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Die Vorzeige-Artistin

Jessika Petrache stand 15 Jahre selbst im Rampenlicht. Heute macht sie Kinder zu Manegen-Stars.

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© Sebastian Schultz

Von Josefin Möbius

Riesa. Mit konzentriertem Blick wickelt sie das Tuch um ihren Körper und steckt es fest. Dann lässt sie sich fallen – und schwebt knapp über dem Boden. Applaus brandet auf. So war es für die Akrobatin Jessika Petrache früher fast täglich. Die 36- Jährige zog mit dem Zirkus Probst umher und gab dort in zwei Aufführungen täglich ihre Künste zum Besten. Vor drei Jahren war diese Karriere jedoch vorbei.

„Es hat sich für rund 80 Leute nicht mehr gelohnt, für einen so großen Zirkus zu arbeiten“, erzählt die Artistin. „Also bin ich jetzt beim Projektzirkus dabei.“ Der ermöglicht es Kindern und Jugendlichen, einmal selbst in der Manege zu stehen.

Zurzeit gastiert das zehnköpfige Team in Riesa beim Kinderschutzbund. Dessen Chefin Gitta Frenzel ist es gelungen, das Projekt nach drei Jahren endlich in die Elbestadt zu holen. Um die nötigen 12 000 Euro zusammenzubekommen, brauchte es viele Spender und Sponsoren. Dank der Geldgeber können jetzt rund 130 Kinder aus Grund- und Förderschulen sowie Kitas der Gegend zwischen Riesa und Gröditz teilnehmen. Daneben unterstützen ehrenamtliche Helfer das Projekt.

Der Projektzirkus ist vor allem für Kinder aus sozial schwachen Familien gedacht, sagt Gitta Frenzel. Also an alle, die zum Beispiel in den Sommerferien keine großen Urlaubsreisen oder Trips in Freizeitparks unternehmen können. Dafür bekommen sie nun eben beim Zirkus die Möglichkeit, etwas Besonderes zu erleben.

Mit den Zirkusleuten üben die Kinder die ganze Woche über Kunststücke ein. Von Zauberei über die Dressur von Hühnern, Hunden und Ziegen bis zum Clownstück. Dafür erhalten die Zirkus-Novizen sogar professionelle Kostüme und werden mit roter Nase und weißer Schminke passend zurechtgemacht.

Mit Jessika Petrache üben die Kinder Akrobatik. Die Trainerin ist angetan. „In meiner Gruppe macht wirklich jeder mit. Es gibt niemanden, der keine Lust hat“, sagt sie. Die Artistin erzählt, wie schwer es für manche ist, das erste Mal in der Manege vor Publikum zu stehen: „Da sind die Kinder meist sehr nervös, es ist ja etwa komplett Neues für sie, das kann ich total verstehen.“ Disziplin erwartet sie trotzdem. Die bringt aber nicht jedes Kind. „Es sind manchmal welche dabei, die machen mir graue Haare“, sagt sie und lacht.

Jessika Petrache selbst ist beim Zirkus aufgewachsen. Hat dann nach der achten Klasse vier Jahre an einer Artistenschule gelernt und dort ihren erweiterten Realschulabschluss nach der zwölften Klasse gemacht. Lange stand sie allein im Rampenlicht, hat dann aber zwischenzeitlich mit einer Akrobatikpartnerin gearbeitet. Eine Spezialität des Duos: synchrone Übungen am Tuch. Jetzt arbeitet sie mit Kindern, was ihr auch viel Spaß macht. „Ich bin wirklich stolz, wenn sie in der Manege zeigen, was sie können.“ . Aber die erfahrene Artistin gibt zu: Manchmal fehlen ihr die Manege und der Applaus. Doch ein bisschen was davon erlebt Jessika Petrache noch immer. Nämlich dann, wenn sie den Kindern beim Projektzirkus ihre Künste zeigt.

Am Donnerstag und Freitag erleben die Kinder, wie es ist, vor Publikum in der Manege zu stehen. Dann finden die Vorstellungen für Familienangehörige statt. Und auch darüber hinaus sind schon viele Karten verkauft. Zirkus zieht eben magisch an.