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Die Regentrude aus dem Osterzgebirge

Daniela Schwalbe aus Hermsdorf und Karla Wintermann aus Röhrsdorf inszenieren ein 150 Jahre altes Märchen, das aktueller ist als je zuvor.

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© Thomas Morgenroth

Von Thomas Morgenroth

Hermsdorf. Draußen vor dem Fenster glitzert der Schnee in der Wintersonne, wie es sich im Februar in Hermsdorf auf dem Kamm des Osterzgebirges gehört. Die Kinder, wie der siebenjährige Diego, fahren auf Skiern in die Schule, wenn nicht gerade Ferien sind oder die Lehrer streiken. Auch die Erwachsenen sind für die Verrichtung alltäglicher Dinge in der Loipe unterwegs, wie Diegos Mutter Daniela Schwalbe. Drinnen aber, in ihrer beider Wohnküche, ist es Sommer. Ein glühender, ein schlimmer, der das Getreide und das Gras verdorren lässt. Die Menschen leiden unter der unerträglichen Hitze, die Tiere verdursten. Das Mädchen Maren jedoch, die Tochter des reichen Wiesenbauers, muss nichts entbehren und bekommt zunächst von den irdischen Sorgen kaum etwas mit.

Daniela Schwalbe tanzt als Maren fröhlich mit dem Holzrechen über die Dielen. Plötzlich hält sie inne, als Stine, die Mutter ihres Liebsten Andrees, ihren Vater um Aufschub der Tilgung eines Darlehens bittet. Der Wiesenbauer gewährt das, nicht ohne sich dafür die Grundstücke der Nachbarsfrau als Pfand zu sichern. Und sich zu verbitten, dass deren Sohn, der Habenichts, seiner Tochter den Hof macht. Stine ist empört, für die Dürre, die sie arm gemacht hat, könne sie ja nichts. Die Regentrude müsse wohl eingeschlafen sein. Der dicke Bauer lacht. Und lässt sich auf eine Abmachung ein: Wenn der Andrees dieses „Hirngespinst“ aufweckt und es dann also regnet, darf er um Maren freien.

Es ist mehr als 150 Jahre her, als Theodor Storm in der Weihnachtszeit fiebernd mit Röteln im Bett lag und mitten im Dezember den heißesten Sommer beschrieb, den es im Norden Deutschlands je gegeben hat. „Die Regentrude“, die den sorgsamen Umgang des Menschen mit der Natur anmahnt, ist die wohl schönste Kindergeschichte des Dichters – und aktueller denn je. „Es ist mein liebstes Märchen“, sagt Daniela Schwalbe, „das ich schon sehr lange auf die Bühne bringen wollte.“

Tanz und Puppenspiel

Die 42-jährige Tänzerin, die aus Berreuth bei Dippoldiswalde stammt, scheiterte aber als Solistin an der Vielzahl der Figuren, die sie unmöglich alle selbst spielen konnte. Nun kann sie es doch, und das verdankt sie der Puppenspielerin Karla Wintermann aus Röhrsdorf bei Dohna. Sie inszenierte mit Daniela Schwalbe ein überaus poetisches Stück, das Schauspiel, Tanz, Musik und Puppenspiel auf überzeugende Weise miteinander vereint.

Andrees, Maren, Stine, der Wiesenbauer und einige Schafe treten als Flachfiguren auf. Der Weidenbaum, durch dessen hohlen Stamm der Weg zur Regentrude führt, besteht aus drei übereinandergestellten Kisten, die beweglich sind und so auch Hügel und Wiesen sein können. Eine davon ist schließlich der Nachen, in dem Maren und Andrees wieder nach Hause schippern. Daniela Schwalbe, die zum ersten Mal Puppen führt und spricht, schlüpft als Tänzerin in die Rollen von Maren, des brennenden Kobolds, der einen feurigen Auftritt hat, und der Regentrude, der lebensspendenden Göttin, wie sie träumend erwacht.

Die prachtvollen Kostüme stammen aus der Werkstatt der Designerin Franziska Storch, die Figuren bauten Carsten Scholz und Julius Claußnitzer. Die Proben finden in Hermsdorf statt, wo Daniela Schwalbe seit einem halben Jahr wohnt. Die bereits ausverkaufte Premiere ist am Dienstag im Theaterhaus Rudi in Dresden. Nach „Circus Pimpinella“ ist „Die Regentrude“ das zweite Stück, das Daniela Schwalbe mit Karla Wintermann erarbeitet hat. Sie setzen auf ein wohltuend sensibles Spiel, fern des vordergründigen Gelärmes unserer Spaßgesellschaft. „Wir zeigen Visionen unserer Welt, wie sie sein müsste“, sagt Karla Wintermann. Die 62-Jährige arbeitet gerade an einer neuen Version der Liebesgeschichte „Der gestreifte Kater und die Schwalbe Sinhá“ von Jorge Amado.

Während Karla Wintermann stets solistisch auftritt, ist Daniela Schwalbe auch mit ihrem Bruder Thomas Schwalbe in verschiedenen Märchen zu erleben. 1993 hatten die Geschwister für das Mittelalterfest in Weesenstein Dippolds Erben gegründet, die heute Schwalbes Wandertheater sind. Dafür hatte Daniela Schwalbe eigentlich „Die Regentrude“ geplant, die sich aber auch mit zwei Personen nicht so richtig umsetzen ließ. Nun also macht sie es alleine, und das ist ganz große Kunst.

„Die Regentrude“, Premiere am 21. Februar im Rudi (ausverkauft), wieder am 23. Februar, 9.30 Uhr, im Club Passage in Dresden, weitere Termine in Vorbereitung.

www.danielaschwalbe.de