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Dr. Tedros bewältigt sein Kindheitstrauma

Mit dem Äthiopier steht erstmals ein Afrikaner an der Spitze der Weltgesundheitsbehörde (WHO).

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© dpa

Von Christiane Oelrich

Mit sieben Jahren erlebte der frischgebackene Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Tedros Adhanom Ghebreyesus sein größtes Trauma. „Ich verlor meinen Bruder, er war fünf“, erzählt Tedros immer wieder. Der Kleine starb an einer Krankheit, die eigentlich behandelbar ist, hätte das Gesundheitswesen in der Heimat des Äthiopiers damals funktioniert. Der Schmerz über den Verlust treibe ihn bis heute an, sagt Tedros. „Meine Vision ist eine Welt, in der jeder Einzelne unabhängig von der Herkunft und egal, wo er lebt, ein gesundes und produktives Leben leben kann.“

Tedros studierte Infektionskrankheiten in Großbritannien und machte einen Doktor in öffentlichem Gesundheitswesen. 2005 wurde er Gesundheitsminister in Äthiopien und weitete den Gesundheitsdienst deutlich aus. Daneben leitete er internationale Initiativen gegen Malaria, Tuberkulose und Aids. Er habe die Versorgung in seinem Land umgekrempelt, er könne auch die WHO erneuern, sagte Tedros vor seiner Wahl zum Generaldirektor in Genf.

Reformen sind dringend nötig. Die WHO war bei der Ebola-Krise in Westafrika 2014 viel zu langsam in die Gänge gekommen. Bei der Frage nach seinen Reformvorhaben bleibt er schwammig, er wolle manche Projekte stärker mit Geldmitteln ausstatten, andere wenn nötig auch einstellen.

Kritik kommt vor allem aus dem Lager der Exil-Äthiopier, die vor Gewalt und Terror der Sicherheitskräfte geflohen sind. Tedros war von 2012 bis 2016 Außenminister. Er verteidigt die Regierung, die im Oktober den Ausnahmezustand verhängt hat und Proteste gegen Staatswillkür rigoros unterdrückt. „Unsere Regierung steht hinter Demokratie, Menschenrechten und allem“, sagt der 52-Jährige. In der Vergangenheit wurden Vorwürfe laut, Tedros habe als Gesundheitsminister Cholera-Epidemien verschwiegen, um seine Bilanz nicht zu gefährden. Er hat das zurückgewiesen. Vor dem UN-Gebäude in Genf haben Exil-Äthiopier protestiert und Tedros als „Agenten eines Unterdrückerregimes“ bezeichnet.

In Genf stellte sich Tedros als Modellfunktionär dar: „Ich werde die Organisation und mich selbst von unabhängigen Prüfern überwachen lassen“, versprach er.