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Die Vorteile des Zweiklassensystems

Die erste und zweite Klasse der Grundschule Hermsdorf wird seit diesem Schuljahr gemeinsam unterrichtet. Eine Bilanz.

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© Anja Ehrhartsmann

Von Anja Ehrhartsmann

Hermsdorf. Es ist ruhig im Klassenraum der Hermsdorfer Grundschule. Mathe steht auf dem Stundenplan, sowohl für die 13 Erstklässler als auch für die neun Kinder in Klasse zwei. Seit Beginn des Schuljahres werden beide Stufen in allen Fächern gemeinsam unterrichtet, für Lehrer und Schüler war das anfangs eine große Umstellung.

Der siebenjährige Richard aus der ersten Klasse übt gerade das Addieren. „Sechs Kinder sind schon da. Es kommen noch fünf Kinder. Wie viele Kinder sind es dann zusammen?“ Die Aufgabe ist Teil des Wochenplans, der vorne an der Tafel hängt und den Schülern diverse Pflicht- und Wahlaufgaben vorgibt, die sie im Unterricht lösen sollen. Auch die Zweitklässler üben, anhand ihres eigenen Wochenplans. „Jedes Kind bearbeitet die Aufgaben in seinem eigenen Tempo“, erklärt Schulleiterin Sylvia Renner, die in der Klasse Mathe gibt. Sie steht den Kindern bei Fragen zur Seite, genauso wie Gabriele Junghanns: Im Fach Mathe unterstützt sie als Zweitlehrerin, eigentlich unterrichtet sie die Kinder aber unter anderem in Deutsch.

Mittlerweile haben sich die beiden Frauen gut organisiert. Doch das alles so reibungslos im Unterricht läuft, sei nicht immer so gewesen. „Wir mussten uns am Anfang auch ausprobieren“, sagt Junghanns. „Es war schon sehr anstrengend, vor allem die Einstiegsphase“, sagt Sylvia Renner mit Blick auf den Schuljahresbeginn 16/17 – damals wurden die beiden Klassen zusammengelegt. Für alle war die Unterrichtsform, mit der man sich ja erst habe vertraut machen müssen, völlig neu. Die sächsische Bildungsagentur, die dem Staatsministerium für Kultus nachgeordnete Schulaufsichtsbehörde, bot im Vorfeld Unterstützung mit sogenannten Netzwerktreffen, so Junghanns. Alle kleinen Grundschulen, die mit dem jahrgangsübergreifenden Unterricht anfangen wollten oder schon angefangen haben, hätten sich hier ausgetauscht. „Letzten Endes muss aber jeder seinen eigenen Weg finden“, betont Junghanns. An der Schule in Hermsdorf werden mehrere Lehrformen kombiniert. „Wir haben eine gesunde Mischung geschaffen zwischen Frontalunterricht zum Einführen und dem Wochenplan zum Üben“, sagt Renner, die außerdem auch noch Schulleiterin an der Grundschule in Altenberg ist. Die Umstellung in der Lehrmethode hätten die Kinder natürlich auch erst einmal lernen müssen, sie kannten es ja anders. „Das erste halbe Jahr haben sich die neuen Zweitklässler sehr schwer getan in so einer großen Gruppe“, sagt Gabriele Junghanns. Denn schließlich waren sie nicht mehr zu neunt, sondern plötzlich 22. „Die Kinder mussten sich erst kennenlernen und aneinander gewöhnen.“ Jetzt sei es so, dass sich die Kinder auch gegenseitig helfen und gemeinsam arbeiten.

Zur Unterstützung kommt in manchen Schulstunden wie etwa in den Fächern Mathe und Deutsch ein Zweitlehrer dazu. Dem Lehrermangel sei es geschuldet, dass diese Stellen häufig mit Quereinsteigern besetzt werden, die keine pädagogische Ausbildung haben. „Wir haben uns gut eingerichtet, aber es ist eine unheimliche Mehrarbeit für die ausgebildeten Lehrer“, erklärt Junghanns, die bereits seit 35 Jahren in ihrem Beruf arbeitet. Denn die qualifizierten Lehrer müssten zusätzlich noch den Unterricht vorbereiten, den die Zweitlehrer halten. Das alles in Summe aufeinander abzustimmen, sei durchaus eine Herausforderung. „Das Geschick des Lehrers ist es, dass alle beschäftigt sind und ich meinen Lehrplan schaffe“, sagt Junghanns und schmunzelt.

52 Kinder gehen in Hermsdorf zur Schule. Nach den Sommerferien sind es über 60, denn 22 Erstklässler werden eingeschult. Der jahrgangsübergreifende Unterricht wird dann in Klasse zwei und drei fortgeführt. „Dafür haben wir eine Ausnahmegenehmigung gebraucht.“ Denn ursprünglich sei es vorgesehen gewesen, die Klasse drei alleine laufenzulassen und die Kinder jedes Schuljahr neu zu mischen. Schließlich hätten sie sich aber dagegen entschieden. Die beiden Klassen werden die Grundschulzeit so lange gemeinsam durchlaufen, bis die Viertklässler die Schule verlassen. Neue jahrgangsübergreifende Klassen seien erst mal nicht geplant: „Für die nächsten Jahre wird es so sein, dass die 15 Kinder zusammenkommen, die es für eine Klasse braucht“, so Junghanns.