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Städtische Musikschule in Planung

Das Heinrich-Schütz-Konservatorium soll zum Eigenbetrieb werden. Die Probleme mit den Eltern löst das nur bedingt.

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© Christian Juppe

Von Annechristin Bonß

Es sind die wohl größten Veränderungen, die es im Heinrich-Schütz-Konservatorium je gegeben hat. Vor 20 Jahren wurde die Einrichtung als Verein gegründet, als Nachfolger der städtischen und der Landesmusikschule. Nun soll daraus ein kommunaler Eigenbetrieb werden. Darüber informierte am Montag Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke). Der Stadtrat soll im Herbst die Umfirmierung beschließen. Vorausgegangen sind umfangreiche Gespräche zwischen Verein, Mitgliedern aller Fraktionen und dem Kulturbeirat. Die hatten bereits unter Führung des alten Kulturbürgermeisters Ralf Lunau (parteilos) begonnen. Nun ist die Vorlage fertig. Eine derartige Kommunalisierung im Kulturbetrieb habe es so noch nicht gegeben, sagt nun seine Nachfolgerin im Amt.

Geschäftsführerin Kati Kasper freut sich nicht nur darauf, sondern auch über die städtischen Pläne. Die will die Musikschule zum kommunalen Eigenbetrieb machen.
Geschäftsführerin Kati Kasper freut sich nicht nur darauf, sondern auch über die städtischen Pläne. Die will die Musikschule zum kommunalen Eigenbetrieb machen. © Christian Juppe

Dem neuen Eigenbetrieb soll mindestens das gleiche Budget zur Verfügung stehen, das der Verein auch jetzt aus der kommunalen Kulturförderung bekommt. Das sind in diesem Jahr 2,2 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der Kreuzchor bekommt derzeit 2,7 Millionen Euro von der Stadt pro Jahr. Im Heinrich-Schütz-Konservatorium werden von dem städtischen Geld sowie mit den Kursgebühren knapp 70 volle Personalstellen finanziert, die Mieten für die 59 Standorte bezahlt sowie der Einsatz der 190 freien Mitarbeiter honoriert.

Geht es nach Annekatrin Klepsch, soll sich die Stadt ihre kommunale Musikschule jedoch noch mehr kosten lassen. So sei mit den Honorarkräften ein Stufenmodell vereinbart worden, wonach deren Bezahlung schrittweise steigen soll. Deutschlandweit ist der Unmut der freien Mitarbeiter in Kultureinrichtungen über geringe Honorarsätze groß. Will der neue Eigenbetrieb das Stufenmodell umsetzen, würde das für ihn allein im ersten Jahr Mehrkosten in Höhe von 190 000 Euro bedeuten. Außerdem müssten im städtischen Haushalt noch einmal 650 000 Euro bereitstehen, die für sieben zusätzliche Vollzeitstellen im Eigenbetrieb benötigt werden.

Die Kulturbürgermeisterin hofft, dass sie sich nicht nur mit der Idee vom Eigenbetrieb, sondern auch mit den finanziellen Forderungen durchsetzen kann. Rückenwind kommt von Klaus Gaber, dem Vorstandsvorsitzenden im Heinrich-Schütz-Konservatorium. Er sieht den nun vorgeschlagenen Schritt als zwingend notwendig. Bei über 6 000 Schülern und 3 000 Übungsstunden pro Jahr sowie dem immensen finanziellen Aufwand sei die Organisation als Verein nicht dauerhaft möglich gewesen. Zwar habe die Einrichtung eine extrem gute Entwicklung genommen, die Akzeptanz und die kulturpolitische Bedeutung sind groß. Dennoch habe es auch Risiken gegeben. „Als Eigenbetrieb können wir langfristig die Existenz sichern“, sagt er. Und dazu die Anzahl der Schüler noch einmal steigern.

Ob sich allerdings mit der neuen Struktur auch die aktuellen Probleme lösen lassen, bleibt offen. Die Frage nach den Standorten des Konservatoriums, vor allem für den Tanzunterricht, sorgt derzeit für Unruhe unter den Eltern. Die fordern, dass langfristig mehrere Standorte dafür erhalten bleiben. Bisher finden diese Kurse in der Loge an der Bautzener Straße und der Tanzschmiede Tenza in der Johannstadt statt. Ab dem Sommer kommt ein Tanzsaal im Kraftwerk Mitte hinzu.

Eigentlich wollte das Heinrich-Schütz-Konservatorium die Tenza aufgeben. Das haben die Eltern mit ihren Protesten jedoch verhindert. Nun findet dort wenigstens noch drei Tage in der Woche Tanzunterricht statt. „Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Tanzsäle pro Woche bleibt erhalten“, sagt Geschäftsführerin Kati Kasper. Ob das allerdings auch noch in einem Jahr gilt, bleibt offen. Der Vertrag samt festen Mieten für die Loge gilt nur noch bis zum Sommer 2017. Erst Ende dieses Jahres sollen Ergebnisse aus den Verhandlungen bekannt werden. Mit der Ungewissheit wollen die Eltern nicht leben. „Zufrieden sind wir mit dem aktuellen Stand nicht“, sagt Vertreter Ronald Schwarz.

Stadt und Geschäftsführung haben indes zugesagt, dass es auch künftig Kurse in allen Stadtteilen geben soll. Inwieweit das für einzelne Standorte umsetzbar ist, hängt von den Verhandlungen und möglichen Mietsteigerungen ab. Kati Kasper ist sich sicher, dass auch der Eigenbetrieb an den bisher 59 Standorten in Kitas, Schulen und anderen Mietobjekten festhält.

Auch bei den freien Mitarbeitern der Musikschule gibt es Unmut. Sie fühlen sich bei den Gesprächen zum Trägerwechsel nicht mitgenommen. Viel zu spät und kaum gleichberechtigt seien sie zu Wort gekommen, sagt Christian Scheibler, Geschäftsführer im Deutschen Tonkünstlerverband, der die freien Mitarbeiter vertritt. Generell seien die Honorarkräfte optimistisch gegenüber dem Trägerwechsel eingestellt, auch was das vorgeschlagene Stufenmodell angeht. Wenn im Herbst der Stadtrat den neuen Eigenbetrieb beschließt, könnte der im kommenden Jahr starten. Scheitert das Vorhaben oder dauert länger, finden die Kurse dennoch statt. „Auch als Verein wird das Heinrich-Schütz-Konservatorium im nächsten Jahr finanziert“, sagt Annekatrin Klepsch.