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Die neue Lust am Kleingärtnern

Ruhe, Handarbeit und Freude am Wachsen: Julia Walther und Martin Rudolph lieben ihre Bühlauer Parzelle.

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© Christian Juppe

Von Kay Haufe

Ja, es gab Vorurteile. Ob sie mit kleinen Kindern dem ausgeprägten Ruhebedürfnis der Rentner entsprechen können. Und ob vielleicht jedes Unkraut protokolliert werde, genauso wie der Rasenmäher, der kurz vor 19 Uhr noch mal angeworfen wird. „Aber diese Sorgen waren unbegründet. Wir sind in den Bühlauer Waldgärten von allen freundlich aufgenommen worden“, sagt Martin Rudolph.

Seit September 2015 haben er und seine Frau Julia Walther eine Parzelle am Rande der Dresdner Heide. Im Verein blüht es in über 350 Minigärten, dabei ist keiner wie der andere. In einem wuchern die großen Blätter der Kürbisse am Gartenzaun, nebenan sprießt der Salat wie mit dem Lineal gezogen. Alle Wege tragen Namen, die in Holzschilder eingraviert sind. „Bei der Größe der Anlage ist das hilfreich, sonst verläuft man sich schnell mal“, sagt Martin Rudolph. Über Freunde ist die Familie auf den Kleingartenverein aufmerksam geworden. „Sie haben uns im Sommer zum Grillen und Planschen eingeladen. Uns hat es hier sofort gefallen und wir waren uns schnell einig, dass wir uns um einen Garten bemühen wollen“, sagt Julia Walther. Anfangs standen sie auf Platz 20 der Warteliste, doch dann hat es relativ schnell geklappt. „Für uns war das ein richtiges Ereignis, als wir plötzlich unseren Garten hatten“, sagt sie. „Auch unser fünfjähriger Sohn hat nur positive Rückmeldungen gegeben.“

Dabei hat Malte gerade erfahren müssen, dass Rosen nicht nur schön blühen, sondern auch spitze Stacheln haben. Vier davon steckten letzte Woche in seinem Knie, nachdem er salopp über die Pflanze gesprungen war. Sein Schmerz war weithin zu hören. „Die Nachbarn kamen schnell und hatten gute Tipps, was nun am besten helfen würde“, sagt Mutter Julia.

Der 32-Jährigen ist besonders die Ruhe in der Anlage aufgefallen. „Wir wohnen in Striesen, wo man dieses permanente Stadtbrummen nicht ausblenden kann. Hier ist es ganz anders. Wir hören die Blätter der Bäume im Wind rauschen und die Vögel zwitschern. Vor allem abends ist das extrem entspannend.“ Einmal in der Woche, versucht das Ehepaar mit den Kindern im Garten zu Abend zu essen. Sofern es das Wetter zulässt, sind auch die Wochenenden für das Gärtnern reserviert. „Es ist ein bisschen wie im Urlaub, ohne weit weg zu sein“, sagt die promovierte Medizintechnikerin. Damit Malte und seine zweijährige Schwester Nienke Spaß am Säen und Pflanzen haben, sind mehrere Hochbeete entstanden. „Ich erinnere mich noch mit Grausen, dass ich bei meinen Großeltern stets auf den Wegen bleiben musste, um ja keine Pflanze umzutreten. Meine Kinder sollen selbst Hand anlegen können, denn das macht doch den meisten Spaß.“

Der Familie war schnell klar, dass sie in der Parzelle nicht alles anpflanzen können, was sie möchten. Beide Eltern sind berufstätig, Martin Rudolph fährt jeden Tag ins Helmholtz-Zentrum nach Freiberg. „Ich versuche, wenigstens zweimal abends noch zum Gießen rauszufahren. Aber es soll ja auch nicht in Stress ausarten“, sagt der Rohstoffforscher. Sowohl er als auch seine Frau haben in der Kindheit gute Erfahrungen mit dem Kleingarten der Eltern und Großeltern gemacht. „Ich verbinde die Zeit immer mit einer gewissen Freiheit. Das möchte ich auch meinen Kindern mitgeben“, sagt er. Ihn selbst hat vor allem die Laube in Beschlag genommen, deren Holzverkleidung heute in kräftigem Dunkelrot und Weiß erstrahlt. Ein Stück Skandinavien in der Bühlauer Heide. „Und der Baumarkt in Weißig hat an uns gut verdient im letzten Jahr.“ Dafür konnten sie schon perfekte Erdbeeren ernten, Maltes selbst ausgesäte Möhren wuchsen gut. „Aber einige waren aufgeplatzt“, sagt er. Gemeinsam mit seiner Mutter hat er gerade rote Rüben geerntet. Die Familie liebt sie vor allem im Ofen gebacken.

„Im Ernst, ich würde auch anderen Familien einen Kleingarten empfehlen. Daran muss nichts piefig sein“, sagt Julia Walther. Das scheint sich bei den Bühlauer Waldgärten rumgesprochen zu haben. Inzwischen sind drei Viertel der Pächter unter 40 Jahre alt, ein Großteil davon sind Familien. Für sie gibt es zudem einen großen Spielplatz in der Anlage, Eltern können sich im Lehrgarten oder vom Fachberater Tipps holen.

Vom 26. bis 28. August lädt der Verein auf dem Nachtflügelweg 25 zum Kinder- und Gartenfest ein. Ein Falkner lässt seine Vögel fliegen, Bläser spielen, es gibt Technik zum Anfassen, Pantomimeshow und vieles mehr.