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Dorfhains Gallier auf Brautschau

Die Gallier mussten einst die Angriffe der Römer abwehren. In Dorfhain zwingt nun die Geldnot zur Aufgabe der Bastion.

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Von Ines Mallek-Klein

Es ist kühl im Saal des Vereinshauses. Dorfhain muss sparen. Auf 1,6 Millionen Euro summieren sich die Schulden der kleinen Gemeinde. Da kann die Heizung schon mal kalt bleiben. Die Mehrzahl der 40 Gäste, die zur Einwohnerversammlung gekommen waren, behielt deshalb die Jacke gleich an. Dabei versprach das einzige Thema auf der Tagesordnung durchaus eine hitzige Debatte. Es ging um nicht mehr und nicht weniger als die Zukunft von Dorfhain.

Die Bewohner des kleinen gallischen Dorfes sind nach reiflichen Überlegungen bereit, ihre Eigenständigkeit aufzugeben. „Große Kreisstadt Freital“ soll künftig auf dem gelben Ortseingangsschild stehen. So sieht es ein Beschluss des Gemeinderates vor. Wer auf der Veranstaltung in Dorfhain mit heftigen Protesten von Bürgern gerechnet hatte, der wurde enttäuscht. Es scheint, die Dorfhainer fügen sich in ihr Schicksal.

Zur Elefantenrunde eingeladen

Wie das aber genau aussieht, weiß selbst Bürgermeister Olaf Schwalbe (CDU) nicht, wie er offen zugibt. Denn längst ist nicht sicher, ob der Landkreis und vor allem das sächsische Innenministerium ihr Einverständnis zu der Verbindung geben. Es gäbe da noch einige Hindernisse, hatte Landrat Michael Geisler (CDU) in einem Brief wissen lassen.

„Wir müssen erst mal prüfen, welche Chancen die Fusion mit Freital hat und welche Fragen noch zu klären sind“, sagt Bürgermeister Schwalbe. Er hat dazu zu einer Elefantenrunde eingeladen. Daran sollen Landrat Geisler, ein Vertreter aus dem Innenministerium, der Chef der Rechtsaufsicht des Kreises, Wahlkreisabgeordneter Roland Wöller, Freitals Oberbürgermeister Klaus Mättig (CDU) und der komplette Gemeinderat von Dorfhain zusammenkommen. Danach weiß man Genaueres.

Dorfhain soll sein Licht nicht unter den Scheffel stellen, sagte Susann Mende. „Dorfhain ist vielleicht keine reiche Braut, aber dafür eine Schöne“, sagt die CDU-Kreisrätin. Sie hoffe deshalb auf eine Liebesheirat mit Freital.

Vorausgesetzt, die Stahlstadt will sich überhaupt mit den als eigensinnig geltenden Galliern einlassen. Immerhin, einige Freitaler hatten sich zu dem Treffen vorige Woche auf den Weg nach Dorfhain gemacht, „um einen Eindruck zu gewinnen“, wie Peter Heinzmann sagte. Er sitzt für Die Linke im Freitaler Stadtrat. Nach Dorfhain ist er aber als Privatmann gekommen, genauso wie sein CDU-Kollege Norbert Mayer. Er warnt vor zu viel Euphorie bei der Fusionsdebatte. „Wir müssen erst mal ein Gefühl füreinander bekommen“, so Mayer. Die Braut Dorfhain sollte dem Bräutigam die Chance einräumen, sie richtig kennenzulernen. Schon allein deshalb sei aber die Dorfhainer Idee, dass die Fusion bereits bis zum 1. Juli 2012 vollzogen sein könne, unrealistisch. Das sieht Norbert Frost nicht anders. Der Christdemokrat vermisst aber vor allem von Freitaler Seite die Offenheit in der Fusionsdebatte.

Erst auf Drängen hat die Stadtverwaltung den Briefwechsel mit Dorfhain gegenüber den Stadträten offengelegt. Sie konnten sich deshalb noch keine echte Meinung bilden, genauso wenig wie Freitaler Bürger, räumt Norbert Frost ein. Auch er warnte vor überzogenen Erwartungen. Frost riet der kleinen Gemeinde, genau zu analysieren, was ihr wichtig ist und das in einem möglichen Eingemeindungsvertrag festzuhalten. Schriftlich. Frost weiß, wovon er redet. Nachdem sein Wohnort Pesterwitz erfolgreich die Ehe mit Dresden ausgeschlagen hatte, wurde man Teil der Stahlstadt.

Der Dorfhainer Gemeinderat hat unterdessen seinen internen Zeitplan für die Fusion korrigiert. Bis zum Jahresende soll das Ja-Wort gefallen sein. Damit würde man sich auch noch die Hochzeitsprämie sichern. Sie könnte in den Abbau der Schulden fließen.