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Dreckecke Niederauer 52

Das Areal gehört dem Kabelwerk, und auch das städtische Gelände daneben verfällt weiter.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Die einzigen, die hier noch regelmäßig ihrer Arbeit nachgehen, sind die Polizisten, die in schöner Regelmäßigkeit die zu schnellen Autofahrer blitzen. Ansonsten zeichnet sich die Niederauer Straße 52, es ist das letzte Grundstück stadtauswärts vor dem Albert-Mücke-Ring durch „gepflegte“ Tristesse aus. Direkt an der Straße steht ein einstöckiger Leichtbau, eine Art Baracke. Dort sei einmal ein Konsum drin gewesen, erklären die Leute, die schon lange im Mücke-Ring wohnen. Kommt man aus Richtung Niederau, dann ist etwas von „Fundgrube“ an der Stirnwand der Baracke zu lesen. Das deutet auf die Zeiten hin, da sich hier ein Laden für Billigprodukte befunden hat.

Das Gebäude der angrenzenden ehemaligen Sprachheilschule hat wohl keine Zukunft.
Das Gebäude der angrenzenden ehemaligen Sprachheilschule hat wohl keine Zukunft. © Claudia Hübschmann

Die Baracke an der Niederauer und der weiter hinten liegende Flachbau sind durch einen großen betonierten Hof verbunden. Aus den Fugen zwischen den Betonplatten spießen Gras und erste Gebüsche. Hier hatte einmal für kurze Zeit ein Holzhandel aus Chemnitz seine Waren gestapelt. Aber schon nach etwa einem Jahr musste er die Segel streichen. Eingeworfene Laternen künden davon, dass das Areal einmal bessere Zeiten erlebt hat. Etwa, als der Flachbau Wohnheim für Arbeiter aus dem sozialistischen Ausland gewesen ist. So für Ungarn, die im benachbarten Kabelwerk gearbeitet haben. Und dem Kabelwerk gehört das gesamte Areal nach wie vor.

„Was damit wird, wissen wir nicht genau, bislang haben wir noch keinen vernünftigen Interessenten dafür gefunden“, erklärt Lars Balzer, einer der beiden Geschäftsführer des Balzer Kabelwerks Meißen, auf SZ-Nachfrage. Eigentlich sei das Areal als eine potenzielle Erweiterungsfläche für das Unternehmen gedacht gewesen, aber jetzt sei es zur Vermietung frei. Er wolle dort nicht gerade einen Getränkehandel, aber ein Auto- oder ein Fahrradhaus könne er sich schon vorstellen, so Balzer. Das heißt, dass hier investiert werden könnte, was bedeutet, dass es langfristige Mietverträge geben würde: „Interessenten können sich jederzeit an mich wenden.“

Das ist Zukunftsmusik. Die Realität ist, dass das Areal, derzeit eine der Dreckecken der Stadt ist. Sie schließt sich nahtlos an ein ebenfalls trostloses Gebiet an: die ehemalige Sprachheilschule am Albert-Mücke-Ring. In DDR-Zeiten als Kindergarten erbaut, „muss sie abgerissen werden, weil dort Asbest verbaut worden ist“, erklärte die Geschäftsführerin der Stadtentwicklungsgesellschaft Seeg kürzlich beim Stadtteilgespräch zu Bohnitzsch und Nassau. Allerdings gebe es dafür noch keinen Termin. Denn anders als ein öffentlicher Besitzer, etwa Stadt oder Landkreis, erhalte die Seeg als GmbH keine Förderung für den Abriss von Gebäuden.

Wichtiger als die alte Sprachheilschule sei der Seeg die fortlaufende Sanierung der Wohnblöcke, inklusive Anbau von Balkonen und Fahrstühlen, wie es am Block mit der Hausnummer acht schon geschehen sei. Allerdings „kann ich mir einen Wettbewerb zur Gestaltung des Areals der Sprachheilschule vorstellen“, so Birgit Richter. Denkbar sei für sie der Bau eines Wohnhauses für Familien und öffentliche bzw. private Nutzung von Grünland.

Neben der Niederauer Straße 52 steht ein kleines Gehöft, bestehend aus Wohnhaus, Scheune und Schuppen. Der Frau, der das gehörte, habe es das Kabelwerk abgekauft. Die Frau sei in eine Wohnung im Albert-Mücke-Ring gezogen, erzählt ein alter Herr, der gerade den Müllbeutel wegbringen will. Das Kabelwerk habe dort eine Zimmerei errichten wollen, um die Kabeltrommeln selbst herstellen zu können. Doch dann kam die Wende – bis heute geblieben sind die Ruinen des Gehöftes.