Merken

Die Raddampfer bleiben in Dresden

Die historischen Schiffe stehen unter Denkmalschutz. Dafür werden die „Lilienstein“ oder die „Bad Schandau“ verkauft.

Teilen
Folgen
© dpa

Von Michael Rothe und Andreas Weller

Die Kommentare der SZ-Leser sind eindeutig: „Die Dampfer gehören zu Dresden“, ein Verkauf wäre „so etwas wie Landesverrat“ und vieles mehr. Die Nachricht, dass die Sächsische Dampfschiffahrt erwägt, Schiffe zu verkaufen, um aus den roten Zahlen zu kommen – das bestätigte Geschäftsführerin Karin Hildebrand als „eine Option“ – sorgt für Wirbel.

Die Passagierzahlen sind rückläufig und sehr schwankend, nach Jahren mit bis zu 1,6 Millionen Euro Gewinn (2007) werden nun Verluste eingefahren. Die Dampfer-Chefin nennt die Zahlen für 2015 noch nicht, sagt aber, es gebe erneut ein Minus.

Nun ist klar, dass nicht die historischen Dampfer verkauft werden. „Sie wissen, dass mein ganzes Herz an unseren historischen Raddampfern hängt. Meine Mitarbeiter und ich werden alles zum Erhalt der weltgrößten und ältesten Raddampferflotte in Sachsen tun“, so Hildebrand. Abgegeben werden entweder die „Lilienstein“ oder die „Bad Schandau“ – zwei Motorschiffe. Diese fahren vor allem im Winter und Chartertouren. „Die historischen Raddampfer dürften nur innerhalb Sachsens verkauft werden“, erklärt Michael Lohnherr, der das Unternehmen von 1996 bis 2009 leitete. Sie stehen unter Denkmalschutz. „Damit würde man sich aber Konkurrenz vor der eigenen Haustür schaffen.“

Auf die kleineren Schiffe „Lilienstein“ und „Bad Schandau“ könne am ehesten verzichtet werden, bestätigt Lohnherr. Aber die brächten nur zwischen 150 000 und 200 000 Euro. Die Dampfschifffahrt habe mittlerweile aber mehrere Millionen Euro Schulden, die getilgt werden müssen. Dazu kommt ein negatives Eigenkapital in Millionenhöhe. Die Kommanditisten, also Gesellschafter, tragen das Risiko. Zu den rund 500 Anteilseignern gehört auch Lohnherr. Er rechnet damit, dass in den kommenden fünf bis zehn Jahren keine Gewinne ausgeschüttet werden können.

Dennoch hält Lohnherr nichts von Schiffsverkäufen. „Auch die großen Salonschiffe sind speziell für hier gefertigt. Sie können nicht einfach auf dem Rhein oder einem anderen Fluss fahren.“ Es sei eine Grundsatzfrage, ob man das Angebot ausdünne, also spart, oder mehr Passagiere auf die Schiffe locke, um die Erlöse zu erhöhen. Die grundsätzlichen Fehler seien in der Zeit unmittelbar nach ihm gemacht worden. „Da wurden jahrelang die Ticketpreise nicht erhöht, obwohl die Dieselkosten explodiert sind.“ Dieses Minus habe die Gesellschaft nie ausgleichen können.

Wie die SZ aus dem Verwaltungsrat, einem Aufsichtsgremium mit Vorschlagsbefugnis an die Gesellschafterversammlung, erfuhr, wurde dort die Idee eines Schiffsverkaufs diskutiert. Neben den neun restaurierten historischen Raddampfern – die größte aktive Flotte der Welt – verfügt das Unternehmen mit 85 Beschäftigten noch über zwei 1994 gebaute Salonschiffe sowie zwei Motorschiffe aus den 1980er-Jahren. Noch sei die Liquidität völlig ausreichend, heißt es aus Unternehmenskreisen. Die GmbH der Schifffahrtsgesellschaft gehört mehrheitlich dem Freistaat. Dieser haftet aber auch nur für diese Gesellschaft und das mit 12 500 Euro. Das Finanzministerium wollte sich aber nicht dazu äußern.

Karin Hildebrand setzt nun auf die Verbundenheit der Dresdner zur Weißen Flotte. „Wir sind mehr als positiv gestimmt, dass sich dies auch in unseren Fahrgastzahlen niederschlägt und wir genauso viele, wenn nicht mehr Passagiere wie 2014 in unserer Jubiläumssaison ,180 Jahre‘ auf unseren Schiffen begrüßen dürfen.“ Da waren rund 670 000 Gäste auf den Schiffen.

Heiko Loroff, Chef der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO), kann die Sorgen der Passagierschifffahrt gut nachvollziehen. „Wir haben das gleiche Problem: Ohne Wasser fehlt uns die Geschäftsgrundlage“. Deshalb sind auf der Elbe immer weniger Güter unterwegs. Nur noch jede 17. Tonne wandert dort vom oder aufs Schiff. „Unsere Ware ist ja weiter da, und wir können zum Glück auf Straße und Schiene ausweichen“, sagt der SBO-Chef. Diese Alternative habe die Weiße Flotte nicht, sie sei auf Passagiere angewiesen. Die Lage sei zwar „dramatisch, aber nicht existenzbedrohend“. Geschäftsführer Roloff räumt allerdings ein: „Nach dramatischen Niedrigwasserperioden in den vergangenen beiden Jahren darf es keine dritte geben – sonst müssen auch wir über Einsparungen nachdenken.“