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„Direkte Anbindung Löbaus an Dresden wäre 1933 möglich gewesen“

Wie heute um die B178 kämpfte die Region bereits vor über 80 Jahren um eine Schnellstraße. Und war sich uneins dabei.

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Von Dietmar Rößler

Zittau. Der ehemalige Zittauer Mario Stecker lebt in Schwaben und erforscht seit Jahren die ehemaligen Straßenbau-Projekte in der Oberlausitz. Nun hat er eine spannende Straßenkarte entdeckt.

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Herr Stecker, war die Autobahnanbindung Zittaus vor über 80 Jahren schon genauso eine „unendliche Geschichte“ wie heute?

Man kann es so sehen. Das circa 15 Millionen Reichsmark teure Projekt der Zittauer IHK hätte bereits 1933 zu einer schnellen und direkten Anbindung des Zittauer Umfeldes an Dresden führen können.

Und warum kam es nicht dazu?

Weil die Entscheidungen in Dresden fielen. Der Ministerialrat und Vorstand der Straßenbaudirektion im Sächsischen Finanzministerium, Arthur Speck, seinerzeit „erster Mann“ im Sächsischen Straßenbau und Erfinder der kreuzungsfreien Anschlussstelle, auch „Speck-Semmel“ genannt, hatte andere Pläne für das Straßennetz der Oberlausitz.

Andere Pläne?

Ja, dabei ging es überwiegend um finanzielle Aspekte. Anfang der 1930er Jahre erfolgte, unabhängig von der Autobahnidee, auf Kosten der Reichsregierung der Ausbau wichtiger Straßen zu sogenannten Reichsstraßen. Ende 1933 hatte der Löbauer Stadtrat die Strategie, die geplante Autobahn Dresden-Breslau näher an die Stadt zu verlegen. Speck sah hier eine Möglichkeit, auf Kosten der Reichsregierung einen kurzen direkten Zubringer von Zittau über Löbau zu bauen.

Aber die Autobahn-Trasse war doch nicht verhandelbar?

Das war sie auch nicht. Wie Material aus dem Bundesarchiv beweist, ging Arthur Speck aber davon aus, dass man regionalen Einfluss nehmen könnte. 1935 musste er einsehen, dass dies nicht so war. Deshalb war der „Plan B“ der Löbauer, wenigstens eine Autobahn-Anschlussstelle möglichst nahe ihrer Stadt zu kriegen. Bei Weißenberg.

Und hatte dieser Plan Chancen?

Speck unterstützte ihn jedenfalls und setzte auf eine „West-Umfahrung“ Löbaus und eine Schnellstraße zur Autobahn. Ähnlich den derzeitigen Plänen. Gegen den Zittauer Vorschlag war er, weil er lieber ein Netz von Reichsstraßen in der Oberlausitz bauen wollte. Die von der Reichsregierung gebaut und unterhalten werden mussten. Auch sah er keinen Sinn, fast jede Ortschaft mit einer eigenen Auffahrt zu versehen. Auch war die angestrebte Geschwindigkeit 180 Kilometer pro Stunde auf dem bergigen und kurvenreichen Verlauf der Zittauer Trasse seiner Meinung nach nicht möglich.

Aber der favorisierte „B-178-Ausbau“ wurde ja nicht realisiert?

1936 wurde auf Antrag Sachsens die Landstraße Löbau-Zittau zur Reichsstraße 178. Speck gelang es nicht, den Löbauer Stadtrat von einer Westumfahrung zu überzeugen. Die Stadt entschied sich 1937 für eine Stadtdurchfahrt. Weitere Ausbaupläne im Verlauf der heutigen B 178, wie beispielsweise der Bau eines Rastplatzes bei Ottenhain oder eine Herrnhuter Umfahrung, wurde nicht umgesetzt. Eine Verlängerung bis zur 1940 fertiggestellten Anschlussstelle Weißenberg erfolgte ebenfalls nicht. Zittau war mit der Lösung nicht zufrieden. Das Straßen- und Wasserbauamt konnte in den 30er Jahren lediglich einige verkehrliche Verbesserungen umsetzen.Zum Beispiel Straßenbegradigungen an der B 96 bei Neusalza und am Oderwitzer Landberg.

Eine spannende Geschichte. Im Detail wird sie wohl erst in Ihrem geplanten Buch zum Autobahnbau in der Oberlausitz zu lesen sein?

Die Geschichte Rund um den Zittauer Vorschlag von 1933 finden Interessenten auf meiner Webseite www.autobahngeschichte-lausitz-mariostecker.com Dort kann man mich auch gerne kontaktieren - für Hinweise bin ich immer offen: [email protected]

Das Interview führte Dietmar Rößler.