Merken

Die Wirtschaft im Landkreis entwickelt sich gut

In einem Ranking kommt unsere Region sachsenweit auf den dritten Platz – aber bei den Löhnen ist viel Luft nach oben.

Teilen
Folgen
© Frank Baldauf

Von Franz Werfel

Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Das Ergebnis ist nicht auf einen Nenner zu bringen. Auf der einen Seite punktet der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge beim großen deutschlandweiten Landkreis-Ranking des Focus-Magazins mit einem kräftigen Wirtschaftswachstum und historisch geringer Arbeitslosigkeit. Auch beim Faktor Lebensqualität liegt der Landkreis im oberen Drittel aller 401 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte.

Das Unternehmen Wattron mit den Gründern Marcus Stein, Ronald Claus und Sascha Bach (v.l.) gehört zu den aufstrebenden Unternehmen im Freitaler Technologiezentrum. Obwohl erst 2011 gegründet, hat die Firma für ihre innovativen Heizsysteme und kostensparen
Das Unternehmen Wattron mit den Gründern Marcus Stein, Ronald Claus und Sascha Bach (v.l.) gehört zu den aufstrebenden Unternehmen im Freitaler Technologiezentrum. Obwohl erst 2011 gegründet, hat die Firma für ihre innovativen Heizsysteme und kostensparen © Karl-Ludwig Oberthür
© Koerner, Heidemarie

Ganz anders sieht es bei den harten Wirtschaftskategorien wie „Produktivität und Standortkosten“, „Einkommen und Attraktivität“ sowie „Firmengründungen“ aus. Dabei kommt der Kreis auf die Plätze 354 bis 384 – fast Schlusslicht also.

Erstellt hat die Studie der Kölner Regionalforscher Wolfgang Steinle. Sein Team untersuchte alle 401 deutschen Regionen in fünf Kategorien. Bewertet wurden Wachstum und Jobs, Firmengründungen, Produktivität und Standortkosten, Einkommen und Attraktivität – und schließlich die Lebensqualität. Die SZ hat das Ergebnis unter die Lupe genommen.

So wurde gerechnet

Diese Faktoren wurden im Landkreis-Ranking in fünft Kategorien berücksichtigt: Die Arbeitslosenquote und das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner (Kategorie Wachstum und Jobs), Gewerbean- und -abmeldungen sowie die Verfügbarkeit schnellen Internets (Kategorie Firmengründungen), die Brutto-Wertschöpfung je Erwerbstätigen und die Steuerbelastung für Betriebe (Kategorie Produktivität und Standortkosten), das Arbeitsentgelt, das verfügbare Einkommen privater Haushalte je Einwohner und die Bevölkerungsentwicklung (Kategorie Einkommen und Attraktivität), Sicherheit, Nachwuchs, Lohngleichheit von Frauen und Männern, Risiko der Altersarmut, Gesundheit, Infrastruktur und nachhaltige Trinkwasserqualität (Kategorie Lebensqualität)

Das Gesamtranking ergibt sich aus der Summe der Platzierungen jedes Kreises in den verschiedenen fünf Kategorien. Aus diesen wird der Durchschnittswert gebildet. Alle Faktoren werden gleich gewichtet.

1 / 2

Was sagt das Landkreis-Ranking überhaupt aus?
Der Landkreis-Test des Focus misst die Wirtschaftskraft anhand von 17 Faktoren in fünf Kategorien (siehe Kasten). Dazu zählen unter anderem die Arbeitslosenquote, das Einkommen und das Wirtschaftswachstum. Daraus wird eine Rangliste sämtlicher Landkreise und Regionen in Deutschland gebildet.

Womit kann unsere Region im aktuellen Ranking punkten?

Der Landkreis zeichnet sich vor allem durch eine im Ostdeutschland-Vergleich sehr niedrige Arbeitslosenquote aus; die Bevölkerungs-Abwanderung hat sich erheblich verlangsamt, die Zahl der Erwerbstätigen ist steig gewachsen, die Wertschöpfung in der Wirtschaft auch. Den besten Platz erreicht der Landkreis in der Kategorie „Lebensqualität“. Platz 115 von 401 ist ein beachtlicher Wert – und spricht für gute Lebensbedingungen heute sowie Potenzial in Zukunft. So hat der Landkreis eine der höchsten Frauenbeschäftigungsquoten deutschlandweit. Viele junge Leute, die hier leben, sind mit ihrer Heimat verwurzelt. Sie können sich vorstellen, auch künftig in der Region zu bleiben. Das bringt Punkte beim Thema Nachwuchs – sie sind die Fachkräfte von morgen.

Wo steht der Landkreis im Sachsen-Vergleich?
Verglichen mit anderen sächsischen Regionen hat sich der Landkreis innerhalb von drei Jahren von Platz 6 auf Platz 3 vorgearbeitet. Nur noch die beiden Großstädte Leipzig (Platz 238) und Dresden (Platz 239) liegen – deutlich – davor. Zudem schafften Sächsische Schweiz und Osterzgebirge die größte Verbesserung sachsenweit im Vergleich zum Ranking von 2015. Gleich 56 Plätze ging es nach oben. Dresden verbesserte sich um 55, Zwickau um 54 Plätze. Leipzig rutschte 14 Plätze ab, der gleichnamige Landkreis ganze 21 Plätze.

Wie verteilt sich die Wirtschaftskraft in unserem Landkreis?
Ein großer Teil der Wirtschaftskraft entfällt auf den Ex-Weißeritzkreis mit Freital, Wilsdruff und der Uhrenindustrie in Glashütte. Aber auch Pirna und Heidenau sind wichtige Wirtschaftszentren, immer wichtiger dank neuer Industrie-Ansiedlungen wird Neustadt und Umgebung. Die kleinteilige Wirtschaft im Kreis, mit einer starken Tourismusbranche, in der jeder 20. Beschäftigte arbeitet, und vielen kleinen Betrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern, ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits fehlen hier große, schlagkräftige Wirtschaftsunternehmen, die viel Geld in die Region bringen. Das könnte sich mittelfristig mit einer Groß-Ansiedlung am neuen Industriepark Oberelbe bei Pirna ändern. Andererseits ist der Landkreis ob seiner kleinteiligen Wirtschaftsstruktur weniger anfällig für Wirtschaftskrisen. So ist die Region recht gut durch die schwierigen Jahre 2008 bis 2012 gekommen.

Welche Herausforderungen muss die Region in Zukunft meistern?
Auch wenn es nicht neu ist: Der Landkreis verliert im Deutschland-Vergleich dann, wenn es ums Geld geht. Laut Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) sind im Landkreis nur rund 15 000 Menschen Mitglied in einer Gewerkschaft – Rentner und Arbeitslose inklusive. Für DGB-Regionalgeschäftsführer André Schnabel ist eine Bezahlung nach Tarif entscheidend, wenn es um gerechte Arbeit geht. „Tariflöhne verhindern, dass der Wettbewerb über Dumping-Löhne geführt wird“, sagt er. Das helfe auch, Arbeitskräfte langfristig zu sichern. Überraschend ähnlich hatte sich vor Kurzem Detlef Hamann geäußert. Der Hauptgeschäftsführer der IHK Dresden ist überzeugt, dass unsere Region bald kein Niedriglohngebiet mehr ist.