Merken

Diskussion um Riesen-Windrad

Die Enso will bei Mohorn eine 150 Meter hohe Anlage bauen. Nun gibt es Gegenwind.

Teilen
Folgen
© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Mohorn. Flop, flop, flop – träge drehen sich am Ortsrand von Mohorn drei Windräder im trüben Herbstwetter. Doch während die Maschinen Strom ins Netz speisen, entbrennt gerade ein Streit um die Anlagen. Es geht dabei um ein viertes Windrad, das die Energie Sachsen Ost AG, kurz Enso, errichten möchte. Bereits im Juni verweigerten der Ortschaftsrat Mohorn und der Technische Ausschuss Wilsdruff die Zustimmung zu den Bauplänen. Kürzlich kam das Thema erneuert auf. Und wieder stimmten die Volksvertreter gegen das neue Windrad.

Denn Anwohnern, Ortschafts- und Stadträten sowie den Verantwortlichen in der Stadtverwaltung sind die Dimensionen der Anlage nicht geheuer. Die Enso plant sozusagen ein Riesen-Windrad. Mit 104 Meter Nabenhöhe und einem Durchmesser des Rotors von 92 Metern würde es die drei vorhandenen Windräder um 50 Meter und mehr überragen. Diese haben eine Nabenhöhe von 64 Metern, die Flügel messen 40 und 70 Meter im Durchmesser. Macht zwischen 84 und 99 Meter Höhe in der Spitze. So sei es auch im Regionalplan festgehalten, der für das „Windenergievorranggebiet Mohorner Höhe“ eine Beschränkung von maximal 100 Metern Bauhöhe vorschreibe, heißt es aus dem Wilsdruffer Rathaus.

Anderer Standort für das Windrad

Daran will auch die Enso nicht rütteln. Allerdings würde diese Höhenbeschränkung nur für Abstände innerhalb von 750 Metern zur Wohnbebauung gelten, heißt es vom Energieversorger. Liegen Einzelgehöfte in der Nähe, darf ein höheres Windrad sogar schon ab 350 Meter Entfernung stehen. Zudem seien diese Höhenbeschränkungen in Sachsen nicht gesetzlich vorgegeben. „Es handelt sich dabei um Empfehlungen“, räumt auch Mohorns Ortsvorsteher André Börner ein. Er ist zugleich Bauamtsleiter im Wilsdruffer Rathaus.

Genau dort will die Enso jetzt ansetzen. In einem Änderungsantrag, den sie kürzlich beim Landratsamt einreichte, geht es um eine Verschiebung des Standortes. Das Riesen-Rad soll demnach etwa 90 Meter weiter südöstlich gebaut werden. Dort stehe es besser, heißt es bei der Enso.

In Mohorn und Wilsdruff ist man alles andere als begeistert. Rein bürokratisch betrachtet würde die Windkraftanlage dann nämlich auf einer Fläche stehen, die im Flächennutzungsplan noch nicht mal als Windpark ausgewiesen ist. Allerdings stammt dieser Flächennutzungsplan aus dem Jahr 2004 und wird derzeit überarbeitet. In der neuen Version wird der Windpark auftauchen – das ist heute schon klar.

Bleibt der Wilsdruffer Stadtverwaltung unter anderem die naturschutzrechtliche Begründung. Dabei bemängeln der Wilsdruffer Ortschaftsrat und die Bauverwaltung der Stadt, dass aufgrund der Höhenüberschreitung eine Einzelfallprüfung erforderlich sei. „Diese liegt nicht vor“, teilte Bürgermeister Ralf Rother (CDU) mit. Stattdessen gebe es Gutachten, in dem zum Beispiel Schattenwurf und Lärmeigenschaften analysiert worden seien.

Schattenwurf ist auch das Stichwort, bei dem schon heute vielen Anwohnern nichts Positives einfällt. Als der Mohorner Windpark 1996 auf einer Fläche von fünf Hektar eingerichtet wurde, baute zunächst die Agrargenossenschaft Herzogswalde ein Windrad auf. Die Enso schloss sich an und errichtete eine in der Spitze 85 Meter hohe Anlage. Diese lieferte 18 Jahre lang Strom, bevor sie 2014 gegen ein höheres und leistungsfähigeres Windrad ausgetauscht wurde. Dieses ist 99 Meter hoch und liefert den dreifachen Ertrag. Und längere Schatten. „Die Flügelblätter der bestehenden Anlagen werfen im Frühjahr und Herbst lange Schatten über das Triebischtal bis in den Tharandter Wald hinein“, sagt Ralf Rother. Bebaute Bereiche von Mohorn und dem Ortsteil Grund seien ebenfalls betroffen.

Anlage soll in Senke stehen

Wie soll das Ganze erst wirken, wenn dann noch eine weitaus höhere Anlage auf dem Feld bei Mohorn stehe, fragt man sich im Ort. Die Wirkung sei gar nicht enorm viel größer, heißt es bei der Enso. „Das neue Windrad soll in einer Senke stehen. Dadurch erscheint es wesentlich niedriger in der Landschaft“, sagt Enso-Sprecherin Claudia Kuba. In Mohorn zweifelt man nicht nur das an. Vielmehr hat man hier das Gefühl, dass der Antrag „einige Ungereimtheiten aufweist“, wie Ortsvorsteher André Börner sagt. So bleiben beispielsweise Fragen zum Lärmpegel offen.

Viele fragen sich auch, warum es unbedingt so ein riesiges Windrad sein muss. Doch grundsätzlich gilt: je höher, desto leistungsfähiger. „Die im vergangenen Jahr in Deutschland errichteten Windenergieanlagen haben Nabenhöhen von durchschnittlich 123 Metern, Rotordurchmesser von 105 Metern und damit Gesamthöhen von 175 Metern“ heißt es bei der Enso. Insofern sei die geplante Mohorner Anlage doch eher mittelgroß.