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„Die richtige Lösung an dieser Stelle“

Henry Ripke ist wieder an seiner Waldschlößchenbrücke. Die feiert am Sonntag ihren dritten Geburtstag mit einem Fest. Der Architekt spricht über den Bogen und Nervenkrieg.

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© Marco Klinger

Vor 20 Jahren hatte der Berliner Architekt Henry Ripke einen Entwurf für die Waldschlößchenbrücke geplant. Im Wettbewerb konnte sich der damals junge Fachmann gegen renommierte Brückenbaubüros durchsetzen. Wegen des Baus verlor das Dresdner Elbtal den Unesco-Welterbetitel. Die Arbeiten dauerten viel länger als geplant. Nach langem Hin und Her konnte die Brücke 2013 übergeben werden. Am Sonntag kommt der heute 55-jährige Architekt zu dem kleinen Fest zum dritten Jubiläum, das auf dem Aussichtspunkt überm Tunnelportal an der Bautzner Straße stattfindet. Von 11 bis 12 Uhr beantwortet er Fragen. Die SZ sprach mit ihm über sein Projekt, die Höhen und die Tiefen.

Herr Ripke, seit drei Jahren rollt der Verkehr über die Waldschlößchenbrücke. Fahren Sie selbst ab und zu über Ihr berühmt gewordenes Bauwerk?

Ich habe kein eigenes Auto. Wenn, dann würde ich mit meinem Motorrad fahren. Damit bin ich aber noch nicht in Dresden gewesen. Bisher bin ich nur zu Fuß über die Waldschlößchenbrücke gegangen. Wenn ich in Dresden bin, schaue ich sie mir immer wieder an. Ich möchte ja sehen, wie sich ihre Akzeptanz bei den Verkehrsteilnehmern und den Dresdnern entwickelt.

Was ist das für ein Gefühl, wenn Sie auf Ihrer Brücke stehen?

Es ist geschafft. Wir haben 17 Jahre daran geplant. Deshalb freue ich mich, dass die Brücke steht und so geworden ist, wie wir sie uns im Wettbewerb vorgestellt hatten.

Warum haben Sie sich für den Bogen entschieden?

Wir brauchten ein oben liegendes Tragwerk, um die Spannweite der Brücke realisieren zu können. Wir haben eine Analyse gemacht, bei der wir vorhandene Brücken in Dresden als Vorbild genommen haben. Daraus haben wir die Idee entwickelt, die Waldschlößchenbrücke als Vermittlung der klassischen Bogenbrücken in der Innenstadt und dem Blauen Wunder mit dem großen, oben liegenden umgekehrten Bogen zu gestalten. Unser Entwurf verbindet diese Konstruktionsprinzipien.

Mussten Sie im Nachhinein etwas an Ihrem Entwurf ändern?

Wir konnten wegen der Debatten um den Unesco-Welterbetitel die Ausbildung der Bogenfüße ändern. Wir haben sie weiter nach unten gezogen und verschlankt, was in meinen Augen der Brücke gutgetan und das Gewicht reduziert hat. Das war die wesentliche Veränderung.

Seit den ersten Planungen sind fast 20 Jahre vergangen. Würden Sie heute wieder die Bogen-Variante wählen?

Ja, ich finde nach wie vor, dass das die richtige Lösung an dieser Stelle ist. Man setzt dort ein Zeichen, aber man dominiert damit die städtische Situation nicht.

Wegen der Waldschlößchenbrücke hat das Dresdner Elbtal aber den Unesco-Welterbetitel verloren. Fühlen Sie sich dafür mit verantwortlich?

Nein. Wir haben den Entwurf 1997 vorgelegt. Der Unesco war dieser Entwurf bekannt und ich weiß auch, dass die Gestaltung der Brücke bei der Evaluierung gar nicht das Thema war. Es ging um eine Brücke an dieser Stelle. Dazu kann sich jeder selbst ein Urteil bilden, ob die Brücke einen Qualitätsverlust des Elbtals an dieser Stelle bedeutet oder nicht. Ich bin zufrieden damit.

Die Planung und der Bau hatten sich immer wieder verzögert. Das muss doch an den Nerven gezehrt haben …

Jein. An den Nerven gezehrt haben die Diskussionen, weil ich da in vielen Bereichen auch sehr stark persönlich angegangen wurde. Ich habe aber auch viele E-Mails von Dresdnern bekommen, die mir mitgeteilt haben, dass sie die Brücke toll finden. Insofern ist es eine Balance gewesen.

Vor drei Jahren waren Sie bei der Eröffnung. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Tausende Menschen über Ihre Brücke strömten?

Ich war mit meinen Eltern da. Einen gewissen Stolz habe ich gefühlt, dass wir es geschafft haben, die Brücke trotz der widrigen Umstände so umzusetzen, wie wir sie uns vorgestellt haben. Es war schließlich unser erster großer Wettbewerb, den wir gewonnen haben.

War es Ihr schwierigstes Bauwerk, das Sie geplant haben?

Ja, von den Diskussionen und Zeitabläufen her war es mit Abstand das schwierigste Bauwerk – nicht nur in der Dresdner Öffentlichkeit, sondern auch in der Fachpresse. Wir machen in Berlin gerade ein internationales Projekt, bei dem es auch Diskussionen gibt, aber bei Weitem nicht so große. Dort planen wir einige Bauwerke für die Internationale Gartenausstellung 2017, Brücken, ein Aussichtsbauwerk, kleinere Gebäude und drei Seilbahnstationen. Das ist aber trotz vieler Diskussionen nicht so ein fokussierter Standort wie der der Waldschlößchenbrücke.

Das Gespräch führte Peter Hilbert.