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Dresden baut wie nie

Zwischen Panik und Gelassenheit schwanken die Meinungen beim Wohnen. Wie es wirklich ist: eine Analyse.

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Von Bettina Klemm

Dresden wächst seit 1999 ununterbrochen. Damit ist der einst hohe Wohnungsleerstand gesunken. Die Stadt braucht bis 2025 etwa 2 000 neue Wohnungen pro Jahr. Es wird derzeit nahezu überall im Stadtgebiet gebaut. Allein die zwölf großen Bauträger, die sich als Stadtgestalter Dresden zusammengeschlossen haben, schaffen derzeit 1 500 Wohnungen.

Doch reicht das aus? Mitarbeiter der Stadtplanung haben mit dem Wohnungsmarktbericht 2014 eine Übersicht geliefert. Das Dokument wird in den Ausschüssen diskutiert und soll mit einem Wohnkonzept wahrscheinlich im Oktober dem Stadtrat vorgelegt werden.

Wohnungszahl: Seit 1990 gibt es eine Zunahme um 18 Prozent.

Die Zahl der Wohnungen ist in Dresden von 1990 von rund 250 000 auf fast 294 000 Ende 2013 gestiegen. Ab etwa 2003 stagnierte der Wohnungsbau, es gab Abrisse. Seit 2011 steigt die Zahl der Baugenehmigungen und Fertigstellung neuer Wohnungen wieder. Es wird so viel in der Stadt gebaut wie lange Zeit nicht. Große innerstädtische Projekte wie am Postplatz, in der Lingnerstadt und am Bahnhof Mitte sind in Vorbereitung.

Abriss: Fast 9 000 Wohnungen wurden in Dresden zurückgebaut.

Stadtumbau Ost hieß das Programm, mit dem der Abriss von Wohnungen staatlich gefördert wurde. Zwischen 2002 und 2013 verschwanden so 8 900 Wohnungen vom Dresdner Markt. Allein 2005 fielen 1 433 Wohnungen der Abrissbirne zum Opfer. Das sind etwa so viele Wohnungen wie derzeit gebaut werden. Mit 5 200 Wohnungen hat die Woba/Gagfah einen Anteil von etwa 60 Prozent am Abriss. 20 Prozent entfallen auf die Genossenschaften.

Leerstand: Die Stadt gibt die Quote mit fünf Prozent an.

Vor 14 Jahren standen je nach Wohnungstyp zwischen 15 und 35 Prozent der Wohnungen leer. Im Bericht werden derzeit noch über 14 Prozent für die Innere Altstadt und Loschwitz angegeben. Als Grund wird eine hohe Lärmbelastung genannt. In Stadtteilen wie Striesen-Süd und Seevorstadt-Ost gibt es nur etwa drei Prozent unbewohnte Wohnungen. Über alle Bestände hinweg gibt die Stadt eine Quote von 5,3 Prozent an. In diesem Jahr wird sie deutlich niedriger sein.

Alter: Fast die Hälfte der Wohnungen wurden vor 1946 errichtet.

Trotz der Kriegszerstörungen verfügt Dresden noch über reichlich Altbauten. 28,2 Prozent der Wohnungen sind bis 1918 entstanden. Sanierte Häuser aus der Gründerzeit zählen zu den begehrtesten Immobilien. Weitere 18 Prozent der Dresdner Wohnungen sind bis 1945 errichtet worden. Damit ist fast die Hälfte vor 1946 gebaut. Mehr als ein Drittel aller Wohnungen gehen auf das DDR-Wohnungsbauprogramm zurück. Zwischen 1990 und 2013 wurden 17,8 Prozent Wohnungen gebaut.

Eigentum: Die Stadt besitzt fast keine Wohnungen mehr.

Mit dem Verkauf der Woba ist der Anteil kommunaler Wohnungen auf 0,1 Prozent gesunken. Die Gagfah verfügt über 12,7 und die Wohnungsgenossenschaften über 20,3 Prozent. Privaten Vermietern gehört etwas mehr als die Hälfte aller Wohnungen. 15,7 Prozent der Dresdner leben in den eigenen Häusern und Wohnungen, konkret sind das 32 000 Haushalte in Eigenheimen und 14 000 in selbst genutzten Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern. Die rot-grün-rote Stadtratsmehrheit hat beschlossen, dass die Bildung einer neuen kommunalen Wohnungsbaugesellschaft vorbereitet wird.

Mieten: Geringverdiener geben fast die Hälfte ihres Einkommens dafür aus.

Seit 2006 sind die Mieten in der Stadt um mehr als 20 Prozent gestiegen. Der Dresdner Mietspiegel weist für die Stadt insgesamt eine durchschnittliche Kaltmiete von 5,74 Euro pro Quadratmeter aus. Die Spanne reicht von 3,59 bis 8,17 Euro. Zwischen neun und 14 Euro verlangen Vermieter für die gerade fertig gewordenen Wohnungen im Stadtzentrum. Haushalte mit einem Einkommen bis zu 750 Euro geben mehr als die Hälfte davon für das Wohnen aus Bei gut verdienenden Familien mit mehr als 4 000 Euro monatlich sind es 16 Prozent des Einkommens. Die Durchschnittswohnfläche beträgt 67,8 Quadratmeter.

Erste Kritik: Familien, Alte und Ausländer sind zu wenig beachtet.

Zur ersten Lesung fand die Vorlage viel Zustimmung. Deutliche Kritik äußerte aber die künftige Sozialbürgermeisterin Kris Kaufmann (Linke). Das Thema Wohnen soll künftig in ihrem Geschäftsbereich angesiedelt sein. „Wir sind bei alten Rezepten, Eigenheime für junge Familien am Stadtrand. Doch genau das wollen heutzutage die meisten gar nicht“, sagt sie. Ein Konzept für studentisches Wohnen fehle, und das Thema Zuwanderung wurde viel zu wenig beachtet. Auch für den Umbau der Wohnungen für Senioren müsste deutlich mehr getan werden.