine Entschädigung an die Eltern zahlen müssen. Auch so war das Bauprogramm ein finanzieller Kraftakt. Mehr als 250 Millionen Euro sind in Neubauten und Sanierungen geflossen.

Gerade erst eröffnete Kitas wieder schließen oder gar abreißen, will die Stadt aber nicht. „Wir werden die Einrichtungen als Reserve behalten“, sagt Bibas. Wer wisse schon, ob die aktuelle Bevölkerungsprognose nicht in ein, zwei Jahren nach oben korrigiert werden muss. Die Ansiedlung eines großen Unternehmens oder ein neuerlicher Flüchtlingsstrom könnten die Zahlen auf einen Schlag wieder durcheinanderwirbeln. „Und es ist nicht einfacher geworden, in Dresden ein Grundstück zu kaufen und eine Kita darauf zu bauen.“

Vor der vermuteten Trendwende liegen noch drei Jahre. Bis dahin wird die Zahl der Kinder leicht steigen. Besonders groß ist der Bedarf an Plätzen derzeit in den Ortsämtern Neu- und Altstadt sowie in Blasewitz und Cotta. Dort wünschen sich so ziemlich alle Eltern einen Betreuungsplatz für ihre Kinder im Kindergartenalter. Deshalb werden bis 2020 noch einmal 863 neue Plätze entstehen, zum Beispiel an der Malterstraße in Löbtau und an der Lößnitzstraße in der Leipziger Vorstadt. Ein Teil soll angemietet werden.

Für die Zeit nach der Kehrtwende will sich die Stadt stärker auf die Sanierung älterer Kitas konzentrieren. Die ersten, die nach der Wende gebaut wurden, haben inzwischen 20 Jahre auf dem Buckel. Außerdem möchte Kita-Chefin Sabine Bibas mehr Kraft in die inhaltliche Arbeit mit den Kindern lenken. So wird zusammen mit der Evangelischen Hochschule ein Projekt für die Kleinsten angeschoben. Kurz gesagt geht es darum, dass sich die Kinder wohl-, wertgeschätzt und unterstützt fühlen. Ob das der Fall ist, soll in dem Projekt herausgefunden werden. Ein Konzept gibt es schon. Jetzt geht es darum, es zu erproben. „Wir hoffen, dafür bald Fördermittel vom Land zu bekommen“, so Bibas. Weitergeführt werden auch Projekte zur Erziehung und Förderung von Kindern aus sozial schwierigen Verhältnissen.