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Dreizehntbester Bumerangwerfer der Welt

Noch drei Monate, dann steigt die Bumerang-WM in Kiel. Als Favoriten auf den Titel gelten nicht etwa Australier - sondern Deutsche und Amerikaner. Einer von ihnen ist der Dresdner Nils Bürger.

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© dpa

Von Violetta Kuhn

Halle. Hunde macht diese Sportart verrückt. Sie wollen dieses seltsam geformte Stöckchen fangen - und rennen dann konsequent in die falsche Richtung. Denn das Stöckchen ist ein Bumerang und fliegt im Kreis, zurück zu Nils Bürger. Und der fängt fast immer.

Der 32-jährige gebürtige Dresdner ist in der Rangliste seiner Zunft der beste Bumerangsportler Ostdeutschlands und der dreizehntbeste der Welt. Über einen Uni-Kurs kam er zu dem Sport, in Australien schliff er sein Talent. Jetzt läuft für ihn der Countdown: In knapp drei Monaten steigt die Bumerang-Weltmeisterschaft in Kiel. Hier will der Sportlehrer sich mit 160 anderen Liebhabern der Wurfhölzer aus aller Welt in verschiedenen Disziplinen messen. Für die meisten davon braucht es Platz. Viel Platz.

Nils Bürger hat sich zum Training eine große Wiese in seinem Wohnort Halle ausgesucht - doch seine schnittigsten Modelle packt er hier nicht aus. „Sonst landen die dahinten an den Laternen“, sagt er. Oder noch schlimmer: am Kopf des älteren Herren, der gerade am anderen Ende der Wiese durch den Park spaziert. Weiter als 60 Meter können einige von Bürgers Bumerangs fliegen.

Ein kurzer Windtest mit abgerupftem Gras, das Bürger in die Luft wirft, dann schleudert er ein rotes Kunststoff-Exemplar. Es knattert und surrt, als der Bumerang losfliegt, das Geräusch entfernt sich und kommt dann mit Macht zurück. Bürger läuft ein paar Meter - und fängt. Bei der WM gäbe das schon etwas Punktabzug. In der Königsdisziplin „Australische Runde“ beispielsweise geht es darum, den Bumerang über 50 Meter weit zu werfen und möglichst auch da zu fangen, wo er losgeflogen ist - im innersten Kreis des Wurffeldes, dem Bullseye.

Dafür kommt es nicht nur auf die Wurftechnik an - fast senkrecht und stark angedreht -, sondern auch auf den Wind. In einem Backpacker-Rucksack hat Bürger passende Bumerangs für alle Verhältnisse mitgebracht: Sperrholz-Exemplare, Carbon-Versionen und biegsame Schaumstoff-Dreiflügler. „Man braucht viele verschiedene Bumerangs für jede Disziplin“, erklärt er. 300 bis 400 hat er sich bisher selbst aus Rohlingen und Ästen zurechtgesägt und -gefeilt. Manche sind mit Münzen beschwert, andere haben Löcher in den Spitzen.

So ausgereift waren Bumerangs nicht immer. Der älteste, der je gefunden wurde, flog stur geradeaus - und stammt nicht etwa aus Australien, sondern aus dem heutigen Polen, wie der Präsident des Deutschen Bumerangclubs, Eckhard Mawick, berichtet. Das Wurf-Gerät ist demnach schätzungsweise 25 000 Jahre alt, besteht aus Wollhaarmammut-Stoßzahn und wurde in einer Höhle in den Karpaten gefunden. Dieser fast ein Kilo schwere Uralt-Bumerang wurde geworfen, um Wildtieren die Knochen zu brechen, so Mawick.

Solche Jagdwurfhölzer habe es zu unterschiedlichen Zeiten fast überall auf der Welt gegeben - auch in Australien. Dort wurden auch die im Kreis fliegenden Bumerangs erfunden. Die Aborigines hätten sie hauptsächlich zu kultischen Zwecken genutzt, erklärt Mawick. Das Wort Bumerang steht in ihrer Sprache sowohl für die „Rückkehrer“ als auch die „Geradeaus-Flieger“.

Bürger ist nicht nur wegen der spannenden Geschichte Fan der „ältesten Trendsportart der Welt“, wie er sagt. Auch der Teamgeist gefällt ihm. Sollte mal ein Bumerang bei einem Wettkampf kaputtgehen, sei meist ein Konkurrent zur Stelle und biete Ersatz an. „Das kann man sich kaum vorstellen in einer anderen Sportart“, sagt Bürger. Vom arbeitslosen Künstler bis zum Konzerngeschäftsführer sei alles dabei.

Bumerangclub-Präsident Mawick beschreibt die 190 Vereinsmitglieder als eine „Versammlung sympathischer Spinner“. Geld verdienen lasse sich mit dem Sport nicht. „Wer bei uns Weltmeister wird, kriegt eine Urkunde und einen kitschigen Pokal“, sagt der 72-Jährige. Und die Deutschen hätten gute Chancen auf den Titel: Seit Jahrzehnten hätten sie gemeinsam mit den Amerikanern die Nase vorn, auch wenn das amtierende Weltmeister-Team aus Japan stammt.

Zuschauer können sich die neuntägige WM auf einer ehemaligen Pferderennbahn in Kiel übrigens kostenlos anschauen - nur ihre Hunde sollten sie besser anleinen. (dpa)