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Dresden boomt: Wer gewinnt, wer verliert?

Die Landeshauptstadt zieht an. Was diese Entwicklung für die Kommunen im Osterzgebirge bedeutet.

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© Grafik: SZ

Von Tobias Winzer und Maik Brückner

Osterzgebirge. Rund 582 600 Einwohner wird Dresden im Jahr 2030 zählen, wenn man der neuesten Bevölkerungsprognose glaubt. Und es ist schon jetzt absehbar, dass auch die Umlandgemeinden von der Anziehungskraft profitieren. Wie aus einer aktuellen Statistik der Landeshauptstadt hervorgeht, haben Freital, Heidenau, Bannewitz, Wilsdruff und Pirna in den vergangenen drei Jahren im Vergleich mit allen Dresdner Umlandgemeinden besonders viele neue Einwohner aus Dresden gewonnen. Aber auch zwei Städte im Osterzgebirge profitieren offenbar zunehmend vom Wachstum. Die Sächsische Zeitung analysiert, was das für die Region bedeutet.

Umland gewinnt Dresdner

Die Zahlen: Freital hat die größten Gewinne, auch Dipps profitiert
Besonders groß sind die Gewinne für Freital. Alle Umzüge zwischen Freital und Dresden zwischen Mitte 2014 und Mitte 2017 einberechnet, ergibt sich ein Plus von exakt 601 Menschen. Heidenau hat 407 Dresdner hinzugewonnen. Etwas bescheidenen fallen die Zahlen für das Osterzgebirge aus. Hier profitieren Dippoldiswalde und zunehmend auch Glashütte vom Boom der Landeshauptstadt. Demnach konnte Dippoldiswalde im genannten Zeitraum ein Plus von 19 verbuchen. Glashütte schaffte es zwischen Mitte 2016 und Mitte 2017 auf einen kleinen Überschuss von vier. Das ist wenig, aber im Vergleich zu den anderen Kommunen des Osterzgebirges der zweitbeste Wert.

Die Gründe: Niedrige Mieten, freie Wohnungen und bezahlbarer Baugrund
Vom Sommer 2016 bis zum Sommer 2017 sind nach Angaben der Stadt Dresden gut 1000 Menschen mehr ins Umland gezogen, als in die Landeshauptstadt kamen. „Das betrifft vor allem Familien mit Kindern“, so das Dresdner Rathaus. Ein Grund: In Dresden ist es schon jetzt schwierig, kleinere Wohnungen für Singles und größere für Familien zu finden. Für etwa jeden Fünften sind günstigere Mieten ausschlaggebend für einen Umzug, wie aus der letzten Dresdner Bürgerumfrage hervorgeht. Außerdem sind der Wunsch nach mehr Ruhe und Naturnähe Gründe für den Wegzug. Das alles können nicht nur die Kommunen am Stadtrand von Dresden bieten. Auch das Osterzgebirge wird interessant. „Das Wachstum von Dresden führt sicher dazu, dass mehr Menschen im sogenannten Speckgürtel Wohnungen oder Bauland suchen und sich dieser Speckgürtel räumlich ausweitet und dass dieser auch unsere Stadt immer mehr erreicht“, sagt Glashüttes Bürgermeister Markus Dreßler (CDU). Und auch seinem Amtskollegen in Dipps, Jens Peter (parteilos), ist nicht entgangen, dass sich zunehmend Dresdner für Bauland in seiner Stadt interessieren. Das sei hier preiswerter zu haben als in Dresden. Auch die Höhe der Kaltmieten ist sehr unterschiedlich. Laut Internetportal Immobilienscout24 liegen die in Dresden zwischen 6,50 und zehn Euro und in Dippoldiswalde bei fünf Euro. Die Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde verlangt im Schnitt 5,20 Euro pro Quadratmeter, in ausgewählten Lagen aber auch 8 Euro, sagt Genossenschaftsvorstand Falk Kühn-Meisegeier. Auch er spürt eine größere Nachfrage, die vor zwei, drei Jahren einsetzte. Allerdings stammten die Interessenten aus dem oberen Kreisgebiet.

