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Die neuen Müller vom Gimmlitztal

Neue Besitzer richten sich in der Weichelt-Mühle bei Reichenau ein. Damit ist auch die beliebte Gastwirtschaft gerettet.

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© Frank Baldauf

Von Jane Jannke

Gimmlitztal. Das alte Müllershaus ächzt unter den Schlägen eines Hammers. Ab und an kreischt hell und hoch ein Bohrer in die Aprilstille im Gimmlitztal. 1807 von Friedrich Gotthelf Weichelt erbaut, hat es mehr als 200 Jahre kommen und gehen gesehen – und so manchen Besitzer. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten erfüllt nun auch wieder fröhliches Kinderlachen die alten Gemäuer. Yolanda und Freya, die beiden kleinen Töchter von Stefanie und Mathias Werner, haben das Anwesen längst in Besitz genommen. Im März haben es die Werners gekauft und wollen hier ihr neues Zuhause aufbauen. Aber auch für die Öffentlichkeit soll eine der wenigen noch funktionsfähigen Wassermühlen der Region weiter zugänglich bleiben.

Die Weichelt-Mühle blickt auf eine über 200-jährige Geschichte zurück. Hier ein Foto aus der Zeit des letzten Müllers Konrad Weichelt, der 1984 starb.
Die Weichelt-Mühle blickt auf eine über 200-jährige Geschichte zurück. Hier ein Foto aus der Zeit des letzten Müllers Konrad Weichelt, der 1984 starb. © privat

„Ich kann gar nicht glauben, dass hier am Freitag schon die ersten Gäste sitzen werden“, sagt Stefanie Werner fast schon entschuldigend. Noch ist die Gaststube vollgestellt mit allerhand Baumaterial und zwischengelagerten Dingen aus der noch im Bau befindlichen Wohnung im Obergeschoss. Schon bald kann die vierköpfige Familie aus dem Notquartier, das sie in den letzten zwei Monaten in zwei kleinen Pensionszimmern bezogen hatte, dorthin umziehen. Bis zur Wiedereröffnung des Lokals am Freitag war noch vieles zu tun. Hilfe kommt für die Werners von ungewöhnlicher Seite: Mit Ingrid Bretschneider packt ausgerechnet die ehemalige Betreiberin mit an. 25 Jahre lang waltete die 62-Jährige über das inmitten beliebter Wanderrouten und Skiloipen gelegene Gasthaus samt Mühlenmuseum. Im Februar war Schluss. „Es wurde mir einfach zu viel. Hier ist man ständig im Einsatz, und bis zuletzt habe ich alles mehr oder weniger allein gemacht“, sagt Bretschneider. Sie sei froh, das Geschäft abgeben zu können. „Wir haben in Hermsdorf das Elternhaus meines Mannes erworben. Jetzt kann ich mich voll und ganz dem riesigen Garten und den zwei Ferienwohnungen widmen.“

Jede Menge Arbeit

Von Freunden erfuhren Stefanie und Mathias Werner von der zum Verkauf stehenden Mühle. „Mein Mann wollte unbedingt zurück ins Erzgebirge, und wir suchten ein Haus“, erzählt die 42-jährige Neuwirtin, die eigentlich aus Rostock stammt und hauptberuflich eine Töpferei betreibt. Lehmofenbauer Mathias Werner (46) ist gebürtiger Dresdner, hat aber viele Jahre im Erzgebirge gelebt. „Er hatte sich in das Ursprüngliche, Wilde hier verliebt“, weiß seine Frau. Zunächst werfen Werners ein Auge auf die ebenfalls zum Verkauf stehende Schmutzler-Mühle bei Hermsdorf. Doch dort machen andere das Rennen. Und so wird der Tipp von Freunden für sie zum Glücksgriff. „Es gefiel uns hier auf Anhieb“, sagt Stefanie Werner. Und auch die Grundschule in Hermsdorf sei nicht weit. Dort wird Tochter Yolanda im Herbst eingeschult.

Doch neben aller Mühlenromantik wartet auf das Paar zunächst vor allem eine Menge Arbeit. Die Wohnung muss komplett umgebaut und auch eine neue Kläranlage noch errichtet werden. Kostenpunkt: rund 20 000 Euro.

Töpferin wird zur Gastronomin

Als Gastronomin springt Stefanie Werner buchstäblich ins kalte Wasser. Das Töpfern als alleiniger Broterwerb sei zu mühselig, nun werde das Gastgewerbe ein zweites Standbein. „Ich koche für mein Leben gern. Aber gewerbsmäßig ist das noch mal eine andere Hausnummer.“ Lange überlegt habe sie trotzdem nicht. Einfach anfangen und hineinwachsen, lautet ihr Motto. Von Freitag bis Sonntag wird sie von nun an in der Küche stehen und die fünf Gästezimmer in Schuss halten. Ehemann Mathias betreut derweile die Kinder. „Das ist sozusagen mein Baby, er hat ja seinen Beruf.“ Ab August wird dann eine Köchin für Entlastung sorgen. Ein Blick auf die Speisekarte verrät: Es wird ein frischer Wind durch die Mühlenwirtschaft wehen. „Ich möchte weg von der gutbürgerlichen Küche, hin zu leichten Snacks und Vegetarischem. Und ich werde versuchen, weitgehend ‚bio‘ zu kochen“, so die Gastronomin. Die Preise, auch die für die Übernachtung, sind für den kleinen Geldbeutel gedacht.

Irgendwann will Stefanie Werner auch ihr Atelier im ehemaligen Stallgebäude einrichten. Bis dahin lagert das Töpfergut in einem Raum über dem Mühlwerk. Das ist übrigens noch immer funktionsfähig und soll zu besonderen Anlässen auch zu besichtigen sein. Zum Beispiel zum Mühlentag am 16. Mai, für den die Werners mit Musik und Mühlen-Führungen planen. Doch zunächst kann wieder Freitag bis Sonntag, 11.30 bis 18 Uhr, eingekehrt werden in der Weichelt-Mühle.