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Die Spur der strahlenden Steine

Für den Hochwasserdamm im Pöbeltal wurde ein eigener Steinbruch eingerichtet. Um den gibt es jetzt Gerüchte.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Schmiedeberg. Derzeit wird der Hochwasserschutzdamm im Pöbeltal bei Schmiedeberg aufgeschüttet. Dazu hat die Talsperrenverwaltung einige hundert Meter oberhalb im Pöbeltal einen neuen Steinbruch aufgemacht. Die Fachleute sprechen von einer Seitenentnahme. Dieses Vorgehen hat Vorteile. Es könnte aber zum Problem werden, wenn an den Gerüchten etwas dran ist, die dazu aufgetaucht sind. Auf der jüngsten Stadtratssitzung in Dippoldiswalde ist Ronny Liebscher aus Schmiedeberg aufgetreten, Kreisvorsitzender des Landesverbands der Freien Wähler. Dort sind die Freien Wähler Dippoldiswalde aber kein Mitglied, sagt Fraktionschef Falk Kühn-Meisegeier.

Liebscher berichtete, besorgte Bürger seien an ihn herangetreten wegen des neuen Steinbruchs. Sie hätte die Strahlung dort gemessen und Messwerte bis zu 40 Millisievert festgestellt. Das wäre weit über allen zulässigen Grenzwerten. In Sievert wird die Strahlenbelastung von Organismen gemessen. Damit lässt sich das Strahlenrisiko bestimmen. Oberbürgermeister Jens Peter (Freie Wähler) antwortete, dass er diese Informationen an die zuständigen Fachbehörden geben werde.

Die Quelle für diese Angaben konnte der Landesverband der Freien Wähler auf Nachfrage der Sächsischen Zeitung allerdings nicht benennen. „Wir sind anonym informiert worden“, sagt Liebscher. Die Freien Wähler forderten die Landesregierung auf, ihre Messprotokolle öffentlich zu machen. „Wenn wir dort Einsicht bekommen haben, werden wir über unser weiteres Vorgehen entscheiden“, sagt Liebscher.

Ebenfalls anonym auf dem Umweg über den Faxanschluss eines Nutzfahrzeughändlers bei Augsburg erreichten die Sächsische Zeitung Werte, die angeblich Anfang Juli gemessen worden sind. Diese lagen noch höher, bei 76 Millisievert. Dazu gab es Fotos von einem Messgerät.

Was ist hier dran? Die Sächsische Zeitung machte sich auf die Spur und hat diese Informationen an das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie gegeben, das mit seiner Abteilung Strahlenschutz für solche Fragen zuständig ist. Denn dass der Boden im Erzgebirge strahlt, ist durchaus vorstellbar. Nicht umsonst hat die Wismut auch in Niederpöbel nach Uran gesucht, allerdings ohne Erfolg.

Mit den anonymen Messwerten konnten die Fachleute allerdings nichts anfangen. Es fehlen die Angaben, wo und wie die Messwerte erhoben wurden und wie anschließend die Jahresdosis berechnet wurde. „Unter Heranziehung der ,Berechnungsgrundlagen Bergbau‘ ist eine jährliche effektive Dosis von 38 bis 40 Millisievert pro Jahr durch äußere Exposition durch bergbauliche Materialien unrealistisch und nicht nachvollziehbar“, antwortete Pressesprecherin Karin Bernhardt, nachdem sie sich mit den Fachleuten in ihrem Haus beraten hatte.

Bis dahin hatte die Landestalsperrenverwaltung keine Strahlenmessungen vornehmen lassen, weil es keine Anhaltspunkte für eine Strahlung gab. Im Gebiet des Dammes und an der Seitenentnahme gibt es keinen Bezug zur Wismut, informierte Katrin Schöne, die Sprecherin der Talsperrenverwaltung. Die Bergsicherung hat den Altbergbau im Pöbeltal erkundet und dabei auch Radonmessungen gemacht. Auch dabei hätte es keine Anzeichen für strahlenbelastetes Gestein gegeben.

Inzwischen hat das Ingenieurbüro G.U.B., das an der Planung des Dammes beteiligt ist, neue Messungen gemacht. Die Firma ist den Strahlenschützern im Landesamt aus anderen Genehmigungsverfahren bekannt. „Sie besitzt nach unserer Einschätzung die notwendige Fachkenntnis und Erfahrungen, um solche Messungen durchzuführen. Die dabei ermittelten Gamma-Ortsdosisleistungswerte lassen eine Überschreitung des Richtwertes von einem Millisievert pro Jahr nicht erwarten“, lautet die beruhigende Erkenntnis des Landesamts nach diesen Messungen. Schon die natürliche Hintergrundstrahlung, der wir alle ausgesetzt sind, liegt höher, nämlich bei 2,1 Millisievert im Jahr.