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Die Vereinskasse geplündert

In drei Jahren hebt ein Radeburger 13 120 Euro vom Konto seines Vereins ab. Dort kriegt man nichts davon mit.

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© Symbolfoto: dpa

Von Jürgen Müller

Normalerweise hätte das gar nicht passieren können. Aber alle Kontrollmechanismen in diesem Verein – so es überhaupt welche gab – haben versagt. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Kassenwart eines Vereins über etwa drei Jahre insgesamt 13 120 Euro vom Vereinskonto abheben und das Geld für sich verbrauchen konnte. Niemandem im Verein ist das aufgefallen. Dabei hätte es für das Konto gar keine EC-Karte geben dürfen, sondern nur eine Kundenkarte, mit der lediglich Kontoauszüge geholt werden können.

Wohl durch ein Versehen der Bank wurde eine EC-Karte samt Geheimzahl zugeschickt. Damit hob der 33-jährige Angeklagte nicht nur Geld für sich ab, sondern überwies auch offenen Rechnungen des Vereins. Spätestens hier hätte was bemerkt werden müssen. Denn bei Überweisungen galt das Vier-Augen-Prinzip. Es mussten immer zwei Leute – Vorsitzender und Kassenwart – die Belege unterschreiben. Warum sich der Vereinschef nicht wunderte, dass Rechnungen bezahlt wurden, ohne dass er quittieren musste, bleibt ein Rätsel.

Doch auch sonst ging es im Verein offenbar drunter und drüber. Mitgliederversammlungen fanden nicht statt, obwohl die Satzung solche vorsah. In den ganzen Jahren gab es nicht eine einzige Kassenprüfung. Erst als sich herausstellte, dass die Satzung fehlerhaft ist und geändert werden musste, flog alles auf. Denn jene Kassenprüfung musste in die Satzung aufgenommen werden, stand unmittelbar bevor. Der Angeklagte zögert die Kassenprüfung über Monate hinaus. Als das nicht mehr ging, beichtete er alles. Auch der neue Vorsitzende, der erst seit 2014, also nach den Taten des Angeklagten, im Amt ist, bestätigt, dass man es im Verein nicht so genau nahm. „Die Kontrolle wurde sträflich vernachlässigt“, gibt er zu.

Von ihm habe sich damals nach siebeneinhalb Jahren seine Freundin getrennt, so der Angeklagte . „Ich bin in ein tiefes Loch gefallen, musste mir eine eigene Wohnung einrichten. Mit meinem Geld kam ich einfach nicht mehr hin“, sagt der 33-Jährige. Also greift er in die Vereinskasse. Es ist ja auch so einfach. Ursprünglich habe er das Geld irgendwann wieder zurückzahlen wollen, sagt er. Gemacht hat er es nie. Allerdings überweist er Rechnungen des Vereins zuletzt von seinem eigenen Konto. Sonst wäre alles eher rausgekommen. Denn das Vereinskonto ist leer. – Irgendwann verliert er den Überblick. Bei der Polizei fällt er aus allen Wolken, ist völlig überrascht, als er die Gesamtsumme hört: 13 120 Euro. 52 Mal hat er Summen zwischen 50 und 700 Euro abgehoben.

Mittlerweile hat er sich mit dem Verein, aus dem er rausgeflogen ist, auf einen Vergleich geeinigt. 10 000 Euro zahlt er in Raten von monatlich 100 Euro zurück. Das dürfte fast neun Jahre dauern.

Die Kontrolle im Verein habe total versagt. „Erst als der Kassensturz anstand, haben Sie die Hosen runtergelassen“, wirft Staatsanwalt Dieter Kecke dem Angeklagten vor und fordert eine Strafe von einem Jahr auf Bewährung. Dem schließt sich Verteidiger Hendrik Klee an. „Diese Taten treiben meinem Mandanten die Schamesröte ins Gesicht“, sagt er. Richter Andreas Poth verurteilt den Angeklagten zur beantragten Strafe. Als Auflage muss er in den nächsten zwei Jahren – so lange läuft die Bewährung – die regelmäßigen Zahlungen an den Verein dem Gericht nachweisen. Der Richter gibt auch dem Verein eine Mitschuld. „Es gab keinerlei Kontrolle. Dem Angeklagten wurden die Taten extrem leicht gemacht“, sagt er.