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Dresden im Weltraum

Fast 40 Firmen aus der Region produzieren für die Luft- und Raumfahrt. Das ist kein Zufall.

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© DLR/dpa

Von Jana Mundus

Deutschland steckt in jedem Flugzeug. Mit diesem Satz hat Wolfgang Göhler schon manchen Gesprächspartner überrascht. „In jedem Flieger weltweit ist Technik von hier verbaut“, sagt er. 17 Prozent der Flugzeuge werden sogar direkt in Deutschland hergestellt. Göhler kennt sich aus. Der Geschäftsführer der Coswiger Hoch Technologie Systeme GmbH (HTS) ist zudem Vorsitzender des Kompetenzzentrums Luft- und Raumfahrttechnik Sachsen/Thüringen (LFT) mit Sitz in Dresden. Gerade die Region um die Landeshauptstadt sei für die Branche eine wichtige Größe. Rund 40 Firmen und 18 Forschungseinrichtungen sorgen hier für neue Ideen am Himmel und im Weltraum.

Rosetta und Tschurjumow-Gerassimenko wird Göhler wohl nie vergessen. Die Sonde und der Komet gehören zur Erfolgsgeschichte der europäischen Raumfahrt. Im vergangenen Jahr wurde die Kometenjagd-Mission offiziell beendet, an der auch HTS einen Anteil hatte. Die Antennen der Rosetta und der Mechanismus, der diese steuerte, wurden in Coswig mitentworfen. „Das hat damals natürlich für Aufsehen gesorgt“, erinnert er sich. Eher im Verborgenen arbeiten in Dresden auch viele andere Firmen daran, dass Flugzeuge, Raketen und Satelliten sicher unterwegs sind.

Schon 2001 gründete sich das Netzwerk LFT, um die Luft- und Raumfahrtindustrie in Sachsen und Thüringen voranzubringen. Die beteiligten Dresdner Unternehmen sind Experten für Materialien und Werkstoffe, entwickeln Technologien für die Herstellung notwendiger Werkzeuge oder ersinnen Simulationsverfahren. Neben der Elbe-Flugzeugwerke GmbH gehört auch die Firma AOA dazu. Der Apparatebauer ist Experte für Frischwasserbereitstellung und Abwasserentsorgung an Bord von Flugzeugen und sorgt dort für Brandmeldesysteme. Die Mitarbeiter bei IMA Dresden kümmern sich um die Prüfung wichtiger Bauteile für die Luftfahrt. Flugzeughersteller wie Airbus, Embraer oder Augusta nutzen Produkte der Firma ADZ Nagano Sensortechnik aus Ottendorf-Okrilla. Sie kommen beim Treibstoffmanagement und in Klimaanlagen zum Einsatz.

Deutschlandweit habe sich Sachsen auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrt etabliert, sagt Wolfgang Göhler. 7 000 Menschen arbeiten im Freistaat in dieser Branche und sorgen in 160 Firmen und Forschungseinrichtungen für 1,4 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. Nicht umsonst habe das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein neues Institut in Dresden eröffnet. Die besondere Symbiose von Forschung und Wirtschaft am Standort sei für solche Projekte eben attraktiv.

Damit das so bleibt, müssen sich die Akteure neuen Fragen stellen. In der Luft- und Raumfahrt geht es in Zukunft um Themen wie die Senkung des Brennstoffverbrauchs, die Lärmreduzierung oder neue Werkstoffe. „Und um neue Methoden für die Fertigung“, erklärt Göhler. Gerade im Bereich des 3-D-Drucks gäbe es in Dresden großes Potenzial. Schicht für Schicht entstehen dabei komplexe Bauteile. Doch solche neuen Prozesse und Produkte müssen zertifiziert sein, um für die Luft- und Raumfahrt eingesetzt zu werden, wo Sicherheit eine große Rolle spielt. Wie solche Zertifizierungen aussehen müssen, ist momentan aber noch unklar. Lernen könne die Branche aber von einem anderen Dresdner Vorbild, fügt er hinzu. Der Carbonbeton wurde in der Landeshauptstadt erfunden – und revolutioniert nun die Baubranche weltweit.