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Die Sorgen der Müllfahrer

In neuen Wohngebieten sind die Zufahrten oft sehr eng – und dann noch zugeparkt.

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© Kristin Richter

Von Birgit Ulbricht

Landkreis. Wenn die Tonne immer noch voll vor dem Grundstück steht und das Müllauto schon um die Ecke biegt, dann lohnt ein Blick in den Briefkasten. Immer häufiger liegt da ein Vermerk des Entsorgers Remondis drin, dass die Fahrzeuge einfach nicht an das Grundstück herankommen. Gibt der Fahrer eine entsprechende Meldung an seinen Standort, prüft ein Angestellter für Arbeitssicherheit noch einmal die Situation. Vor allem in neu gebauten Wohnstandorten ist das ein Problem, sagt Ingo Ritter. Da ist es ohnehin eng und dann werden die schmalen Zufahrtsstraßen und Kurven oft auch noch zugeparkt. Ingo Ritter ist Ausbildungsbeauftragter der Remondis-Regionalgesellschaft Ost – und die sechs Bundesländer mit 24 Standorten. Da kennt er auch die Sorgen und Nöte der Müllkutscher. Etwa 40 Fahrer hat Remondis Elbe-Röder mit seinen beiden Standorten Riesa und Quersa. Die Auszubildenden kommen oft schon mit 17 zu Remondis, entweder mit frischem Führerschein oder noch gänzlich ohne Fahrschule. „Das können die jungen Leute dann hier machen, denn der Pkw-Führerschein ist Voraussetzung für den Lkw-Schein“, erzählt Ingo Ritter. Noch eine Option: die eigene Kfz-Werkstatt von Remondis in Riesa, wo Kfz-Mechatroniker ausgebildet werden.

Die jungen Fahrer müssen sich heute ganz schön durch die Wohngebiete zirkeln und sie fahren im Gegensatz zu früher allein, denn mit der Einführung der modernen Überkopf- und Seitenlader wurde der zweite Mann im Fahrerhaus abgeschafft. Das verlangt dem Fahrer aber eine Menge Geduld und Geschick ab. Und die Fahrer lernen vom ersten Tag an, bei jedem Wetter unterwegs zu sein. Noch findet Remondis Lehrlinge. Doch in zehn, 15 Jahren kommt der große Knall in der gesamten Berufskraftfahrer-Branche, glaubt Ritter. Lkw-Fahrer sind längst nicht mehr die Könige der Landstraße, sie selbst fühlten sich stattdessen immer mehr gegängelt und überwacht. „Mit Telematik kann der Chef heutzutage quasi sehen, wann sie die Lampe ausschalten“, sagt Ingo Ritter.

Bei Strafen müssen die Fahrer zudem fürchten, dass sie auch ihre Pkw-Erlaubnis verlieren. Für viele ist die erste Hürde in den Beruf einfach zu hoch: Heute kostet ein Lkw-Führerschein zwischen 5000 und 6000 Euro. „Da kommt keiner mehr, der den mal eben so in der Tasche hat“, sagt Ingo Ritter. Außerdem werde auf der Straße gerade kräftig „umgeladen“ – und zwar von den großen Lkw auf Sprinter bis 3,5 Tonnen, für die es keinen Lkw-Führerschein braucht und die vor allem keinen Fahrtenschreiber an Bord haben. Ein Trend, der nicht zuletzt wegen der polnischen Konkurrenz Schule macht, die keine Geschwindigkeitsbegrenzer im Lkw eingebaut haben. Wie sich das alles entwickelt, muss man sehen. Wieland Richter, selbst Spediteur in Großenhain und Präsident des Landesverbandes der sächsischen Verkehrswirtschaft hat dieses Jahr zum Beispiel selbst keinen Auszubildenden. Es gab einfach keine Bewerber. Nur auf Fahrer aus Polen und Tschechien zu setzen, kann aber für die Branche auch nicht die Lösung sein.

Auch solche Fragen werden im neu gründeten Kraftfahrerkreis Großenhain-Dresden besprochen. Enrico Poethig initiierte den Fachkreis zum einen als Wissensrunde, aber auch als Interessenvertreter für alle, die direkt oder indirekt mit der Branche zu tun haben. Nächster Treff ist der 23. September. Eingeladen ist auf Wunsch der Berufskraftfahrer ein Vertreter vom Bundesamt für Güterverkehr.

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