Die Folgen I: Neue Wohnungen und Bauland werden gebraucht
Glashütte will am Boom der Landeshauptstadt teilhaben. Deshalb wurde die Erarbeitung eines Flächennutzungsplanes in Auftrag gegeben, um besser Bauland entwickeln zu können. „Und wir hoffen, dass sich Investoren finden, die das Bauland dann erschließen und vermarkten“, sagt Dreßler. Dafür braucht es auch und vor allem die Unterstützung der Grundstückseigentümer der geeigneten Flächen. Das werde eine der größten Herausforderung sein, denn die Bereitschaft Land zu verkaufen, ist aktuell nicht sehr ausgeprägt. Die Landtagsabgeordnete Andrea Dombois (CDU) ist fest davon überzeugt, dass die Nachfrage nach Baugrund stärker werden wird. Noch wachsen die Baugebiete im Speckgürtel rund um Dresden. Doch dieser werde größer, und davon werden auch Städte wie Glashütte profitieren, erklärte sie jüngst bei einem Treffen in Glashütte. Auch in Dippoldiswalde hat man sich auf eine größere Nachfrage eingestellt. Auf der Fläche oberhalb der Schmalspurbahn soll das Baugebiet Wolframsdorfer Straße erweitert werden. Dort könnte Platz für neun neue Eigenheime geschaffen werden.

Die Folgen II: Die Einwohnerzahlen steigen wieder an
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Glashütter kontinuierlich gesunken. Dieser Trend habe sich trotz anderslautender Prognose abgeschwächt, sagt Dreßler. Er sieht durchaus Chancen, dass die Zahl wieder ansteigt. Auch in Dipps sieht man eine Trendwende. Ende 2017 hatte die Stadt 14568 Einwohner, hieß es aus dem Rathaus. Das waren 18 weniger als zur Jahreswende zuvor. In Vergleich zu den Vorjahren war der Verlust bedeutend geringer.

Die Folgen III: Steigende Nachfrage nach Kitaplätzen
Der Zuzug junger Familien stellt die Kommunen auch vor Herausforderungen. So wird der Bedarf an Kita-Plätzen steigen. Die Stadt Glashütte hat sich vor Kurzem Luft verschafft, in dem sie die Kita in Schlottwitz erweitert hat. Durch den Ausbau wurde deren Kapazität beinahe verdoppelt, statt der bisher acht Krippen- und 32 Kindergartenplätze stehen seit dem Herbst 2017 genau 26 Plätze für Kinder ab einem Jahr sowie 48 Plätze für Kinder ab drei Jahren zur Verfügung. In Dipps ist man noch nicht so weit. Genossenschaftsvorstand Falk Kühn-Meisegeier verweist auf die Dr. Friedrichs-Straße. In diesem Bereich gibt es zu wenig Kindergartenplätze. Das räumt auch Oberbürgermeister Peter ein. „Die Schaffung neuer Kitaplätze ist eine der größten Herausforderungen.“ Deshalb hat sich das Rathaus schon Gedanken gemacht, wo zusätzliche Kita-Plätze entstehen könnten. Grundsätzlich gibt vier Möglichkeiten. So könnte der Kita Wasserflöhe in Paulsdorf Räume nutzen, die in seiner Nachbarschaft freigeworden sein. In Schmiedeberg wird über eine Aufstockung beziehungsweise einen Neubau nachgedacht und in Dipps könnte ein früheres Gebäude des Berufsschulzentrums umgebaut werden. Auch eine Erweiterung der Kita am Firstenweg wird noch geprüft. Um die beste Lösung zu finden, vergleichen Fachleute derzeit Varianten. Das Ergebnis soll bis Mitte des Jahres vorliegen.

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