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Die Pferdeflüsterin

Im Privat-TV ist Sandra Schneider ein Star. Pfingstsonnabend war sie in Großerkmannsdorf zu erleben.

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© Bernd Goldammer

Von Bernd Goldammer

Großerkmannsdorf. Wenn Sandra Schneider auftaucht, geht es um Problempferde. Zumindest im Fernsehen ist das so – denn Sandra Schneider ist mit ihrer Sendung „Die Pferdeprofis“ auf dem TV-Sender Vox ein echter Quotenbringer. Und weil es offenbar eine ganze Menge Pferdebesitzer gibt, die viele Fragen haben, ist Sandra Schneider nun auch auf großer Live-Tour „Problempferde-Demotag“ durch ganz Deutschland unterwegs. Pfingstsonnabend war sie nun in der „Reitanlage Großerkmannsdorf“ zu erleben – und lockte eine Menge Leute an. Sogar der Rang ist rappelvoll. Um die 250 Pferdefreunde sind gekommen.

Was Sandra Schneider dabei zu bieten hat, ist keine flache Unterhaltung. Es geht um das Verhältnis von Mensch und Pferd. In einer Welt, in der vor allem „Funktionieren“ angesagt ist. Die Zuschauer können Sandra Schneider bei ihrer Arbeit erleben. Der Parcour wird zur Bühne, als die Pferdeflüsterin vor ihr Publikum tritt. Und gleich wird klar: Hier geht es um Kommunikation. Denn genau das ist wichtig. Auch zwischen Mensch und Tier.

Andere Sicht aufs Tier

Zunächst geht Sandra Schneider auf Anatomie und Psyche der Pferdes ein. „Hier werden Fehler gemacht, die das Verhältnis von Pferd und Reiter empfindlich stören können“, weiß sie. Die Trainerin betrachtet Pferde aus einer ganz anderen Perspektive. Sie schaut in ihr Naturell. „Pferde sind Herden- und Fluchttiere – überleben konnten sie in der Prärie nur durch blitzschnelles Entdecken aller Gefahren“, beschreibt sie.

Dann kam der Mensch ins Leben der Pferde. Lange hat er die Tiere beobachtet und ihr Potenzial für die menschliche Entwicklung erkannt. Erfolg gab es nur gemeinsam. Pferdezüchter, die ihre Tiere zu nehmen wussten, avancierten zu Leittieren der wilden Herden. Sie wurden belohnt. Erläutert die Expertin. Und weiß: „Die Entwicklung des Menschen wäre ohne Pferde kaum so möglich gewesen.“ Pferde trugen ihre Reiter zur richtigen Zeit an die richtigen Orte. Sie zogen schwere Ladungen und die Pflüge der Bauern auf den Feldern.

Doch nicht immer sind Pferde dafür belohnt worden. Mit dem technischen Fortschritt begann sich für die Menschen die Zeit schneller zu drehen. „Kommunikation zwischen Mensch und Tier braucht aber Zeit für Zuwendung“, stellt Sandra Scheider klar. Und weiß, dass es einigen Menschen „an Liebe und Verständnis für ihre Tiere fehlt – und deshalb werden die Tiere problematisch“.

Das Pferd als Individuum sehen

Sandra Schneider geht den Problemen auf dem Grund. Unerfahrenen Pferdehaltern ist nicht immer vermittelt worden, dass jedes Pferd ein Individuum ist, genau wie die Menschen. Bedingt durch die Zuchtmerkmale seiner Rasse, hat jedes Tier einzigartige Charaktereigenschaften. Das unterscheidet es von seinen Artgenossen. Und nicht immer ist klar, wovor ein Pferd zurückschreckt. Manchmal sind es Geräusche, die ein Mensch als normal empfindet und die er „überhört“. Pferde reagieren gereizt. Denn die Tiefen des Bewusstseins der Pferde sind noch immer vom Leben in der Wildnis geprägt. Und diese Wildnis ist gnadenlos. Das Schleifen eines Seils über den Boden kann mit dem Klangbild einer nahen Schlange verwechselt werden. Das Knacken eines Asts kann instinktiv auch als ein hungriger Bär in unmittelbarer Nähe aufgefasst werden. In solchen Momenten richten Pferde Kopf und Ohren auf und beobachten ihre Umgebung. Und blitzschnell zu differenzieren, ist nicht jedem Tier gegeben. Panik oder Verweigerung kann die Folge sein. Spannend und doch eigentlich so einfach ist es, was Sandra Schneider in Großerkmannsdorf erzählt.

Und die Veranstaltung zeigt: Nur das Vertrauen zum Reiter und die behutsame Gewöhnung an seltsame Dinge können das Reflexverhalten bremsen oder gänzlich verhindern. Doch das wächst nur in einer guten Kommunikation. „Manchmal sind es Kleinigkeiten, die ein Verhältnis stören“, verrät Sandra Schneider. Vier Pferde werden ihr am Sonnabend in Großerkmannsdorf vorgestellt. Ein Pferd hat dabei offenbar das Vertrauen zu seiner Reiterin bisher nicht aufbauen können. Es wiehert und bäumt sich wild auf. In der Reithalle herrscht urplötzlich Stille. Jetzt erleben die Besucher das Einfühlungsvermögen, mit der die Pferdeflüsterin vorgeht. Es dauert, bis das Tier ruhiger wird – aber es wird ruhiger. Ein emotionaler Moment in einer emotionalen, klugen Show.