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Dresdens beste Gärtner

Der Wanderpokal Flora für die schönste Sparte geht nach Cotta. Dort klappt das Zusammensein der Generationen.

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© Matthias Rietschel

Von Annechristin Bonß

Mit einem plötzlichen Platzregen können die Kleingärtner wohl am besten umgehen. Erstens kommt er immer dann, wenn das Beet schon gegossen ist. Und zweitens kann der Kleingärtner sowieso nichts daran ändern. Wenn es regnet, regnet es. Und so ziehen Dresdens Gartenfreunde die Verleihung beim Wettbewerb um die schönste Anlage am Sonntag stoisch durch, auch wenn es in Strömen gießt.

Die lobenden Worte für die Sieger von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) verklingen tonlos beim Platschen der Tropfen auf die schützenden Zeltdächer. Fotografen versuchen verzweifelt, die Kameratechnik zu schützen. Und die vorher noch heiße Gulaschsuppe im Plastiknapf hat nun einen wässrigen Beigeschmack.

Egal. Die Sieger stört das nicht. Stolz hält Ronald Klot den Keramik-Pokal „Flora“ in die Höhe. Der 48-Jährige ist der Vorsitzende der Anlage Gartenfreunde II in Cotta. Gleich bei der zweiten Teilnahme am Wettbewerb haben die 136 Mitglieder den Sieg errungen.

Von 16 Bewerbern haben sie das diesjährige Motto „Kleingärten im demografischen Wandel“ am besten umgesetzt. So haben die Cottaer zwar den Altersschnitt in der Sparte innerhalb von drei Jahren von 74 auf 52 gesenkt. Die älteren Mitglieder sind ihnen aber dennoch wichtig. Wer altersbedingt einen Garten abgeben muss, erhält für sechs Euro im Jahr eine Schlüsselmitgliedschaft.

Damit kann er auch jenseits der Öffnungszeiten zum Schwatz vorbeikommen. „Viele ältere Mitglieder lieben die Anlage und wollen uns verbunden bleiben“, sagt Ronald Klot. Vier dieser Schlüssel hat er schon vergeben. Nun planen er und die anderen Kleingärtner, einen Seniorengarten samt Grillplatz einzurichten. Den könnten die Schlüsselmitglieder dann gestalten.

Für die Jüngsten in der Anlage gibt es bereits schon eine eigene Parzelle. Vor einer Woche wurde der Obst- und Naschgarten eröffnet. Fünf Kitas aus der Umgebung kommen regelmäßig her. Jede hat ein eigenes Beet, auf dem die Kinder selbst pflanzen und ernten können.

Zu den 136 Gartenfreunden gehören über 30 Kinder. Immer mehr kommen dazu. Die sollen sich hier wohlfühlen. Die Ostereiersuche in der Anlage gehört zur Tradition. Auf dem Festplatz wird gemeinsam gefeiert. Zur 100-Jahr-Feier im kommenden Jahr soll dort auch das Toilettenhaus fertig sein. Das Preisgeld von 1 000 Euro kann dabei helfen.

Im kommenden Jahr können sich Dresdens Gärtner zum Motto „Kleingarten macht Schule“ bewerben. Bewusst haben sich die Organisatoren aus der Stadt und vom Stadtverband für dieses breite Thema entschieden. Denn bisher scheinen sich viele Anlagen nicht zu trauen, eine Bewerbung abzugeben.

Von stadtweit 360 Sparten haben seit 2006 nur 60 am Wettbewerb teilgenommen. „Die Beteiligung ist ausbaufähig“, sagt der Geschäftsführer Frank Hoffmann. Denn es lockt nicht nur der Hauptpreis. Gemeinsam haben die Mitglieder der Teilnehmer ihre Anlagen ausgebaut und verschönert, um die Jury zu überzeugen. So auch die Vorjahressieger, die Cossebauder aus der Sparte „Am Tummelsbach“. An der Streuobstwiese und dem Festplatz wurde nun der Preis übergeben. „Die Bewerbung wertet jede Anlage auf“, sagt Frank Hoffmann.

Ein anderes Problem wird er wohl nicht so schnell lösen können. Bei 23 000 Parzellen im Stadtgebiet spricht er von einem Leerstand von 0,4 Prozent. Bis zu drei Jahre warten Bewerber auf einen freien Garten.

Doch freie Flächen, um neue Anlagen einzurichten, sind rar, besonders in Wohnortnähe. Teils sind die Sparten durch Bauprojekte bedroht, werden verkleinert oder müssen ganz weichen. So in Reick und Gruna, wo ein großes neues Wissenschaftsgebiet geplant ist. „Wenn neue Wohngebiete entstehen, sollte Platz für Gärten eingeplant werden“, fordert Frank Hoffmann und fügt ein hochgestecktes Ziel hinzu. „Jeder Dresdner sollte Kleingärtner werden.“

In Cossebaude zeigt der Regen schließlich Gnade. Der Pokal ist übergeben. Das Fest geht weiter. Schon stehen sie wieder nach der Gulaschsuppe an. Die Fachberatung zu Biotopen und Teichbau beginnt – unter freiem Himmel. Die Sonne scheint. Und die Kleingärtner sind zufrieden.