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Dolly wird Fall fürs Gericht

Vom Hundegebell fühlt sich der Frankenthaler Kai-Uwe Kunath belästigt – und von Behörden im Stich gelassen.

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© Steffen Unger

Von Carolin Menz und Ingolf Reinsch

Frankenthal. Beide sagen: „Wir wollen nur unsere Ruhe.“ Sie sagen es voneinander getrennt. Miteinander sprechen sie nicht. Kai-Uwe Kunath und seine Partnerin und Familie Huhle aus Frankenthal streiten seit Monaten. Kunaths sagen, sie fühlen sich um ihre Nachtruhe gebracht, weil Huhles Hunde tags und nachts bellen. Huhles sagen, die Hunde bellen nur, wenn sie provoziert werden. Zwei Parteien und gegenseitige Vorwürfe. Und dazwischen Anzeigen, Briefwechsel und die Behörden.

Kai-Uwe Kunath und seine Partnerin könnten kaum eine Nacht durchschlafen. „Man hält es nicht aus“, so Kai-Uwe Kunath. „Manchmal bellt der Hund bis zu zwölfmal in der Nacht.“ Vor allem störe die Schäferhündin der Huhles, aber auch Hunde in deren Tierpension bellten immer wieder, sagt Kai-Uwe Kunath, selbst Hundebesitzer. „Wir können wegen des Lärms nicht bei offenem Fenster schlafen.“ Es sei unzumutbar für ihn, der krankheitsbedingt schwer Luft bekäme. Und für seine Partnerin, die beruflich behinderte Menschen betreue. Wochenlang führte Kai-Uwe Kunath über „nächtliche Störungen“ Protokoll. Listete akribisch Tage und Zeiten auf, zu denen Hunde anschlugen. Mal waren es zwei Minuten am Stück, mal dreißig, sagt er. Mit dem Handy nahm er Bellen vom Fenster aus auf. Die Protokolle übergab er Frankenthals Bürgermeisterin Kerstin Otto. „Ich erwartete, dass sie etwas gegen die nächtliche Lärmbelästigung unternimmt.“ Er selbst sei auch nachts zum Haus der Huhles gegangen, um zu schauen, warum der Hund bellt. „Wir fordern, dass die Nachtruhe eingehalten wird. Warum werden die Hunde nachts nicht eingesperrt?“

Hundebesitzer streiten die Vorwürfe ab

Etwa 200 Meter von Kunaths entfernt wohnt Familie Huhle. „Wir schlafen sehr gut“, so Tilo Huhle. Ihr Schlafzimmer läge über den Zwingern von Hündin Dolly und den Pensionshunden. Bis zu sechs Tiere dürfen Huhles eigenen Angaben zufolge in vorübergehende Pflege nehmen, zwei Hunde besitzen sie privat. Sie streiten die Vorwürfe ab – und erheben selbst Vorwürfe gegen Kai-Uwe Kunath. „Die Hunde bellen nicht jede Nacht. Natürlich schlagen sie kurz an, wenn Fuchs oder Waschbär herumschleichen“, sagt Katrin Huhle. Und natürlich würde Wachhund Dolly bellen, wenn er provoziert werde. „Wir haben oft beobachtet, wie Herr Kunath nachts mit der Taschenlampe bei uns herumschlich. Kein Wunder, dass der Hund anschlägt. Die Bellzeiten in den Lärmprotokollen von Herrn Kunath entsprechen den Zeiten, zu denen er bei uns herumschlich“, so Tilo Huhle. Zudem sei es unmöglich, aus der Ferne auszumachen, welcher Hund im Dorf belle. „Wegsperren werde ich die Hunde nicht. Wir haben die Zwingeranlage schon für den Lärmschutz mit Holz verkleidet“, so Tilo Huhle. 2001 erhielten Huhles die Baugenehmigung für die Tierpension. „Verstöße dagegen sind derzeit nicht ersichtlich“, so Kreissprecherin Frances Lein auf Anfrage. Auch der zuständige Amtstierarzt habe bei einer Kontrolle im April keine Mängel festgestellt.

