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Direkter Querkopf

Engelbert Merz aus Hoyerswerda will Oberbürgermeister von Bautzen werden. Für das Amt an der Stadtspitze hat er eine sehr eigene Interpretation.

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© Uwe Soeder

Von Stefan Schramm

Auf der Friedensbrücke, mit der Silhouette der Bautzener Altstadt im Rücken, bezieht Engelbert Merz Position. „Ehrlich bin ich und sehr direkt“, sagt er von sich. Mit diesen Eigenschaften will er nun direkt auf den Chefsessel im Bautzener Rathaus. Wie er jetzt bekannt gab, beabsichtigt er, am 7. Juni zur Wahl des neuen Oberbürgermeisters der Stadt anzutreten.

Die Direktheit ist zugleich ein Bestandteil seines zentralen Zieles, das er für seine mögliche OB-Amtszeit ausgegeben hat: die Einführung der direkten Demokratie in Bautzen – nach Schweizer Vorbild. In unmittelbaren Abstimmungen über Sachfragen wird die eidgenössische Bevölkerung häufig in politische Entscheidungen eingebunden, in Deutschland fehlt die rechtliche Grundlage dafür. Dennoch: „Von Bautzen aus soll dieses System vorbildhaft auf andere Kommunen ausstrahlen“, träumt Merz. Wie er das umsetzen möchte, bleibt offen. Seine Vorstellung: Über seine Homepage sollen die Bautzener über sein Abstimmungsverhalten als Oberbürgermeister im Bautzener Stadtrat entscheiden. „Damit mache ich mich zum Sklaven der Wähler“, kommentiert Engelbert Merz.

Der 50-jährige alleinerziehende Vater einer Tochter stammt ursprünglich aus dem württembergischen Rosenberg. Die zweite Hälfte seines bisherigen Lebens hat der Katholik in der Oberlausitz verbracht. „Als ich 1990 auf der Autobahn erstmals hierher fuhr, sah ich die Sonne über der Stadt aufgehen und habe in Bautzen meine Liebe gefunden“, erinnert er sich an seine erste Begegnung mit der Stadt, die damals mit ihren vielen unsanierten Bauten noch ganz anders aussah als heute.

Der gelernte Maurer und staatlich geprüfte Hochbautechniker leitete bis 2000 in Hoyerswerda einen Wild- und Geflügelbetrieb, war unter anderem auf Märkten präsent. Danach war er eigenen Angaben zufolge in verschiedenen Berufen tätig, betätigte sich auch im Verkauf von Weihnachtsschmuck sowie im Recycling. Seinen heutigen Beruf umreißt Engelbert Merz etwa als Projektleiter in verschiedenen Gewerken, darunter auf dem Bau.

Als Jugendlicher engagierte er sich für die Schüler-Union und die Junge Union. Sein CDU-Parteibuch behielt er bis 2011. Im Juni 2013 rief er mit einigen Mitstreitern in Hoyerswerda die Kleinpartei „Die Alternativen“ ins Leben. Infolge von deren Nichtzulassung für die Bundestagswahl vor anderthalb Jahren trat er im Wahlkreis Bautzen–Hoyerswerda–Kamenz als Direktkandidat an und holte ohne großartigen Wahlkampf mehr als 2 000 Stimmen, zog also 1,3 Prozent der Wähler auf seine Seite.

Den Parteien abgeschworen

Anfang 2014 gehörte Engelbert Merz zu den Mitbegründern des Vereins „Mündige Bürger“, der einen „Schulterschluss für mehr Demokratie“ wagen wolle. Der Verein argumentiert, dass zwar Regierungen wechseln, deren Fehlentscheidungen aber von der Gesellschaft und künftigen Generationen getragen werden müssten. Den Parteien habe Merz, der im Hoyerswerdaer Ortsteil Bröthen wohnt, mittlerweile abgeschworen. „Wenn zur OB-Wahl nur Parteijünglinge antreten, wird sich nichts ändern“, sagt er. Seine Ziele glaubt Engelbert Merz bei Pegida in Dresden gut aufgehoben, wo er sich seit Oktober regelmäßig an den Kundgebungen beteiligt. Ein Widerspruch: Zwar seien ihm die rechten Kräfte zu radikal, jüngst habe er aber großen Gefallen am Auftritt des Islamkritikers Geert Wilders aus den Niederlanden gefunden. Die Demokratie und seine Freiheit liegen ihm am Herzen, begründet der 50-Jährige.

Das Thema Asyl hält Merz für ein großes Problem. Seine Forderung: Asyl für politische Flüchtlinge ja, Wirtschaftsflüchtlinge abschieben. „Die Stadt versteckt sich dabei hinter dem Landrat, der wiederum hinter der Landesregierung und so weiter. Das kann nicht sein“, so Merz. Die Asylsache werde auf die Kommunen abgewälzt. „Das soll nicht länger von oben nach unten entschieden werden, sondern von unten nach oben“, fordert Merz. Er sieht den OB als ersten Diener der Stadt – als jenen Mann, der den Bürgerwillen umzusetzen hat. „Als OB werde ich zu allen wichtigen Entscheidungen Volksbefragungen durchführen lassen und meine Stimme ans jeweilige Votum binden“, kündigt Merz an. Nicht er sei wichtig, sondern das Projekt.

Als OB wolle er zuerst „dieses Chefbüro in der oberen Etage, wo man wie ein Bittsteller hinkommt, durch einen kleinen Raum weiter unten ersetzen – und sei es ein Container.“ Per Umfrage wolle er dann die dringendsten politischen Probleme der Bürger ermitteln. Auch über das Lauencenter hätte er damals abstimmen lassen, sagt er. Dass er auf dem Weg zur OB-Kandidatur 100 Stimmen von Bürgern sammeln muss, die dafür extra die Stadtverwaltung aufsuchen müssen, empfindet Merz als „Klotz, der parteiunabhängigen Kandidaten in den Weg gelegt wird“. Die Lausitz sieht er als „Florida von Deutschland“ und will mehr bezahltes, altersgerechtes Wohnen. „Ob ich auf der Friedensbrücke erschossen werde oder auf meiner Sorbenburg in Bröthen sterbe, müssen die Bürger entscheiden.“