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Die Wohnung der Zukunft

Umbauten, Hochtechnologie und computergestützte Systeme erleichtern nicht nur Senioren das Leben.

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© Sven Ellger

Die Zukunft des Wohnens hat in Dresden schon begonnen. Karsten Wendisch dreht an einer kleinen Kurbel. Lautlos fährt eine Gardinenstange nach unten. Fast wie bei einem Rollo. „Das ist vor allem für Senioren eine Riesenerleichterung“, sagt der Abteilungsleiter der Wohnungsgenossenschaft Aufbau (WG Aufbau). „Niemand muss mehr auf eine Leiter steigen, Gardinen lassen sich einfach im Sitzen abnehmen.“ Karsten Wendisch ist Experte für die Wohnung der Zukunft.

„Im Moment bekommen wir die meisten Anfragen zu Dingen, die die Bewegung im Lebensumfeld erleichtert“, sagt Wendisch. „Dazu zählen beispielsweise auch schwellenlose Türrahmen.“ Das hilft, Stürze zu vermeiden. In Bädern ist das für die Genossenschaft ein großes Thema. Am meisten gefragt seien derzeit Umbauten mit ebenerdigen Duschzellen und Sitzmöglichkeit. Senioren müssen dann nicht mehr in hohe Wannen steigen, sondern können einfach hineinlaufen und im Sitzen duschen. Mancher will vielleicht auch noch im hohen Alter ein Bad nehmen. Begehbare Wannen mit Glastür bis zum Boden erlauben auch dieses kleine Stück Alltagsluxus. Für die unterschiedlichen DDR-Wohnblocktypen hat die WG Aufbau maßgerechte Standardbäder entwickelt. Über 350 Wohnungen sind bislang so umgebaut worden, dass sie für Ältere oder Rollstuhlfahrer nutzbar sind. Dazu zählt auch der nachträgliche Anbau von Aufzügen an Wohnblöcken. Einen Nachteil haben individuelle Umbauten jedoch. „Für die Bewohner bringt das einen großen Nutzen“, sagt Wendisch. „Aber Nachmieter zu finden, ist dadurch deutlich schwerer.“

Angesichts der demografischen Entwicklung mit immer mehr Senioren in der Gesellschaft hat sich der Markt für Wohnausstattung in den letzten Jahren fast schon dramatisch verändert. „Es gibt sogar Toilettensitze, die ein Stück nach oben gefahren werden können, um das Aufstehen zu erleichtern“, sagt Wendisch. Auch die Elektronik wird eine immer größere Rolle in der Wohnung der Zukunft spielen. Das Bad wird dabei beispielsweise von einer Computeranlage überwacht. Kommt es zu einem Wasserleck, wird automatisch über Ventile das Wasser abgestellt. Die Anlage kann mehrere Räume überwachen. Stürzt eine Person im Wohnzimmer, lösen verborgene Sensoren in einem Spezialteppich einen Notruf an den Rettungsdienst aus. Forscher entwickeln derzeit auch computergestützte Systeme, die aus den Daten von Wasser- und Stromzählern sowie Bewegungsmeldern einen Lebensrhythmus errechnen können. Kommt es dann zu radikalen Veränderungen, reagiert das System und kann an vorher festgelegte Verwandte oder medizinische Dienste eine Notfallnachricht schicken. So zum Beispiel, wenn plötzlich kein Wasserverbrauch mehr gemessen wird.

Smartphone knipst das Licht an

Bewegungsmelder helfen auch dabei, Brände und schwere Gebäudeschäden aus Vergesslichkeit zu verhindern. So gibt es Herde, deren Sensoren während des Kochens überwachen, ob sich der Bewohner in der Küche bewegt. Wenn nicht, werden die Herdplatten nach maximal einer Viertelstunde automatisch ausgeschaltet. „Für Alzheimer- oder Demenzkranke kann das überlebenswichtig sein“, sagt Karsten Wendisch. Auch für körperlich eingeschränkte Mieter kann das Wohnen der Zukunft schon heute komfortabler werden. Dabei werden Backöfen separat in die Küchenzeile eingebaut. Der Platz unter den Kochplatten bleibt frei. So können Rollstühle unter den Herd gefahren werden.

Die neue Technik mit Sensoren und Elektronik ist nicht nur für den Bewohner selbst nützlich. Verwandte können bei Hilfebedürftigen über das Computersystem von außen in den Alltag eingreifen. Über Smartphones lassen sich Kameras, Rollläden und Lampen praktisch von der ganzen Welt aus bedienen. Auch ohne pflegebedürftige Angehörige können Urlauber damit ihre Wohnung überwachen, während sie auf Reisen sind. Technischen Finessen werden in der Wohnung der Zukunft kaum noch Grenzen gesetzt sein, schätzt Abteilungsleiter Wendisch. Egal, ob es um die Fernsteuerung von Kaffee- oder Waschmaschinen geht. Auch autark arbeitende Staubsauger sind längst am Markt.

Der einzige Haken: Fast alle Systeme sind immer noch sehr teuer. Allein ein Sensorenteppich kostet pro Zimmer mehrere Tausend Euro. Bei komplett vernetzten Hightech-Wohnungen kommen schnell hohe fünfstellige Beträge zusammen. Für viele reichen vielleicht auch erst mal kleine Alltagshelfer.