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Die schwierige Suche nach Borreliose

Eine Dresdnerin wird von einer Zecke gebissen. Erst nach drei Tests und mehreren Wochen Unwohlseins steht fest, dass sie krank ist.

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© Sven Ellger

Von Julia Vollmer

Wochenlang ist ihr immer wieder schwindelig, der Kopf schmerzt, sie bekommt Fieber. Beate Schmidt (Name von der Redaktion geändert) schiebt es auf den Stress im Job oder auf eine sich anbahnende Grippe. Die rote Stelle in der Kniekehle erklärt sie sich mit einer kurzen Hose, die beim Wandern gescheuert hat. Erst auf Rat eines guten Freundes geht sie zum Arzt. Zeckenbiss – Verdacht auf Borreliose, sagt der erfahrene Mediziner.

Dann vergehen sechs lange Wochen des Wartens. So lange dauert es, bis ein zuverlässiges Testergebnis möglich ist. Der Körper muss erst Antikörper gegen die Erreger bilden, um die Krankheit sicher nachweisen zu können, sagen die Ärzte. Und selbst dann kann der Test noch ungültig sein und muss wiederholt werden. Eine Option wäre, die Zecke auf Borreliose zu testen. Doch das hätte Beate Schmidt selbst zahlen müssen. 100 Euro kostet der Test, viel Geld für die Angestellte. Seit drei Wochen schluckt die 41-Jährige nun jeden Tag Antibiotika.

Genauso wie Beate Schmidt ist es in diesem Jahr schon Hunderten Dresdnern gegangen. Das Gesundheitsamt meldet für 2016 bereits 375 Borreliose-Fälle. Allein 60 Patienten infizierten sich im September. Für Oktober gibt es noch keine Zahlen. Bis Ende dieses Monats dauert die Zecken-Hochsaison noch an, so die Mediziner. Sachsenweit zählt das Sozialministerium bislang rund 1 160 Fälle im laufenden Jahr. Mit der ebenfalls gefährlichen Krankheit FSME, die auch von Zecken übertragen wird, steckten sich 2016 zwei Dresdner an.

Die Übertragung von Borreliose und FSME passiert nach einem Zeckenbiss über das Blut des Menschen. Das Heimtückische: Je länger sich die Krabbeltiere an einem versteckten Ort wie der Kniekehle oder der Armbeuge festbeißen können, desto höher die Gefahr einer Infektion. Schnelles Handeln ist wichtig, denn zeigt sich erst mal die sogenannte Wanderröte um den Biss, kann es schon zu spät sein. Ob sich der Patient wirklich angesteckt hat, kann nur ein Bluttest klären.

Diese führt in Dresden zum Beispiel Ralf Knels, Arzt für Transfusionsmedizin im Labor Möbius durch. Die Antikörper gegen die Krankheit werden im Blut gemessen, sagte er. Das passiert in zwei Stufen. Beim ersten Schritt suchen die Mediziner sogenannte IgG- und IgM-Antikörper. Je nachdem, welche die Ärzte davon finden, sehen sie, ob sich der Patient das erste Mal infiziert oder die Krankheit schon einmal durchgemacht hat.

Der Test ist aber so sensibel, dass auch fälschlicherweise positive Testergebnisse rauskommen können. Daher wird immer noch ein zweites Mal kontrolliert – entweder das Blut oder Hirnwasser. Die Antikörpertests geben aber nur einen Hinweis darauf, dass sich das Immunsystem mit dem Erreger auseinandergesetzt hat. Hundertprozentig sicher sind sie nicht, in einigen Fällen sind mehrere Tests nötig.

Stuft der Arzt den Patienten als gefährdet ein, übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Tests des Blutes oder des Hirnwassers. Privatpatienten zahlen rund 100 Euro für den zweistufigen Test. Die FSME-Blutuntersuchung kostet 16 Euro.

Wer eine Zecke an sich findet, sollte sie nicht einfach wegschmeißen. Denn auch das Insekt kann auf Borrelien untersucht werden. In einem Frischhaltebeutel kann sie ins Labor transportiert werden, dort wird ihr Blut auf Borrelien getestet. Doch diese Verfahren sind umstritten, erklärt Thomas Kirchner vom Medizinischen Labor Ostsachsen. Denn aus dem Ergebnis könne nicht geschlossen werden, ob die Borrelien, die die Zecke eventuell in sich trägt, auch wirklich auf den Menschen übertragen wurden. Der Test ist keine Kassenleistung und kostet die Patienten in Kirchners Labor 25 Euro.

Beate Schmidt hat ihr Blut zweimal im Labor testen lassen. Erst beim dritten Mal konnte die Borreliose sicher in ihrem Blut nachgewiesen werden. Sie hatte Glück, die Medikamente schlagen gut an. Seit einigen Tagen kann sie nun wieder arbeiten gehen.