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Die Rückkehr einer Legende

Die SZ holt den Kultfilm „Schlager einer kleinen Stadt“ ins Biertheater nach Radeberg. Und dazu gibt’s eine Menge zu erzählen!

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© Repro: SZ

Von Jens Fritzsche

Die Fernsehmacher aus Berlin-Adlershof waren genau neun Tage schneller als der Weihnachtsmann. Denn die erste Folge der neuen Reihe „Schlager einer kleinen Stadt“ flimmerte damals, kurz vor Heiligabend 1964 sozusagen als vorweihnachtliche Überraschung über die Bildschirme der Republik. Die erste Folge wurde dabei in Radeberg produziert – und die Idee für die Sendung ist dabei so einfach wie genial: Schlagerstars sorgen für die Musik und zwischendrin trifft sich Fernsehmoderator Heinz-Florian Oertel mit Radebergern. Am Arbeitsplatz, auf der Straße, im Museum –  und natürlich auch in der Brauerei …

Es war der 16. Dezember, als die Premiere über den Bildschirm ging. Ein Mittwochabend. Für den Sonnabend waren die TV-Macher offenbar noch nicht mutig genug gewesen. Denn sowohl die Radeberg-Folge der neuen Reihe als auch die zweite Ausgabe – am 14. April 1965 kamen die Schlager aus Tangermünde – wurden zunächst mittwochs gezeigt. Erst ab der dritten Folge gab’s die „Schlager einer kleinen Stadt“ dann am Sonnabendabend zur besten Fernsehunterhaltungszeit zu sehen. Am 17. Juli 1965 war das, da hatte sich Heinz-Florian Oertel aus Bad Kösen im damaligen Bezirk Halle gemeldet. Die Radeberg-Premiere war also offenbar erfolgreich gewesen … Bis November 1967 liefen dann insgesamt acht Ausgaben der Reihe: Nach Radeberg, Tangermünde und Bad Kösen dann aus Barth, Schwarzenberg, Waren-Müritz, Arnstadt und zum Schluss aus Sohland/Spree.

Kleinstadt-Schlager wurde wieder groß

Während die Fernsehzuschauer die Idee durchaus mochten, wie eine interne Studie des Deutschen Fernsehfunks 1965 ans Licht brachte, passte den „Oberen“ das Format bald nicht mehr so recht. Das Provinzielle der Kleinstadt habe zwar durchaus Charme, aber entsprach letztlich nicht mehr dem Tempo und der Dynamik der aus Sicht der Verantwortlichen längst angebrochenen neuen Zeit. Diesen Blick der Fernsehmacher beschreibt jedenfalls Uwe Breitenborn in seiner 2002 an der Berliner Humboldt-Universität vorgelegten Dissertation, in der er sich mit dem Programm und vor allem der Programmatik des Deutschen Fernsehfunks bis 1969 befasst. „Wie lachte der Bär?“, lautet der Titel der interessanten Arbeit, die im Weißensee-Verlag auch als Buch erschienen ist. Der Titel ist dabei eine augenzwinkernde Anspielung auf die beliebte Radio- und später auch Fernseh-Sendung „Da lacht der Bär“. Da gab’s zwar auch mal Schlager, aber vor allem freche politische Spitzen …

Die Kleinstadt-Schlager wurden jedenfalls auf Drängen der Verantwortlichen sozusagen wieder groß. Schließlich hatte Moderator Oertel ja zuvor schon die „Schlager einer großen Stadt“ präsentiert. Aber groß allein reichte nicht, nun wurde es sogar noch international: Am 5. April 1968 kam die Sendung nämlich gleich mal aus der polnischen Hauptstadt Warschau.

Lange trauerten die Fernsehzuschauer offenbar den Schlagern aus den kleinen Städten nicht nach. Wobei ja schon die erwähnte Befragung der Zuschauer 1965 ergeben hatte, dass die Sendung „nicht gerade ein absoluter Spitzenschlager“ sei, sie gehe aber als „gutes, ansprechendes Programm durch“, heißt es in der streng geheimen Auswertung. In Radeberg aber hat die hier gedrehte Folge dennoch echten Kult-Status erreicht. Und man könnte auch keck behaupten, die Fernsehmacher hätten zunächst im großen Berlin ausprobiert, ob’s funktioniert und erst dann in Radeberg gedreht. Denn wie sagt Heinz-Florian Oertel zum Beginn der Sendung aus der Bierstadt: „Vielleicht erinnern Sie sich noch, vor zwei Jahren fanden wir die Schlager aus Berlin …“ Nun stand er also am Marktplatz von Radeberg.

Großes Kino auf großer Bühne

Die Radeberger SZ und das Biertheater holen nun den Kultfilm gemeinsam zurück nach Radeberg. Auf die Biertheater-Bühne. Unter dem Titel „Zeitreise“ hat das Biertheater eine neue Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, in der werden am 11. Mai nun auch die „Schlager einer kleinen Stadt“ aus Radeberg zu erleben sein. Auf der Bühne werden Zeitzeugen zu Wort kommen, es werden eine Menge spannender Hintergrund-Geschichten erzählt – und natürlich wird auch der Film flimmern.

Zeitreise „Schlager einer kleinen Stadt“ am 11. Mai um 19 Uhr im Radeberger Biertheater. Zeitzeugen im Gespräch mit SZ-Lokalchef Jens Fritzsche und der Kultfilm aus dem Jahr 1964. Tickets: 10 Euro im Ticketservice des Biertheaters, Hauptstraße 59, Telefon: 03528 487070 oder im Internet www.biertheater.de