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Die unsichtbare Chefin

Cathleen Rupprecht ist als Geschäftsführerin der Elbflorenz-Handballer nur eine von zwei Frauen im deutschen Profigeschäft.

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© Ronald Bonß

Von Alexander Hiller

Sie ist in ihrer Branche eine ziemlich mächtige Frau. Doch Cathleen Rupprecht ist das weder wichtig, noch sieht man ihr die gewichtige Entscheidungsbefugnis auf den ersten Blick an. Die 36-Jährige ist Geschäftsführerin der Spielbetriebs GmbH beim Handball-Zweitligisten HC Elbflorenz – und damit nach Präsident, Hauptsponsor und Mäzen Uwe Saegeling die zweite Kraft im Verein.

Im deutschen Profihandball-Business sind Frauen mit solcher Entscheidungsbefugnis locker an einer Hand abzuzählen. Jennifer Kettemann ist Geschäftsführerin beim deutschen Meister Rhein-Neckar-Löwen – natürlich hauptamtlich. Neben Rupprecht die zweite Frau in der männerdominierten Handball-Welt der 1. und 2. Herren-Bundesliga. Die Sächsin erfüllt ihre Aufgabe allerdings ehrenamtlich. „Ich mache das wirklich, weil es eine Herzensangelegenheit geworden ist“, sagt Rupprecht. Nicht einmal eine Aufwandsentschädigung für ihre Tätigkeit beansprucht sie. „Mir ist wichtig, dass ich Spaß daran habe – nicht, in welcher Position ich da arbeite.“

Verträge laufen über ihren Tisch

Dass sich die frühere Rhythmische Sportgymnastin in einer Männerwelt bewegt, schüchtert die zweifache Mama nicht etwa ein. „Ich habe mir darüber noch nicht wirklich Gedanken gemacht. Bis jetzt komme ich ganz gut damit zurecht“, versichert sie glaubhaft. Sie erfüllt schließlich nur ihre Aufgabe, wie jeder andere im Verein auch. Nur, dass ihre Leistungen nach außen hin ziemlich gewichtig erscheinen. Sie selbst würde sich eher als stille Problemlöserin denn als markante Chefin bezeichnen.

Rupprecht leitet die Geschäftsstelle und sichert den Spielbetrieb der Zweitliga-Profis ab. „Ja, ich setze auch die Verträge auf, immer in Absprache mit dem Vorstand, der ja 100-prozentiger Gesellschafter der GmbH ist“, betont die 36-Jährige. Im Zweifelsfall könnte oder müsste sie auch unangenehme Aufgaben übernehmen und negative Entscheidungen treffen – „nach vorheriger Absprache mit dem Gesellschafter“, wie sie betont. Dafür besteht beim Tabellen-13. der 2. Bundesliga um Coach Christian Pöhler jedoch derzeit überhaupt kein Anlass. Seit 2012 übt die zierliche Frau ihr Ehrenamt jetzt schon aus – immer an der Seite von Saegeling, der auch in ihrem Broterwerb als Verantwortliche für Klinik Innendienst und Messeorganisation in der Saegeling Medizintechnik GmbH ihr Vorgesetzter ist. Diese Konstellation mögen einige wegen der beruflichen Abhängigkeit als schwierig empfinden, doch konkrete Vorfälle, die unter den Verdacht der zu großen Nähe fielen, sucht man vergebens.

Rupprecht ist eine, die sich behaupten kann, auch wenn die öffentlichkeitsscheue gelernte Bürokauffrau mitunter gar nicht so wirkt. Das fängt bereits zu Hause an – in einem Haushalt mit drei Kerlen – ihrem Ehemann und den zwei Söhnen Paul und Willi. Die Tochter des Dynamo-Präsidenten Andreas Ritter hat es geschafft, dass die Enkel des Schwarz-Gelb-Regenten sich mehr für Handball interessieren, beim HC Elbflorenz in der G- und F-Jugend spielen, „obwohl sie der Opa auch gern beim Fußball sähe“, wie Rupprecht augenzwinkernd zugibt.

Die Familie konnte sie für ihre zeitraubende Nebentätigkeit, mindestens zehn bis 15 Stunden pro Woche, offenbar restlos begeistern. „Mein Mann und auch die Jungs sind daheim und auch auswärts meistens mit dabei“, sagt sie. „Dabei“, erinnert sie sich lachend, „konnte ich Handball in der Schule gar nicht leiden.“ Aus der Abneigung ist längst eine Leidenschaft geworden. „Uwe Saegeling hat mich mal zu einem Spiel mitgenommen. Wir waren beide sofort Feuer und Flamme. Die Dynamik hat uns vom Hocker gerissen.“

Mittlerweile habe sie selbst ein wenig Ahnung von der Handball-Materie. Das hindert Rupprecht aber nicht daran, vor jedem Spiel extrem aufgeregt zu sein – vielleicht noch mehr als die eigentlichen Protagonisten. „Ich fiebere immer mit, kann meist am Ende schon nicht mehr hingucken“, sagt sie. Denn die Profimannschaft gestaltet die meisten Spiele, besonders die zu Hause, zu wahren Krimis – vielleicht auch am Freitagabend gegen den derzeitigen Zweitliga-Tabellenletzten HG Saarlouis.