Von Kay Haufe
Eine Stadt wippt. Zwei Tage lang, ganz öffentlich. Wenn Dixieland auf den Straßen erklingt, hält es die Dresdner nicht zu Hause. Da verwandelt sich die Brühlsche Terrasse in eine riesige Kulisse der Dixie-Parade und klar: Tausende wippen. So wie schon einen Tag zuvor, als die Prager Straße einem einzigen Konzertplatz gleicht. „Ihr habt das echt drauf“, sagt Roland Amati bewundernd. Der Schweizer aus Schaffhausen hat im Fernsehen eine Dokumentation des Vorjahres-Festivals gesehen und war fasziniert. „Da wollte ich unbedingt auch mal dabei sein. Jetzt hat es geklappt inklusive Riverboatshuffle. Im Original ist das Festival noch viel besser“, sagt er und wundert sich über sich selbst. Denn zu Hause sei er kein Konzertgänger. „Aber die Dresdner Stimmung steckt an.“
Angesteckt hat es auch Jens und Angelika. Zur Musik der ungarischen Hot Jazz Band tanzen sie in der Centrum Galerie. Lindy Hop nennt sich ihr Stil, der in den 1930er-Jahren in den USA populär war und als Vorläufer von Jive, Boogie-Woogie und des Rock ’n’ Roll gilt. Für ihre Einlage ernten sie bewundernde Blicke. Und wer will, kann das bei den beiden sogar erlernen. Ihr Tanzstudio Jam Circle befindet sich im Zentralwerk auf der Riesaer Straße 32.
Doch wer muss tanzen, wenn das mit dem Wippen so gut klappt. Und noch dazu verbindet. Seriöse ältere Herren fangen plötzlich damit an, Kinder werfen die Arme in die Luft. „Mir gefällt, dass die ganze Stadt ein Lächeln im Gesicht trägt“, sagt Mario, ein Banjospieler, der am Sonnabend zum nächsten Auftritt eilt.
Stolze 47 Jahre gibt es das Festival bereits. Und achtet peinlich darauf, dass die Begeisterung für den Oldtime-Jazz in der Stadt am Leben nicht ausstirbt. Schon die Jüngsten werden mit dem Dixieland-ABC an die Musik herangeführt, immerhin eine der beliebtesten Veranstaltungen des ganzen Festivals.
Das Wippen müssen die Mädchen und Jungen dabei nicht lernen. Die meisten sind mit der Musik schon auf den Hüften ihrer Mütter oder auf den Schultern der Väter groß geworden. Eingewippt sozusagen.