Kai-Uwe Kunath besteht auf sein Recht auf Ruhe. Er sieht Behörden in der Pflicht – und sich von diesen hingehalten. „Bürgermeisterin und Ämter unternehmen nichts, meine Beweise will niemand sehen.“ Außer „zwei netten Anschreiben“ an Huhles habe die Großharthauer Verwaltung als zuständige Ortspolizeibehörde nichts unternommen. „Ich will die Gemeinde zum Handeln zwingen, es muss Auflagen geben“, sagt Kai-Uwe Kunath. Den Hinweis der Gemeinde, er könne privat gegen Lärmbelästigung klagen, kontert er: „Für nächtliche Ruhestörung ist die Gemeinde zuständig.“

Er ließ mehrere Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die Bürgermeisterin und Ende September eine Anzeige wegen angeblicher Rechtsbeugung folgen. „Die Gemeinde Großharthau unternimmt keine Anstrengungen, eine angezeigte Ordnungswidrigkeit abschließend zu bearbeiten“, so Kunath. Sowohl Kerstin Otto als auch Sabine Clemens, Großharthaus Hauptamtsleiterin, weisen den Vorwurf der Untätigkeit zurück. Die Bürgermeisterin versuchte, im Streit zu vermitteln, um „die Situation in der Nachbarschaft nachhaltig zu verbessern und langwierige Ordnungswidrigkeits- und Gerichtsverfahren zu vermeiden“. Nach mehreren Dienstaufsichtsbeschwerden und übersandten Beschwerden und Lärmprotokollen sehe sie „die Grenzen zur Beilegung der Spannungen und damit die rechtlichen und faktischen Möglichkeiten einer ehrenamtlichen Bürgermeisterin längst erreicht“, schrieb Kerstin Otto im August als Reaktion auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen sie ans Landratsamt, die der SZ vorliegt. Nunmehr sei Verwaltungshandeln gefragt, welches nur das zuständige Ordnungsamt leisten kann. Auch in Großharthau sieht man die Möglichkeiten ausgeschöpft. Es gab Gespräche mit Kai-Uwe Kunath und den Vorschlag, den Friedensrichter einzuschalten.

Prüfen, ob eine Belästigung vorliegt

Kunaths sind bislang die einzigen in der Nachbarschaft, die sich wegen des Hundelärms beschweren. Wären es mehrere Nachbarn, sehe die Sache anders aus, heißt es in Großharthau. So unterstellt man Kai-Uwe Kunath und seiner Partnerin „subjektives Empfinden“ in puncto Lärmbelästigung. Bei andauerndem Hundelärm könne eine Ordnungswidrigkeit vorliegen. Es müsse überprüft werden, ob eine Belästigung der Allgemeinheit oder eines Einzelnen vorläge. Sind mehrere Nachbarn betroffen, schreite die Behörde ein, heißt es dazu im Rechts- und Kommunalamt. Kai-Uwe Kunath: Auch andere Nachbarn störe das Gebell.

Die Dienstaufsichtsbeschwerden wurden im Landratsamt bearbeitet. Kunaths Vorwurf, man würde auch dort ihr Anliegen nicht ernst nehmen, weist die Sprecherin zurück. Ob es sich beim nächtlichen Gebell um eine Ordnungswidrigkeit handelt oder nicht, müsse die Gemeinde Frankenthal bzw. die Gemeinde Großharthau feststellen. In einer Antwort an Kai-Uwe Kunath vom 20. Juli verweist die Leiterin des Rechts- und Kommunalamtes Karin Hofmann auf den Friedensrichter. Huhles sind dazu bereit, Kai-Uwe Kunath nicht. „Wieso soll ich über die mir zustehende Nachtruhe verhandeln?“ Er wolle sich an den Petitionsausschuss im Bundestag wenden. Aus dem Landratsamt heißt es derweil, dass das Umweltamt den Fall prüfen und Immissionswerte messen werde.