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Die Tuberkulose ist zurück

Im Landkreis Görlitz hat es 2015 sechs Fälle gegeben. Besorgniserregend: Immer öfter schlagen Medikamente nicht an.

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© Arvid Müller

Von Daniela Pfeiffer

Die gute Nachricht: Tuberkulose ist heilbar. Die schlechte: Weltweit sterben trotzdem etwa 4 000 Menschen pro Tag daran. Die Krankheit, die auch als Schwindsucht bekannt ist und in unseren Breiten eher der Kriegs- und Nachkriegszeit zugeordnet wird, ist wieder auf dem Vormarsch.

Nächsten Montag wird sich der Gesundheitsausschuss des Landkreises mit dem Thema befassen. Sechs Fälle hat der Landkreis 2015 registriert, ein Patient starb. Auch 2014 gab es bereits ein Todesopfer, bei insgesamt vier Erkrankungen. „Man muss diese Erkrankung im Blick haben“, sagt Jörg Lubrich, Leitender Oberarzt der Abteilung für Innere Medizin am Görlitzer St. Carolus Krankenhaus. „Besonders, wenn Menschen aus Nicht-EU-Ländern mit entsprechenden Symptomen zu uns kommen, muss man einkalkulieren, dass es Tuberkulose sein könnte. Die Erkrankung ist ja leider nicht ausgerottet und die Rate der Fälle ist in manchen Ländern höher als hier.“ Kommt ein Patient mit Symptomen wie schlimmen Husten, blutigem Auswurf, Luftnot, schlechtem Allgemeinbefinden oder Fieber ins Krankenhaus, wird zunächst die Lunge gespiegelt. Am Lungensekret kann ein Mikrobiologe sofort erkennen, ob es sich um TBC handelt, erklärt Ines Eifler vom St. Carolus-Krankenhaus.

Bislang wurden diese Patienten ins Fachkrankenhaus Coswig überwiesen. Hier behandelt Chefarzt Dirk Koschel Tubekulose-Patienten. Auf seiner Station fallen die vielen Zwischentüren auf. Als Besucher sind nur Erwachsene erlaubt. Es ist die Infektionsstation der Lungenklinik, wo Menschen mit Tuberkulose (TBC) liegen.

„Das Entscheidende ist, dass der Patient seinen Mundschutz trägt, wenn er Kontakt mit anderen hat“, sagt Koschel. Im Moment werden vier Personen behandelt, bei denen Tuberkulose diagnostiziert ist und drei Personen mit TBC-Verdacht untersucht. Sobald der Lungenspezialist die Zimmer zur Visite betritt, zieht er sich einen speziellen Mundschutz und Handschuhe über. Außerdem öffnet er das Fenster. Denn vermischen sich die Erreger mit frischer Luft, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung deutlich.

„Tuberkulose ist zu keiner Zeit verschwunden gewesen, auch wenn das viele denken“, sagt Koschel. In Coswig gab es nie eine Zeit, zu der nicht TBC behandelt wurde. 2005 zählte die Klinik etwa 50 Patienten mit dieser Diagnose. In den Folgejahren sank die Zahl. Bis sie etwa ab 2012 wieder leicht anstieg und voriges Jahr auf dem Niveau von 2005 lag. Gemessen am großen Einzugsgebiet klingt das wenig. Dirk Koschel sieht darum keinen Grund zur Panikmache. Auch nicht im Zusammenhang mit der Flüchtlingsthematik. Lediglich einer der gegenwärtig sieben TBC-Patienten stamme nicht aus Deutschland, sagt er. Unter den vier Patienten, die im Landkreis Görlitz 2014 erkrankten, war kein Ausländer, unter den sechs vom Vorjahr waren zwei Georgier und einer aus Luxemburg. Gemessen an der Zahl der Flüchtlinge, die 2015 nach Sachsen kamen, ist die Zahl der Infizierten allerdings gering. Im Landkreis Görlitz ist der Ausschluss einer Tuberkulose-Erkrankung Bestandteil der Erstuntersuchung, versichert Katja Bürgel, die beim Gesundheitsamt für Tuberkuloseberatung zuständig ist.

Dennoch heißt es etwa aus dem Görlitzer Klinikum: „Es ist damit zu rechnen, dass die TBC-Fälle in Deutschland steigen werden. Der Anteil der Erkrankten, die im Ausland geboren wurden, liegt aktuell bei 50 Prozent und nimmt zu.“ Das Klinikum behandelt TBC-Patienten selbst – drei waren es im Vorjahr. Lediglich solche, die multiresistent sind, bei denen also mindestens zwei der typischen Medikamente nicht anschlagen, werden ebenfalls nach Coswig überwiesen. Behandelt wird TBC mit Antibiotika. Aber die Bakterien reagieren zunehmend resistent auf die bewährten Mittel. „Die Resistenzen entstehen vor allem, wenn eine Antibiotika-Behandlung nicht konsequent zu Ende durchgeführt wird“, sagt Katja Bürgel. (mit uk/ts)