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Die Storchenrettung von Reinholdshain

Ein Elterntier ist wahrscheinlich krank geworden. Doch die Familie erhielt Entlastung.

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© Förderschulzentrum

Von Franz Herz

Reinholdshain. Fünf Jungstörche, so viele hat es in den vergangenen Jahren im Nest neben der Förderschule in Reinholdshain nie gegeben. Aber vielleicht war das doch zu viel. Denn Reinholdshain gilt nicht als günstiger Standort für Störche. Das Klima und das Nahrungsangebot hier am Fuße des Osterzgebirges sind nicht optimal.

Der kranke Altvogel sieht vom Dach der Förderschule aus zu.
Der kranke Altvogel sieht vom Dach der Förderschule aus zu. © Förderschulzentrum

„Wir und andere Nachbarn hatten beobachtet, dass eines der alten Tiere wohl gesundheitliche Probleme bekam“, berichtet Beatrice Meißner, die stellvertretende Leiterin des Förderschulzentrums. Der AltStorch konnte sich auch nicht mehr ausreichend um den Nachwuchs kümmern. Darüber haben die Reinholdshainer dann die Naturschützer im Landratsamt informiert. Die Fachleute haben dann entschieden, dass die Storcheneltern Entlastung brauchen. Fünf Kinder waren zu viel für ein Elternpaar, von dem ein Teil krank ist.

Also organisierten die Naturschützer eine Rettungsaktion. Die Feuerwehren Reinholdshain-Oberhäslich sowie Dippoldiswalde waren beteiligt. Die Wildvogelauffangstation, die zum Umweltzentrum Dresden gehört, hat den Tieren erst einmal weitergeholfen. Der Storchenhof Loburg in Sachsen-Anhalt hat die Tiere nun dauerhaft aufgenommen. Ende Juni rückte die Feuerwehr mit der Drehleiter aus Dippoldiswalde an und fuhr diese bis hoch zum Nest aus.

Torsten Schneider, der Wehrleiter von Reinholdshain-Oberhäslich, war anfangs etwas skeptisch. „Wir wussten ja nicht, wie die Vögel reagieren“, sagt er. Ob die Alten einfach so zugucken, wenn jemand ihre Jungen aus dem Nest holt? Aber diese Sorgen waren unbegründet. Die jungen Störche haben sich erst völlig ins Nest geduckt. „Man muss staunen, wie die alle darin überhaupt Platz finden“, sagt Beatrice Meißner, die bei der Rettungsaktion zugesehen hat. Die Alten sind weggeflogen.

Auch die Jungen haben nicht aggressiv reagiert, sondern sich eher steif gemacht, als die Feuerwehrleute ankamen. So war es nicht schwierig, sie mit der Drehleiter herunterzuholen. Die Feuerwehrleute waren nur überrascht, dass die Jungtiere schon so ein Gewicht hatten. Die beiden Kräftigsten sind im Nest geblieben. Denn Storchenkenner gehen davon aus, dass ein Elterntier zwei Junge versorgen kann.

Die anderen drei kamen erst in die Wildvogelauffangstation nach Dresden, wo sie gefüttert und versorgt wurden. „Die haben sich hier gut gemacht, auch satt gefressen“, erinnert sich Nico Raschke, Mitarbeiter der Wildvogelauffangstation. Aber inzwischen sind sie schon woanders gelandet. Vergangene Woche kamen die Drei aus Reinholdshain auf den Storchenhof Loburg in Sachsen-Anhalt.

Auch dort gedeihen sie. „Wir pflegen sie jetzt im Gehege. Hier bleiben sie eine Zeit, bis sie dann so weit sind, dass wir sie mit einer größeren Auswilderungsgruppe auf die Wiesen entlassen können“, berichtet Michael Kaatz, der Geschäftsführer des Storchenhofs. Das ist ein gemeinnütziger Verein, der sich um die Pflege verwaister Vögel kümmert und das mit Spenden, Mitgliedsbeiträgen und anderen finanziellen Zuwendungen finanziert.

Voraussichtlich im August werden die drei Waisenstörche aus Reinholdshain mit anderen zusammen in die Freiheit entlassen. „Dafür müssen sie aber schon ein gewisses Flugvermögen haben. Wir schauen dann, ob die Federn kräftig genug gewachsen sind“, sagt Kaatz. Denn es geht nicht nur darum, dass die Jungvögel sich ihr Futter selbst suchen müssen und auf der Wiese umherfliegen. Im Herbst steht ihnen der weite Flug ins Winterquartier nach Afrika bevor.

Die verkleinerte Storchenfamilie in Reinholdshain hat sich seitdem gut entwickelt. Die beiden Jungen geben schon ein eindrucksvolles Bild ab, wenn sie in dem Nest stehen. Sie probieren auch schon ihre Flügel aus. „Für die ersten richtigen Flugversuche haben sich die jungen Störche meist windiges Wetter ausgesucht. Da konnten sie sich von der Luft tragen lassen“, hat Beatrice Meißner in früheren Jahren beobachtet. Nun ist sie gespannt, wann es dieses Jahr so weit sein wird.