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Die Super-Fichte darf fallen

Naturschützer und Gemeinde gaben ihr Okay. Der Baum kann auf dem Striezelmarkt stehen. Und auch etwas für Kreischa tun.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Sebastian Martin

Kreischa ist in aller Munde. Ob in der Zeitung, im Internet, im Radio – überall wurde jüngst berichtet, dass der diesjährige Weihnachtsbaum des Dresdner Striezelmarktes aus Kreischa kommen wird. Bürgermeister Frank Schöning (FBK) freut sich über die positive Aufmerksamkeit, die seine Gemeinde dadurch erhält. Das sei ein Gewinn, wenn man im Gespräch ist, sagt er. Allerdings gibt es auch kritische Fragen, seitdem Kreischa mit der Superfichte öffentlich im Rampenlicht steht.

Manch einer will wissen, ob das 23 Meter hohe Prachtexemplar überhaupt gefällt werden darf. Frank Schöning antwortet klar mit Ja und verweist auf die gültige Gehölzschutzsatzung der Gemeinde. In der heißt es zwar, dass Bäume mit einem Stammumfang in ein Meter Höhe von mindestens 30 Zentimetern geschützt sind. Doch für die rund 40 Jahre alte Fichte greift eine Ausnahme. Denn die Satzung klammert Nadelgehölze auf bebauten Grundstücken aus. Die müssen nur stehen bleiben, wenn sie vom Bundesnaturschutzgesetz oder anderen Rechtsvorschriften geschützt werden.

Das ist bei Kreischas Superfichte nicht der Fall. In den vergangenen Tagen sei bereits geprüft worden, ob zum Beispiel bedrohte Tierarten in dem Baum leben, sagt Frank Schöning. Ergebnis negativ. Damit darf am 1. November wie geplant die Kettensäge schnurren – zum Glück aus Sicht von Familie Garten, vor deren Fenster die Fichte steht.

Seit Jahren nehme der Baum ihnen das Licht, sagt Christian Garten. Auch in der Wohnung des Untermieters sei es relativ dunkel. Zudem handele es sich um einen Flachwurzler, der bei Sturm aufs Haus oder die Straße kippen könnte, sagt der 62-Jährige. Vermutlich wäre das Prachtexemplar ohnehin demnächst gefällt worden, wäre es nicht der Weihnachtsbaum für den Striezelmarkt geworden. Das hätte die Fichte schon früher werden können.

4.256 Stimmen für den Baum

Bereits vor drei Jahren habe sie Dresden die Fichte als Weihnachtsbaum angeboten, sagt Monika Garten. Doch damals setzte das Rathaus noch auf die Hilfe des Tharandter Forstes. Als der Striezelmarkt-Baum 2012 deutschlandweit für Spott sorgte und wegen seiner wenig repräsentativen Form sogar als „Schand-Fichte“ bezeichnet wurde, kam Dresden auf die Idee, dass die Bürger entscheiden sollten. Seitdem wird gevotet. 4.256 von 5.229 Stimmen erhielt das Kreischaer Prachtexemplar in diesem Jahr. Mit rund 80 Prozent eine eindeutige Wahl.

Im Vorfeld gingen im Dresdner Rathaus mehr als 40 Vorschläge ein. Aber nur wenige erfüllten die Kriterien. Denn der Striezelmarktbaum muss mindestens 23 Meter hoch und gesund sowie mit schwerem Gerät erreichbar sein. Nachdem eine Jury die zehn übrig gebliebenen Bäume begutachtet hatte, nominierte sie drei für die Abstimmung, bei der sich die Fichte aus Kreischa problemlos durchsetzte. Für Familie Garten ein durchaus lukratives Geschäft.

Sie muss nichts für das Fällen des Baumes zahlen. Die Kosten für Sattelschlepper, Kran und Fachleute, die am 1. November anrollen werden, übernimmt Dresden. Außerdem wäre es schade gewesen, die Fichte einfach nur zu häckseln, sagt Christian Garten. Stattdessen kann das auf seinem Grundstück gewachsene Prachtexemplar ab 27. November Deutschlands ältesten Weihnachtsmarkt schmücken. „Wir werden auf jeden Fall mehrmals nach Dresden fahren und mit Freunden einen Glühwein auf dem Striezelmarkt trinken“, sagt der Kreischaer. Auch Bürgermeister Frank Schöning wird sich das nicht entgehen lassen – schließlich steht nicht jedes Jahr ein Baum aus seiner Gemeinde auf einem der berühmtesten Weihnachtsmärkte.