SZ +
Merken

Dorfwirtschaft mit Bergbautradition

Seit 40 Jahren ist der Glückauf-Gasthof fest in der Hand von Familie Meiling. Dabei sind hier alle Quereinsteiger.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Annett Heyse

Am Anfang gab es hier so gut wie nichts. Keine Tische, kein Geschirr, keine Theke. „Wir hatten noch nicht mal einen Topf“, erinnert sich Karlheinz Meiling. Nur ein paar alte Polsterstühle mit Metallrahmen standen im Keller. Und eine sechs Quadratmeter große Küche. Doch Karlheinz Meiling und seine Ehefrau Andrea ließen sich nicht entmutigen. Über der Konsum-Genossenschaft richteten sie ihren „Glückauf“-Gasthof ein, am 1. März 1975 wurde die Oberhermsdorfer Bergmanns-Schänke wiedereröffnet. Kürzlich konnte die Familie ihr 40-jähriges Betriebsfest feiern.

Die Gaststätte an der Oberhermsdorfer Hauptstraße aber existiert schon deutlich länger. Nachweislich bereits in den 1880er-Jahren gab es hier ein Schankrecht. Es gibt ein Foto von 1906, da gehörte die Fleischerei mit Ausschank einem Max Kiehsling. Von 1912 ist ein Vertrag mit der Felsenkellerbrauerei über die Bierlieferung bekannt. Jahrzehntelang blieb die Wirtschaft Anlaufpunkt für die durstigen Oberhermsdorfer Bergleute, wenn sie aus den Freitaler Steinkohlebergwerken von der Schicht nach Hause kamen.

Doch in den 1960er-Jahren geriet der Dorfgasthof ins Schleudern. Die Pächter wechselten, Anfang der Siebzigerjahre schloss das Haus. In der ersten Etage wurde ein Kindergarten eingerichtet, im Anbau ein Konsum. Dann bewarb sich das Ehepaar Meiling um das „Glückauf“. Nicht, dass sie von Gastronomie viel Ahnung gehabt hätten. Karlheinz Meiling ist gelernter Elektriker, seine Frau arbeitete damals als zahnärztliche Sprechstundenhilfe. Kann so jemand ein Lokal führen? „Wir wollten einfach gemeinsam arbeiten, um uns unsere Zeit auch besser einteilen zu können“, begründet Meiling. Die ganze Familie packte mit an, Meilings Eltern halfen in der Anfangszeit. Und die Wirtschaft brummte, es gab ja sonst nicht viel.

Vor allem die Kegelbahn zog die Gäste an. „Einmal im Jahr wurden dafür die Termine vergeben, da standen die Leute Schlange“, erinnert sich der Gastwirt. Seine Kinder wurden im Lokal groß. Sohn Andreas half als Steppke auf der Kegelbahn, später kellnerte er mit. Heute ist er der Chef, gemeinsam mit seiner Schwägerin Michaela Meiling. Auch die jüngere Generation, die vor fünf Jahren den Gasthof übernahm, sind Quereinsteiger. Andreas Meiling lernte wie sein Vater Elektriker, seine Schwägerin Wirtschaftskauffrau. Doch auch wenn heute die Jüngeren am Ruder sind, die Philosophie, die man sich nach der Wende zurechtlegte, ist geblieben: Das „Glückauf“ ist ein Dorfgasthof mit einfachen herzhaften Essen zu günstigen Preisen geblieben. Die hausgemachte Sülze ist noch heute ein Renner. „Manche nehmen sich sogar eine Portion mit nach Hause“, berichtet Michaela Meiling.

Alles andere änderte sich ab 1990. Die Meilings kauften das Haus und bauten es schrittweise um. Die Räumlichkeiten wurden erneuert, vergrößert, verschönert. Und man hatte endlich die Möglichkeit, sich der Tradition zuzuwenden: Im Gasthof wurde eine Bergmanns-Stube eingerichtet. Die Grubenlampen, Helme, Arbeitsgeräte brachten die Kumpel mit, die ab 1993 im „Glückauf“ jedes Jahr am 23. Dezember Mettenschicht feiern. Nun ist die Gaststätte seit 40 Jahren in Hand der Familie Meiling. Und wie 1975 helfen die Senioren mit – Karlheinz und Andrea Meiling stehen noch in der Küche oder hinter dem Tresen.