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Die Ziesel verlassen Rudolfsdorf

Das Wiederansiedlungsprojekt der Tiere läuft aus. Ganz aufgeben will der Projektleiter indes nicht.

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© Archivfoto: Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Rudolfsdorf. Seit zehn Jahren bemüht sich der Riesaer Tierparkleiter Gerhard Herrmann, die Ziesel im Osterzgebirge wieder anzusiedeln. Unterstützt wurde er dabei vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Der hat sich nun aus der Finanzierung zurückgezogen. Deshalb läuft das Projekt aus, sagt Herrmann. Er selbst ist hin und her gerissen. „Sicher, der Standort in Rudolfsdorf war nur suboptimal.“ Allerdings sei es gelungen, hier eine Population aufzubauen.

Regelmäßig kam der Riesaer Tierparkleiter Gerhard Herrmann vorbei, um bei den Zieseln nach dem Rechten zu schauen.
Regelmäßig kam der Riesaer Tierparkleiter Gerhard Herrmann vorbei, um bei den Zieseln nach dem Rechten zu schauen. © Archivfoto: Egbert Kamprath
Das Gehege der Tiere im Osterzgebirge. Foto:
Das Gehege der Tiere im Osterzgebirge. Foto: © SZ/Maik Brückner

Nun bereitet er den Rückbau der Anlage vor. Bereits in diesem Sommer habe er deshalb begonnen, die Tiere einzufangen. Leicht sei das nicht gewesen, denn die auch als Krietschelmäuse bekannten Tiere sind scheu und zudem sehr flink. Schnell verschwinden sie im Erdreich. Deshalb sei es auch schwierig, eine verlässliche Zählung des Bestandes zu machen, sagt Herrmann. Er geht davon aus, dass noch mindestens zehn Ziesel im Gehege bei Rudolfsdorf wohnen. Bei seinem letzten Besuch habe er vier Ziesel außerhalb des Geheges und mindestens sechs drinnen gesehen. Zwei konnte er einfangen. Die hat er an den Natur- und Wildpark Waschleithe bei Grünhain-Beierfeld (Erzgebirgskreis) abgegeben. Auch die anderen, die er nach der Winterpause einfangen konnte, möchte er an Tiergehege der Region abgeben.

Trotz des Rückzugs des BUND setzt sich Herrmann weiter dafür ein, den Ziesel im Osterzgebirge wieder heimisch zu machen. Schließlich lebten sie hier vor über 50 Jahren noch in freier Wildbahn. Die Letzten sollen 1961 bei Geising gesehen worden sein. Dann verschwanden die Tiere – eine Folge der intensiven Graslandbewirtschaftung durch die großen Agrarbetriebe. Als die Wiederansiedlung 2006 startete, konnten die Zieselfreunde mithilfe der Liebenauer Agrar-GmbH im heutigen Altenberger Ortsteil Rudolfsdorf starten. Dort errichteten sie auf einer Wiese nahe der deutsch-tschechischen Grenze ein 300 Quadratmeter großes Gatter und setzten dort die ersten Ziesel – 17 Weibchen und vier Männchen – aus. Später kamen weitere Tiere dazu. Denn bei der Wiederansiedlung mussten Herrmann und seine Unterstützer immer wieder Rückschläge hinnehmen, weil die Ziesel viele Feinde haben. Dazu gehören die Greifvögel, das Hermelin und der Fuchs. Auch zu strenge Winter machen den Tieren, die die kalte Jahreszeit in Erdhöhlen verbringen, zu schaffen. Nicht wenige sind erfroren. Gerhard Herrmann ließ sich nicht entmutigen.

Auch nach dem jetzt angekündigten Rückzug des BUND will er weitermachen. Allerdings nicht in Rudolfsdorf. Wenn er die letzten dort lebenden Ziesel eingefangen hat, wird er das Gehege abbauen. Wo und wann er einen neuen Versuch der Wiederansiedlung starten wird, kann er noch nicht sagen. Das hänge vor allem von den Forschungsergebnissen einer jungen Studentin ab, die ihre Masterarbeit zu den Zieseln schreibt. Sie soll herausfinden, wo genau die letzten Ziesel, die in freier Wildbahn gelebt haben, gesichtet worden sind. „Dazu hat sie schon einige Erzgebirgler befragt“, sagt Herrmann.

Auch Frank Gössel wurde interviewt. Der Leiter des Wildparks Osterzgebirge konnte ihr nur indirekt weiterhelfen. „Ich habe ihr die Namen von älteren Bürgern gegeben, die vielleicht etwas dazu wissen“, sagt er. Ansonsten bemüht auch er sich um die Wiederansiedlung der Ziesel. Die sind aus der Sicht des Tierparks nicht ganz so attraktiv, weil die niedlichen Pflanzenfresser ein halbes Jahr nicht zu sehen sind, da sie da in Höhlen leben. Dennoch engagiert sich auch der Wildpark. Er übernahm in Abstimmung mit Herrmann die Fütterung der Ziesel in Rudolfsdorf.

Außerdem startete er seine eigene Auswilderungsaktion – und die läuft ganz gut. „Zurzeit haben wir sechs Ziesel, vier leben im Rotwildgehege“, sagt Gössel. „Dort oben scheint die Sonne und es ist trocken. Das scheint ihnen zu gefallen.“